Nach dem ich bereits 2009 (»Schnarch«), 2010 (»wtf«) und 2011 (»Banksters of Wall Street«) live über die Oscar-Nacht gebloggt habe, möchte diese hübsche Tradition auch dieses Jahr fortsetzen. Damit mir nicht in den späten Nachtstunden die Augen zufallen, werde ich jetzt mal vorschlafen. Großartiges ist nicht zu erwarten, andererseits versprüht vielleicht Billy Crystal ein wenig Zynismus und Selbstironie, wenn er durch das Programm witzelt. Brave und angepasste Moderatoren, wie es sie letztes Jahr gegeben hat (wie hießen die zwei überhaupt?) lassen das gewöhnliche Publikum sofort in den Schnarch-Modus fallen. Hoffen wir das Beste, nicht? Bis später.
23:29 Ist noch eine Weile hin, bis der rote Teppich von den Stars und Starlets abgelaufen wird. Kommen wir zu einigen der nominierten Hauptfilme, über die man viel oder wenig sagen kann. Mal schauen, was mir so einfällt.
»Ich liebe es, im Regen zu spazieren.«
Midnight in Paris von Woody Allen ist ein bezauberndes Stück, wenigstens für einen Schreiberling, geht es doch um einen Schriftsteller mit Ladehemmung, pardon, Schreibblockade, beruflich wie privat, der einen Urlaub in Paris dazu verwenden möchte, musisch in Schwung zu kommen. Das gelingt dann auch, wenngleich er um Mitternacht in das Paris der 1920er hinein stolpert und dabei Bekanntschaft mit Hemingway, Fitzgerald, Stein, Dali, Picasso und noch ein paar anderen mehr macht. Am Morgen ist er dann wieder in der schnöden, langweiligen und spießigen Gegenwart und sehnt die Nacht herbei. Kann ihm ja wohl keiner verdenken, nicht? Der Film ist routiniert gemacht. Paris zeigt sich von seiner Postkarten-Illusions-Schokoladenseite und Owen Wilson ist gar nicht mal so schlecht. Als ich den Film vor vielen Wochen sah, konnte ich noch nicht ahnen, dass er die anderen Nominierungen ziemlich blass aussehen lassen würde. Der geneigte Leser kann selber entscheiden, ob der neuen Woody Allen demnach so gut oder die Konkurrenz unter jeder cochon ist bzw. wie der Franzose zu sagen pflegt: C’était en-dessous de tout. Alternativtipp: Wer einen richtig guten Woody Allen sehen möchte (Oscar prämiert!), der greife zu »Annie Hall/Der Stadtneurotiker« – das ist eine amüsante Philosophiestunde über das Leben.
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»Geben Sie mir mein Notizbuch!«
Hugo Cabret von Martin Scorsese ist so ziemlich die größte Enttäuschung der letzten Zeit. Wie konnte ein Scorsese so einen Bockmist verzapfen? Wie kommt so ein fulminant erfolgreicher Regisseur (Taxi Driver! Goodfellas! Departed! Shutter Island! Ragging Bull!) auf die Idee, er müsse als New Yorker einen »zauberhaften« Film über das Paris der 1930er und einem französischen Filmpionier machen? Sich Jeunet-Filme anzugucken und dann etwas Ähnliches in 3D probieren zu wollen, ist einfach nur peinlich. Jeder, der wenigstens fünf Minuten in Paris zubrachte, dürfte bemerkt haben, dass sogar der übelste Ganove eine Spur von Höflichkeit an den Tag legt und immer ein »Monsieur« parat hat. Etwa: »Geben Sie mir Ihre Brieftasche, Monsieur, oder ich muss Ihnen die Fresse polieren!« – Im Film ist von dieser Höflichkeit so gut wie gar nichts zu spüren. Überhaupt ist der junge Hauptdarsteller und die junge Hauptdarstellerin mäßig gut besetzt. Die Story ist, naja, lau und die Slapstick-Einlagen eine mittlere Katastrophe. Irgendwie passt in diesem Film gar nichts. Alternativtipp: Man sehe sich zum x-ten Male »Die fabelhafte Welt der Amelie« oder »Departed – Unter Feinden« an.
