Petra Kaindel liest
Rotkäppchen 2069
Archiv für den Monat Juli 2008
Ro2069: die Bücher sind da!

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Im Schweiße meines Angesichts die Bücher von der Druckerei nach Hause geschleppt. Ja, wer seine Bücher liebt, der schiebt. Sozusagen. Erster Eindruck: ich darf sehr zufrieden sein. Vor mir liegt das erste ausgepackte Exemplar. Numero 65. Und es fühlt sich gut an. Details folgen …
Conditorei Sluka oder John McEnroes Torte
Gestern also mit meiner Cousine Christl und Manu in der Conditorei Sluka gewesen. Cousine Christl lernte das Zuckerbäckergeschäft von der Pike auf und saß in der Schule neben Robert Beranek, der von seinem Vater die Conditorei vor über 15 Jahren übernommen hatte. Ein sympathisch witziger Kerl, dieser Robert Beranek, der das kleine schmucke Lokal zur rauchfreien Zone erklärt! Vor einem Jahr war ich mit der LillY dort, zum ersten Mal, und mokierte mich natürlich über die Nikotinschwaden. Jetzt steht weiteren Besuchen nichts mehr im Wege. Übrigens gibt’s demnächst das Geschirr mit dem neuen Corporate Design, weshalb das alte 80er Geschirr ausgedient hat. Zwei Mokkatassen konnte ich ihm gestern abschwatzen („Möchtest welche haben?“) und sie versehen von nun an ihre guten Dienste bei mir. Jeden Samstag – von 8 bis 12 Uhr – gibt es ein reichhaltiges Frühstücksbuffet mit allem Drum und Dran. Werde ich mir sicherlich mal geben. Ja, vielleicht wird das Sluka meine neues Wohnzimmer.
Cousine Christl ist vor vielen Jahren nach Australien ausgewandert („ich wollte nur kurz bleiben“) und hat dort ihr Glück gemacht. Zauberte für die Aussies Wiener Mehlspeisen auf den Tisch. John McEnroe war von einer ihrer Torten hellauf begeistert (was trotzdem nicht ausgereicht hat, ihm ein Ticket für die Australien Open abzuschwatzen; ja, das „Abschwatzen“-Gen dürfte in der Familie liegen). Und für Olivia Newton-John, genauer: ihr Bruder, wurde auch schon mal eine Torte „gebacken“.
Wen wundert es also, dass sie zwei zuckersüße Kinder (mit einem Schotten) hat? Ach ja, Tennis ist auch nicht mehr das, was es einmal zu McEnroes Zeiten war.
1000 treue Fans oder Wo bitte geht’s zur Front?
Kevin Kelly (nein, noch nie von ihm gehört) kommt zum Schluss, dass ein „Creator“, also ein Künstler (genauso wie eine Garagenfirma), gerade mal zwischen 500 und 5000 „true fans“ benötigt, um ein (einigermaßen) gutes Auskommen („living“) zu haben, je nach „Produkt“. Hmm. Er hat Recht. Ist ja eine Milchmädchenrechnung, oderrr?
Hier geht’s zu seinem Beitrag (den es übrigens auch in einer Hebräischen Übersetzung gibt): LINK
Die viel interessantere Frage: wie kommt man zu „wahren Fans“?
Fans, die den Künstler protegieren, die ihm Geld in die Hand drücken oder überweisen, um ihn zu ermutigen, weiterzumachen; die bereit sind, eine seiner Socken (natürlich nur getragen!) bei eBay um teures Geld zu ersteigern; die weite Distanzen auf sich nehmen, um ihren Künstler leibhaftig zu begegnen und ihn zu hofieren, zu gratulieren (und ihn nicht windelweich prügeln, weil er im letzten Roman „Fifi“, den Hund des Protagonisten, von einem Panzerwagen überrollen ließ)?
