Beeindruckende Professionalität zeichnet die literarischen Produktionen des Wiener Autors und Eigenverlegers Richard K. Breuer aus. Plakate, Folder, Buttons und natürliche eine Homepage – wie generell eine starke Präsenz im Netz – begleiten die selbstverlegten Bücher. So mancher Kleinverleger könnte sich hier die eine oder andere Anregung in puncto Marketing holen.
Dr. Scherr, Wiener Literaturhaus
Börsenblatt österreichischer Autorinnen, Autoren & Literatur
Ich habe mich nun entschlossen, meine in kleineren Buchhandlungen in Kommission gegebenen Bücher wieder zurückzurufen. Weil ich seit geraumer Zeit bei LIBRI und KNV gelistet bin und jeder Buchhändler ohne Probleme die Bücher dort bestellen kann. Freilich, warum sollte er das tun? Wohl nur dann, wenn ein Kunde darauf besteht. Gut.
Nun ist es so, dass manche meiner Bücher schon eine Zeit lang irgendwo in den Regalen der Buchhandlungen vor sich hin stauben. Das ist dann schon recht unangenehm, wenn man erfahren muss, dass gerade mal ein Exemplar über den Ladentisch ging und dass der Buchhändler sichtlich erfreut ist, die Staubfänger loszuwerden. Jetzt könnte der geneigte Leser natürlich zum Schluss kommen, dass die Bücher nichts taugen, sozusagen Ladenhüter sind. Hm. Als Gegenentwurf kann ich ein kleines Spielwarenfachgeschäft anführen, wo die Krimicomedy Schwarzkopf sehr präsent platziert und vor dem Weihnachtsgeschäft auch viele male gekauft wurde. Das dieses Geschäft wenige Monate später zusperrte war also nicht auf mangelnde Buchverkäufe zurückzuführen (sondern einem gerichtlichen Streit zwischen altem und neuem Besitzer). Anzumerken sei noch, dass dieses Spielwarenfachgeschäft in unmittelbarer Nähe einer großen Buchhandelskette gelegen ist.
Eine weitere Anekdote aus dem reichen Fundus „Eigenverleger lernt den Buchmarkt kennen“ ist folgende: in einem kleinen Buchladen wurde ich durch einen Bekannten eingeführt. Er pries mich als Autor und Verleger an. Der Buchhändler akzeptierte, dass ich ihm jeweils ein Ansichtsexemplar überließ. Wochen später, als ich nachfragte, schüttelte er den Kopf und meinte, dass er die Bücher nicht ins Programm aufnehmen möchte. Ich knirschte mit den Zähnen, nickte und wollte die Bücher mitnehmen, worauf er mit der Schulter zuckte und meinte, sie zu Hause zu haben. Bis heute habe ich sie nicht wiederbekommen. Die Geschichte geht noch weiter. Wie es der Zufall wollte, habe ich seinen Neffen und seine Nichte kennen gelernt. Sein Neffe war so freundlich, Schwarzkopf in einer renommierten Wochenzeitung zu besprechen, seine Nichte, eine Leo-Perutz-Liebhaberin, schrieb mir eine SMS, dass ihr „Tiret sehr gut gefallen habe“ und sie gerne ein weiteres Exemplar kaufen möchte. Ich verwies sie auf ihren Onkel, das Buch bei ihm zu bestellen *harhar*. Somit kann ich mich ein klein wenig ins Fäustchen lachen. Aber es soll nur zeigen, wie der Hase läuft und gespielt wird.