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»Das ist ein Gaul, kein Hund!«
War Horse von Steven Spielberg mühte sich sehr, die größte Enttäuschung (Scorsese, tu sais?) noch zu übertreffen. Bei Spielberg weiß man nie, woran man ist. Immerhin hat er noch immer ein Stein bei mir im Brett, hat er doch mit George Lucas die Indiana Jones Serie in die Kinos gebracht – für einen jungen Burschen war das vermutlich höchste Unterhaltung. Ja, Spielberg & Co haben Hollywood in den späten 1970ern gerettet – aber um was für einen Preis? Der Blockbuster wurde durch Spielberg ein geflügeltes Wort und alle gierten sie danach. Das Autorenkino, das Experimentieren, das Politisieren, alles hatte damit mit einem Schlage ein Ende. Rien n’est va plus – nichts ging mehr. Nur noch die breite Masse war es, die ein Produzent im Auge hatte. Der Rest ist, naja, Geschichte. Über den Film »Gefährten« kann ich nicht viel Gutes sagen. Immerhin spielt die Handlung während des 1. Weltkrieges und man darf wieder einmal die Krauts, pardon, die Deutschen bewundern, wie sie mit Maschinengewehren eine Kavallerie-Attacke der Briten niederpfeffern oder wie sie mit zackigen Kommandos zwei hübsche Pferde dazu einteilen, schwere Kanonen einen schlammigen Berghang hinaufzuziehen oder wie sie zwei junge Deserteure kurzerhand an die Wand stellen. Wenn man sich so die Filmographie von Spielberg ansieht, könnte man fast meinen, er hätte es auf die Teutonen abgesehen. Zugegeben, die schurkischen Nazi-Bösewichte geben immer die besten Gegner ab. Siehe hierzu die Indiana Jones Serie. Zurück zum nominierten Film, der – wieder einmal – so ziemlich alle dumpfbackigen Klischees bedient, die es so in der Filmlandschaft gibt. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie man Pferd abrichtet, aber in dem man eindringliche Reden schwingt, also, nein, das glaube ich ja nicht mal, wenn ich beide Augen zudrücke. Und diese zufälligen Zufälligkeiten – als hätte es 1918 nur eine Front von ein paar hundert Meter gegeben – die können einem schon schwer zu schaffen machen. Die Schluss-Sequenz, meine Güte, ist eigentlich nicht mehr zu ertragen. Alternativtipp: Wer sehen möchte, wie man eine wunderbar brutale Geschichte über den 1. Weltkrieg realitätsnah, spannend und zugleich mit einem Schuss absurd amüsanter Phantasie würzt, der soll sich »Mathilde – Eine große Liebe« angucken. Ist übrigens, wie Amelie von Jean-Pierre Jeunet. Audrey Tautou spielt freundlicherweise auch gleich mit.