Der Schlüssel zum Erfolg heißt „direct contact“! Also der direkte Draht (Starkstrom!) des Künstlers zum Fan. Aha. Also, wenn ich mir die Sache so ansehen, dann meine ich, dass sich ein „wahrer Fan“ etwa 1000 Künstler hält. Das Internet hat die Distanz zwischen Menschen verschwinden lassen. Heute kann jeder sein Netzwerk, unabhängig von der sonst notwendigen physischen Nähe, erweitern. Fein. Aber weil es eben JEDER kann, macht es auch ein JEDER! Man sehe sich in MySpace die abertausenden von BandSites an, die um Aufmerksamkeit und Klicks buhlen. Alle werfen mit schrecklichst aufdringlichen Werbebannern (grell blinkend und groooß) nur so um sich und hoffen so, bemerkt zu werden („Hallo? Ist da jemand?“). Manch einer Band gelingt es. Was vermutlich daran liegt, dass sie nicht nur gute Qualität abliefern, sondern auch Multiplikatoren ins Boot geholt haben.
Die Computer-Technologie hat es uns ermöglicht, kreativ zu werden und diese Kreativität bekannt zu machen. Nicht nur im kleinen Kreis, nein, die ganze weite Welt steht einem sprichwörtlich offen. Und weil der Zugang zum Erschaffen so einfach geworden ist, werden es immer mehr. Und noch mehr. Jeder, der eine Gitarre (Blockflöte oder Kamm tun’s auch) zu Hause hat (ob er das Instrument beherrscht ist nebensächlich), kann seine Lieder aufnehmen und Podcasten. Oder ein Video drehen und es auf youtube stellen. Wer eine Tastatur zu bedienen weiß (qwertzwhat?), kann sich schon als Literat oder Dichter (sic!) bezeichnen. Wer den Auslöser einer DigiCam drücken kann, ist Fotograf/Regisseur. Wer (schwarz kopiert?) Photoshop auf seinem PC installiert hat, mutiert zum Grafikdesigner. Und etwaige Malprogramme, nun ja, machen einen zum Maler (nicht Anstreicher). Die Liste ist beliebig fortsetzbar. Es gibt nichts, was es heutzutage nicht gibt. Am Ende entsteht ein Wust an Produkten, die tagtäglich (sekündlich) „beworben“ werden. Die einen wollen nur deine Zeit („Was sagst du zu meinem neuen Bild? Gefällt’s dir? Dann schreib doch einen Kommentar!“), die anderen wollen zuerst dein Geld („die dritte Luxus-Auflage von Ro2069 kostet nur € 99,90“) und dann deine Zeit („Eine zehnseitige Rezension wäre nett!“). Und immer die Gefahr, jemanden zu enttäuschen („Sorry, deine Musik ist Bullshit, aber du bist ein sympathischer Kerl.“), was in der „Ja“-Sager-Gesellschaft keiner machen möchte („Ja, deine Musik ist ganz ordentlich.“). Also krebst die Mehrheit in einem Vakuum an „Ja, gar nicht mal schlecht“-Auszeichnungen herum und fühlt sich zu Höherem berufen (L’Alpe d’Huez). Derweil, und das ist ja eigentlich das Schlimmste, belächelt jeder „Creator“ den anderen und bemerkt gar nicht, dass er in sein Spiegelbild blickt.
Übrigens. Hab ich schon erzählt, dass man seit gestern auf amazon.de in Ro2069 suchen kann („Search Inside“)? Ja, ja. Toll, nicht? Sodala. Genug gesülzt. Ich muss meinen neuen Banner „Stroboskop“ für MySpace vorbereiten. Der wird ganz groooß! GRELL BLINKEN wird er freilich auch. Epileptiker be aware!
[Hab ich übrigens schon gesagt, dass mein TV-Script von niemand geringeren als Christoph Grissemann gelesen wurde und dass es im September, vielleicht, vielleicht auch nicht, zu einem Gespräch kommen wird? Und dass Andreas Ferner, treuer (Vor)Leser meiner Kunst, den Piloten zu seiner Late Nite Show fürs Fernsehen produziert? Und wieder 317,24 Meter zurück gelegt, auf dem Weg nach L’Alpe d’Huez]
Sprechbude oder Jede Menge Text
Durch Zufall (wie sonst?) über dieses wunderbare Blog Sprechbude gestolpert. SchauspielerInnen lesen (gemeinfreie) Texte und unsereins darf sich zurücklehnen und entspannt oder fasziniert lauschen. Morgenstern, Rilke, Kraus, Kafka, Shakespeare („Projekt Macbeth“), alles da, was Rang und Namen hat. Einfach köstlich. Einfach gut. So macht Internet Freude.
Freilich, der Fürstin Opalinska müssen wir wohl Recht geben.
Heute mehr denn je.