erotische Vertiefungen

Umschlagsentwurf "Erik" von richard k. breuer

nur ein Umschlagsentwurf

Es ist schon seltsam, wenn man so in den musengeküssten Zustand fällt und an einer Geschichte, an einem Kapitel, an einer Zeile schreiben kann. Das ist, ich sage es immer wieder, ein seltener, kostbarer Zustand, dem der Schriftsteller seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen hat. Eh er sich versieht, kann diese Schreibwut verebben. So schnell, wie sie gekommen ist. Natürlich kann sie auch langsam ausklingen. Zumeist, wenn der (vorläufige) Schlusspunkt gesetzt, man sich zurücklehnen kann, dann setzt wieder der nüchterne Prozess der Überarbeitung ein. Und was vorher im hellen Licht in größter Freude und Zuversicht zu Papier gebracht wurde, entpuppt sich in späterer Folge als mauer Abklatsch früherer Prosa. Tja. Dann heißt es: zurück zum Start und den Rotstift ansetzen.

Eine Eigenheit darf und will ich jetzt nicht verschweigen: bin ich in diesem musengeküssten Zustand, also läuft es wirklich wie geschmiert, dann merke ich, wie der Körper dagegen hält. Erst letzte Woche schmerzte plötzlich die linke Hand. Einfach so. Einfach einen Tag lang. Dann waren die Schmerzen wieder verschwunden. Seltsam. Oder das rechte Auge. Es zwickt. Schon muss ich befürchten, eine Entzündung davongetragen zu haben, obwohl ich seit Tagen keine Kontaktlinsen trage. Dann beruhigt es sich wieder. Und das linke Auge beginnt zu zwicken. Oder das rechte Ohr legt sich, macht zu und ich muss es eintropfen und spülen und darauf aufpassen. So geschieht es immer wieder, in diesen musischen Stunden. Von den gewöhnlichen Unpässlichkeiten, die langes Arbeiten am PC verursachen, mal ganz abgesehen. So scheint mir, als würde der Körper mit seiner Randexistenz nicht zufrieden sein. Eine andere Erklärung habe ich nicht. Oder, naja, vielleicht bilde ich mir die Sachen auch nur ein.

Gestern ein literarisches Novum aus dem Nichts erschaffen. Hm. Gut, mit Literatur hat es jetzt eher weniger zu tun. Vielmehr ist es ein gedankliches Experiment, das ich zwischen zwei Buchdeckeln pressen will. Aber zuerst gilt es herauszufinden, ob ich hier nicht daneben gegriffen habe. Gut, seien wir ehrlich: wenn es nicht hilft, in der Realität des Lesers, dann ist es in der Fiktion des Geschriebenen noch immer eine nett erzählte Geschichte. Irgendwie. Aber würden wir uns nicht manchmal wünschen, man/frau könnte die Karten auf den Tisch legen und sagen, was Sache ist? Und was wäre, wenn ich ihnen dabei helfen könnte?

Und zu guter Letzt wieder eine dieser kleinen erotischen Spielerein geschrieben. Ich wollte diesmal wirklich aus dem Vollen schöpfen. Wirklich. Aber die deutsche Sprache hemmt einen. Jeder Schriftsteller, der etwas auf sich und seiner Sprache hält, kann unmöglich Wörter verwenden, die jede Magie zerstören. Unmöglich! Wirklich. Ein wenig schiele ich immer wieder zu Schnitzler, der im Reigen den Akt an sich einfach ausblendete. Ich denke, er hat gut daran getan. Freilich, er wollte auch nicht die Erotik, sondern das Abgründige auf die Bühne bringen. Heutzutage will man jedes Detail wissen, in jedes Schlüsselloch gucken. Die Steigerung ist da kaum mehr möglich. Nein, natürlich ist sie möglich, aber die Auswüchse sehen wir tagtäglich in den Nachrichten. Die Lust des Menschen stumpft mit der Wiederholung ab. Ich bin kein Psychologe, kein Biologe, kein Soziologe. aber diese Erfahrung kann man nicht vom Tisch wischen, oder? Ansonsten würde es ja genau ein erotisches/pornographisches Werk geben mit dem die Menschheit ihr Auslangen finden würde. Dem ist nicht so. Ganz im Gegenteil. Immer mehr. Immer heftiger. Immer anders. Vermeintlich anders. Vermeintlich heftiger.

Und jetzt? Jetzt suche ich den Rotstift und los geht’s!

.