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»Wie kann man dem Zauber von Baseball widerstehen?«
Money Ball von Bennett Miller ist sicherlich als Hommage auf Baseball zu verstehen und hat sicherlich einen gewissen Reiz, auch wenn man mit dem Sport nichts anzufangen weiß. Im Besonderen, da es die Inszenierung eines tatsächlichen Ereignisses ist, der die amerikanische Baseball-Liga ziemlich gebeutelt hat. Kurz gesagt: Weniger Geld hat viel Geld (beinahe) geschlagen. Und zwar dadurch, dass der Manager die Spieler nach statistischen Kriterien engagierte, nicht nach Vorlieben oder einem vagen Bauchgefühl. Da immer wieder reale TV-Szenen in die Spielfilmhandlung geschnitten werden, kommt durchaus ein authentisches Feeling über die entscheidenden Baseball-Spiele rüber. Im Großen und Ganzen ist der Film besser als erwartet und man freut sich natürlich, wenn man die Underdogs siegen sieht. Über den Inhalt und die Aussage des Films, naja, kann man geteilter Meinung sein. Scheinbar dürfte nicht mehr das investierte Geld in die Spieler ausschlaggebend sein, sondern nur eine Unmengen an quantitativen Zahlen. Vermutlich ist es nur recht und billig, wenn die gesellschaftliche Veränderung auch im Sport ihren Niederschlag findet. Ja, wir leben in einer Welt, in der die Menschen von schnöden Zahlen beeinflusst und kontrolliert werden. Qualität spielt keine Rolle mehr – weil sie nicht gemessen und ausgewertet werden kann. Glauben Sie nicht? Wie wär’s, wenn Sie morgen nur vier Stunden arbeiten und dann zu Ihrem Vorgesetzten sagen, Sie hätten doppelt so gut gearbeitet und könnten demnach nach Hause gehen. Get it? Da lobe ich mir natürlich König Fußball, wo es (noch) keine statistischen Erhebungen gibt, oder? Alternativtipp: Man gucke die BBC Doku von Adam Curtis »The Trap: The Lonely Robot« – darin wird gezeigt, wohin uns diese Zahlen- und Statistikgläubigkeit in der westlichen Welt gebracht hat.
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[Einblendung:] »We have to talk, George!«
The Artist von Michel Hazanavicius ist ja eine hübsche Überraschung. Ich frage mich ja, wie man die Idee zu diesem Film gepitcht hat? Ich stelle mir das so vor:
„Also, um was geht es?“
„Ein Stummfilmstar lernt eine junge Schauspielerin kennen. Er glaubt nicht an den Tonfilm und erleidet üblen Schiffbruch mit seinem neuen Film. Durch den Börsen-Crash verliert er alles. Aber die junge Schauspielerin erfährt zwischenzeitlich einen Kometenhaften aufstieg und hilft dem Stummfilmstar wieder auf die Beine. Am Ende liegen sich die beiden in den Armen und dann blenden wir aus.“
„Das erinnert zu sehr an den Gene Kelly Film … Singing in the Rain! Was ist an Ihrem Film anders?“
„Er soll in Schwarzweiß gedreht werden!“
„In Schwarzweiß? Ist das wieder so ne Künstlerscheiße? Na, von mir aus. Sonst noch was?“
„Es wird im Film nicht gesprochen! Es soll ein Stummfilm sein!“
„Häh? Was war das?“
„Mein Film ist ein Stummfilm!“
„Sie wollen einen Stummfilm im Jahr 2011 drehen? Sind Sie noch bei Trost?“
„Damit räumen wir bei den Oscars ab!“
„Hauen Sie ab und lassen Sie sich nie wieder blicken! RAUSSSS!“
Bemerkenswert, dass der moderne Stummfilm schlappe 15 Millionen Dollar gekostet haben soll. Ja, Filme drehen ist teuer. Ob in Schwarzweiß, ob stumm. Geld kosten sie alle. Wie dem auch sei, der Film ist natürlich im Stile der Stummfilmklassiker gedreht und der Hauptdarsteller könnte in der Tat einem der alten Filmchen entsprungen sein. Trotzdem weiß ich nichts mit dem Film anzufangen. Künstlerisch mag es ja durchaus reizvoll sein, in die alte Filmwelt abzutauchen und ich könnte mir das ganze Projekt gut als Abschlussarbeit eines Filmstudenten vorstellen. Freilich, der Film hat seine Stärken und Qualitäten, aber ich schätze, es gibt einen Haufen anderer originaler Stummfilmklassiker, die authentischer und echter und besser daherkommen. Der Film verändert nichts. Er kopiert schlicht und einfach die alten Klassiker. Da gibt es schon bessere Gedankenspiele (Woody Allen lässt einen alten Filmcharakter in die Gegenwart purzeln) und der zuvor erwähnte Filmklassiker »Singin‘ in the Rain« sprüht vor Witz (auch wenn die Gesangseinlagen schon ziemlich nerven können). Alternativtipp: Buster Keatons Stummfilm »The General« sollte bereits im Internet legal und gemeinfrei zu sehen sein. Ja, den Film muss man gesehen haben, um zu begreifen, was ein begnadeter Filmemacher bereits 1926 aus den wenigen technischen Mitteln machen konnte. Atemberaubend.