Eine weitere Eigentümlichkeit konnte ich auch feststellen. In einer kleinen, aber netten Buchhandlung habe ich meine Bücher hübsch präsentieren dürfen. Mit allem Drum und Dran. Die Auslagengestaltunge übernahm ich gleich selbst (zuvor die Glasvitrine geputzt), Poster wurden auffällig plakatiert, ein Tischchen mit Bücherstapeln im Ladenlokal platziert. Mehr Aufmerksamkeitsheischerei geht nicht. Was passierte? Nicht viel. Die Bücher wurden geflissentlich ignoriert. Weil die Kunden allesamt nach bestimmten Büchern fragten und gar kein Interesse für Neues hatten. Deshalb:
Wer ein bestimmtes Buch sucht, geht in die Buchhandlung um die Ecke und bestellt es dort, wenn es nicht lagernd ist. Punkt. Andere Bücher werde nicht gekauft. Es sei denn, der Buchhändler kann durch Witz und Erfahrung die eine oder andere Empfehlung aussprechen, die zum Kauf animiert. Aber warum sollte er die in Kommission gegebenen Bücher eines Eigenverlegers empfehlen, wenn er doch bereits bezahlte Bücher von großen Verlagen loswerden muss?
Wer sich ein Buch kaufen möchte, aber noch nicht weiß, welches, geht in die großen Buchläden, um dort lang und breit zu schmökern, zu gustieren – oder klickt im Web auf amazon herum. Punkt.
Ich komme also zum Schluss, dass, will man am Buchmarkt ernsthaft mit seinen Büchern reüssieren, man viel Geld in die Hand nehmen muss, um sich einen Namen zu machen. Der Glaube, mit Qualität und Mundpropaganda und viralem Marketing würde man mir nichts dir nichts Erfolg haben, ist leider falsch. Die wenigen Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Das größte Dilemma ist aber, dass (fast) alle Marktteilnehmer eine ähnlich antiquierte Meinung über Bücher und Verlage haben. Als Eigenverleger wirst du gnadenlos in die unterste Schublade gestopft. Da kann kommen was will. Es sei denn, ich würde morgen Stadtgespräch sein, dann, natürlich nur dann, bin ich der gute Freund aller Buchhändler, die mit mir und meinen Büchern gutes Geld verdienen. Ja, darum geht es. Machen wir uns nichts vor. Wer meint, dem Buchmarkt ginge es um Literatur, um Qualität, der vergisst, dass im Wort auch „Markt“ vorkommt.
Ich frage mich ja oft und oft, warum ein Buch gehypt wird und ein anderes ignoriert. Mit dem Inhalt hat es zumeist nichts zu tun. Irgendwie scheint es eine gewisse Dynamik zu geben. Je mehr Leute sich für ein Buch interessieren, es kaufen und darüber reden oder schreiben, umso mehr interessieren sich für das Buch. Man möchte dazugehören, möchte in einer Gemeinschaft mitreden können. Verständlich, nicht? Wenn ein Verlag das Glück hat, so ein Buch in seinem Programm zu haben, dann kann er das mit Marketingaktionen weidlich ausnutzen. Es heißt nicht umsonst, nur was sich gut verkauft lohnt auch dafür zu werben.
Heute wieder mit SP. telefoniert. Es geht (noch immer) um das Drehbuch zu „Schwarzkopf“ und die Versuche, es endlich einer Produktionsgesellschaft zu verkaufen. Gespräche gab und gibt es. Aber es ist ein mühseliges Unterfangen. Was hilft es, wenn der Associat Producer von „Buddenbrooks“ meint, „Schwarzkopf“ wäre der kommende Kinohit? Aber stellen wir uns mal folgendes Szenario vor: das Drehbuch wird von einem Produzenten gekauft und umgesetzt. Wir können uns vorstellen, dass der Film natürlich ein großes Medienecho (wenigstens in Wien) hervorrufen wird. Mit einmal würde man mir auf die Schulter klopfen, würde mich als mögliche Cashcow hofieren (wehe, ich scheiße nicht Geld und Gold). Dann ist das Thema „vom Eigenverleger zum Bestseller-Autor“ wieder eine hübsche Anekdote im Buch-Biz, wo es jeder schaffen kann. Hahaha. Fragen?
Which might be why so many speeches at TOC Frankfurt revolved around the need for publishers to adapt by focusing more on the needs of consumers and less on how to retain old standards.
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