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The Descendants von Alexander Payne ist, naja, ein routiniert gemachter George-Clooney-Film. Bemerkenswert oder überraschend ist er jedenfalls nicht. Wenn man sich einen Clooney-Film angucken möchte, dann empfehle ich »Up in the Air«, der den gegenwärtigen Zeitgeist ziemlich perfekt in Szene setzt. Es geht um Beziehungen – im Job wie im Privatleben – und was geschieht, wenn diese gelöst werden. Die Story ist eigentlich recht simpel, trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) funktioniert sie.
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So. In wenigen Minuten geht es los und ich bin schon müde wie ein chochon. Sei’s drum. Heutzutage muss man Steherqualitäten haben, um mitzuspielen. Gähn. Im Herumstehen bin ich eigentlich ganz gut. Die größte Herausforderung ist sicherlich mal den roten Teppich zu überstehen. Die Fragen der künstlich hergestellten Moderatoren sind zumeist dermaßen peinlich penetrant dämlich, dass einem der Fremdschämschauer über den Rücken jagt. Gähn.
01:35 Okay. Es geht los.
01: 37 Aha. Es sieht in L.A. nach Regen aus. Irgendwie immer störend, wenn große Events bei Tage beginnen. Erinnert das nicht an Kindergeburtstage? Aha. Ein Riesenhaus in Hollywood gibt’s für schlappe 12 Millionen Dollar. Brad Pitt und Jennifer Aniston sollen es geplant, ein Architekt gebaut haben. Oha. Der Film Drive könnte durchaus reizvoll sein. Harte Actionkost. Ryan Gosling ist ja auch in The Ides of March zu sehen, einem nicht uninteressanten Polit-Spektakel. The Iron Lady, naja, steht nicht auf meiner Wunschliste. Michelle Williams und ihre Marylin Monroe Symbiose klingt nicht uninteressant. Verblendung? Ne Krimi-Literatur-Verfilmung, nicht? Sollte mich interessieren. Naja. Reizt mich nicht sonderlich. Wenn ich mir so die Lister der nominierten Filme ansehe, komme ich zum Schluss, dass es nur noch Mittelmaß gibt – oder man merkt den Filmen an, dass sie auf (kreativen) Erfolg kalkuliert wurden (Glen Close spielt eine Frau in einer Männerrolle – das brachte ja schon Barbara Streisand nen Oscar, wenn ich mich recht entsinne).
02:00 Jetzt ist es soweit. Gähn. Aha. Cameron Diaz. Ist nicht mein Typ. Ehrlich. Ich finde sie nicht besonders attraktiv. Oha. Die Moderatorin dürfte schon letztes Jahr ihre dümmlichen Fragen gestellt haben. Okay, andererseits, was will man von diesen so wichtigen Leuten schon wissen? Na, das Gekreische der (jungen) Zuschauer ist nicht zu überhören. Gwyneth Paltrow gefällt mir schon besser. Uups. Sie ist gerade mal 4 Jahre jünger als meiner einer. Respekt. Glen Close! Erinnert mich an Gefährliche Liebschaften – als sich ein Malkovich nach ihr verzehrte und um sie rumzukriegen dafür Uma Thurman und Michelle Pfeiffer verführen soll/darf/muss. Ja, die Filmwelt kann manchmal ganz schön ungerecht sein, ich weiß. So. Ich brauche etwas zum Knabbern.
02:11 Aha. Die Flamme von George Clooney ist größer als er. Und das Gekreische nimmt beträchtlich zu. Was so ein Kaffeemaschinenwerbespot aus einem macht. Und Brad Pitt hat längeres Haar. Haha. Cooler 80iger Look. Sehr mutig. Süß. Er winkt in die Kamera. Sandra Bullock? Speed! Sonst fällt mir nichts ein. Jössas. Sie meint, es gäbe „sexy times“ heute Abend. Ich schätze, die Moderatorin war kurzerhand schockiert. Jetzt gehen die Moderatoren die Roben der Damen durch. Frau hat es nicht einfach. Eigentlich kann man es ja nur falsch machen. Entweder ist das Kleid zu schlicht, zu schräg, zu billig, zu teuer, zu verrückt, zu einfallslos, zu bunt, zu grau, zu sexy, zu wenig sexy und so weiter und so fort. Okay, Gwyneth Paltrow zeigt eine schlichte, aber äußerst stilvoll züchtige Robe. Fein, fein.
02:18 Ach ja. Diesmal ist kein österreichischer Film nominiert. Aha. Das durchschnittliche Oscar-Jury-Mitglied ist rund 62 Jahre alt, weiß und männlich. Na, das sagt ja dann schon einiges aus, nicht? Hoppla. Natalie Portman. Vor ihr muss man natürlich den Hut ziehen. Sie hat sich wahrlich zu einer begnadeten Schauspielerin gemausert. Wir erinnern uns, dass sie in George Lucas Star Wars (Episode I, II & III) spielen durfte, an der Seite dieses blonden Jungen, der die Ausstrahlung einer Teflonpfanne hatte. Ihre primaballerinsche Darstellung als Weißer und Schwarzer Schwan war schon ziemlich beeindruckend.
02:28 Okay. Jetzt geht es gleich los. Freuen wir uns auf Billy Crystal.
02:30 Nanu. Morgan Freeman. Was macht denn der da? Er eröffnet die Oscar Nacht. Gut, gut. Haha. Billy Crystal veräppelt die Hauptfilme. Großartig. Na, man merkt, dass der gute Billy aus dem Komikfach kommt. Showtime!
02:36 Billy im Frack und weißer Fliege. Respekt. So könnte er die Wiener Symphoniker dirigieren. „Chapter 11 Theater“ ist natürlich eine böse Anspielung auf den Konkursantrag des ehemaligen Besitzers des Kodak Theaters. Und Millionären eine goldene Statue überreichen, kommt natürlich in Zeiten einer Wirtschaftskrise auch nicht gut. Meint Crystal mit einem Zwinkern. Irgendwie hat er nicht unrecht, oder? Ich meine, wenn man das Vermögen der anwesenden Gäste aufsummiert, würde das sicherlich ein hübsches Sümmchen ergeben. Schön, wenn sich also Millionäre und Gutverdienende einen Abend lang im besten Licht präsentieren dürfen. Man wird sehen, wie sich die Krise entwickeln wird.
02:42 Tom Hanks präsentiert Cinematography. And the Oscar goes to Hugo. Huch. Der Kameramann hat langes weißes Haar, weißen Bart. Sieht aus wie ein Weihnachtsmann ohne Bierbauch. Na, die Dankesrede hat er kurz und knapp gehalten. Und gleich anschließend knöpft sich Tom Hanks Art Direction vor. And the Oscar goes to Hugo. Okay. Ich wittere eine unbotmäßige Überhäufung, weil man in Hollywood doch so gerne episch erfolgreiche Filme auszeichnet. Aber warten wir mal ab, bevor wir an eine Verschwörung glauben.
02:50 Und wieder blättern wir in der Vergangenheit von Hollywood zurück. Das kommt immer gut. Na bitte, da ist ja Indiana Jones. Apocalypse Now. French Connection. Star Wars. E.T. Ragging Bull. Asphalt Cowboy. Harry met Sally. Cameron Diaz und Jennifer Lopez präsentieren den nächsten Oscar. Costume Designer. Da ist sogar die Österreicherin Lisy Christl nominiert – für Anonymous. Respekt. Soll mal einer sagen, in Österreich kommt man mit Film nicht weit. And the Oscar goes to The Artist. Naja. Die 1920er und 1930er Jahre in Kostümen abzubilden stelle ich mir nicht so schwer vor, während jene der Elisabethanischen Epoche, also, da gehört schon was dazu, nicht? Next? Makeup. And the Oscar goes to The Iron Lady. Verständlich. Gute Arbeit.
03:00 Jössas. Die Schauspieler, die über ihre ersten Kinoerfahrungen erzählen, dürften nicht geschminkt worden sein. Man glaubt gar nicht, was es ausmacht. Manche sind nicht zum Wiedererkennen. Irgendwie sympathisch, aber auch beängstigend, welches unrealistische Bild man aus dem Hochglanz-Kinofilm mitnimmt. Ben Stiller und Tom Cruise wirken ein wenig aufgeschwemmt. Vielleicht ist es auch einfach nur, dass sie nicht jünger werden.
03:06 Hoppla. Sandra Bullock spricht Deutsch und verkauft es als Mandarin. Sie überreicht den besten ausländischen Film. And the Oscar goes to … ÜBERRASCHUNG! … A Seperation. Ist ein iranischer Film. Bei den politischen Spannungen ist das ja ein kleines Wunder. Schön, dass die Dankesrede eine politische Entspannung versucht. Oha. Christian Bale im dunklen Outfit. Ein Hingucker. Er präsentiert die beste Nebendarstellerin. Na, jetzt sind wir aber gespannt. Da schau her. The Help. Da fließen jetzt die Tränen. Die gute Frau, Octavia Spencer, ist ja völlig überwältigt. Kommt nicht so oft vor, dass weiße Millionäre vor einer schwarzafrikanischen Nebendarstellerin applaudieren. Mir würde da noch einiges einfallen, aber das lasse ich lieber. Damit setzt man sich nur in die Nesseln.
03:17 Tina Fey (mir gefällt ihr 30 Rock Outfit besser als die Robentracht) und Bradley Cooper präsentieren Film Editing, also den Filmschnitt. And the Oscar goes to Verblendung. Aha. Na gut. Vielleicht doch ein Blick wert. Next. Sound Editing. Der geht wieder an Hugo. Martin Scorsese darf sich die Hände reiben. Next. Sound Mixing. Fragen Sie mich nicht, worin der Unterschied zwischen Editing und Mixing besteht, aber nen Unterschied dürfte es geben. Hm. Schon wieder Hugo. Jetzt wird’s aber lächerlich. Hat der Film schon 4 Oscars erhalten. Wenn wir Pech haben, dann räumt der Film volle Kanne ab und alle Welt wird in Zukunft mit Scorsese nur noch diesen Film in Verbindung bringen. Und damit werden vielleicht andere respektable Filmemachern auf den Zug aufspringen und ähnliche Filme machen. Meine Güte, das wäre ja eine Katastrophe.
03:34 Kermit und Piggy. Nice. Und wieder der Blick zurück. Diesmal mit fliegenden Körpern vor der Kinoleinwand. Cirque du Soleil macht’s möglich. Hola. Das nenn ich mal ein ordentliches Bühnenspektakel. Aha. Da hat einer gepatzt. Ich habe das gesehen. Aber bei diesem Stress darf einen das nicht wundern. Huh. Die Turnübungen erinnern an die Olympischen Spiele in Moskau und die jungen Athleten aus der UdSSR. Ziemlich spektakulär. Respekt. So! Back to work. Max von Sydow und Christopher Plummer (Luftschlacht um England, you know!) sind 82 Jahre und für den Oscar nominierten. Respekt. Aha. Gwyneth Paltrow und Robert Downey Jr. (er ist kleiner als Gwyneth und seine Fliege silbert so hässlich – er sollte sich ein Beispiel an Christian Bale nehmen) präsentieren Beste Dokumentation. And the Oscar goes to Undefeadet. Ein Film über ein Underdog American Football Team. Naja. So. Chris Rock präsentiert Best Animated Feature Film, also Animationsfilm. Ich hoffe auf Rango! And the Oscar goes to Rango. Yeah. Ist wirklich eine Empfehlung. Weil der Film das Western-Genre aufs Korn nimmt und vorzüglich animiert ist. Tolle, spritzige Ideen. Und der Film nimmt sich selbst nicht ernst. Köstlich. Also angucken.
03:52 Emma Stone und Ben Stiller – aha, er ist auch kleiner als sie. Irgendwie dürften die Männer in Hollywood generell kleiner sein oder die Frauen größer. Oder sind es einfach nur die Highheels. Who knows. Die beiden präsentieren Visual Effects. Da ist ja auch Harry Potter dabei. Da fällt mir ein, dass der letzte Teil der Saga ziemlich unter den Teppich gekehrt wurde. Hollywood dürfte scheinbar das Interesse an den kleinen Zauberjungen verloren haben. Hm. And the Oscar goes to Hugo. Schnarch. Schon wieder. Wo soll das nur enden? Dass wir in Zukunft billige Amelie-Klone in 3D zu Gesicht bekommen. Gott bewahre. Nanu. Wer ist denn die Präsentatorin? Emma Stone. Sie präsentiert den besten Nebendarsteller. Da ist ja schauspielerisches Urgestein dabei: Nick Nolte, Christopher Plummer, Max von Sydow. Kenneth Brannagh ist ja auch nicht zu verachten. The Oscar goes to Christopher Plummer. Freilich. Hat er sich verdient. Da stehen die jungen Hühner natürlich auf. Meine Güte, er strahlt noch eine Film-Ära aus, die es längst nicht mehr gibt. Das ist eigentlich immer das Traurigste. Dass die Traumfabrik immer mehr (profitorientierte) Fabrik denn (schöner) Traum wird. Freilich, Hollywood und Kino war schon immer vorrangig ein Bizness, ein gutes Geschäft. Aber es gab Möglichkeiten, geniale Lichtblitze auszusenden. Man sehe sich nur den oscarprämierten Film von Billy Wilder an: Das Appartment – da stimmt einfach alles, perfekt bis in die kleinste Filmsekunde.
04:09 Aha. Ne Dankesrede vom Präsidenten der Akademie. Mau. Jetzt zur Filmmusik. Owen Wilson und Penelope Cruz präsentieren die Kategorie Original Score. Na sowas. John Williams, Urgestein, ist zwei Mal nominiert. Es gewinnt freilich The Artist. Zugegeben, die Musik spielt eigentlich die ganze Zeit. Muss sie ja, weil es ja sonst keinen Ton gibt. Haha. Der Franzose ist ja herzig. Er möchte akzeptiert werden, weil er so viel Liebe zu geben habe. Also, wenn man Klaus Kinskis Autobiographie gelesen hat, dann könnte man bei seinem Satz rot im Gesicht werden. Jetzt Will Farell und Kompagnon präsentieren Original Song. Gibt nur zwei Nominierungen. Das ist ja ein wenig dürftig. And the Oscar goes to The Muppets. Ein Neuseeländer. Ziemlich abgebrühte Dankesrede.
04:20 Gähn. So. Drehbuch nach einer Vorlage. Da fiebern jetzt einige Verleger mit. Schätze ich mal. Oha. Angelina Jolie präsentiert den Oscar. Oh. Sie zeigt Bein und hält eine Hymne auf Autoren. Mmmh. Hört man gerne. And the Oscar goes to The Descendants. Hm. Einer der Autoren widmet seinen Oscar seiner Mutter, die im Saal sitzt und aus Omaha kommt. Da ist wohl der Unterschied. Schauspieler verneigen sich vor ihrer heißen Flamme, Autoren vor ihrer Mutter. So. Orignaldrehbuch. And the Oscar goes to Woody Allen Midnight in Paris. Jössas. Er ist gar nicht mal anwesend. Warum wohl? Aha. Woody Allen ist nicht mal Akademie-Mitglied und lehnt die Veranstaltung ab. Sehr sympathisch.
04:32 Also, diese ungeschminkten Interviews, die sind schon etwas Besonderes. Mal schauen, ob es diese auch im Internet geben wird. Jetzt wird es langsam ernst. Vorerst noch die gute Milla Jovovich. Best Short Film (Live Action). Gewinner ist The Shore, eine irische Produktion, wie man an der Dankesrede unschwer erkennen kann. Best Documentary (Short). Gewinner ist Saving Face. Next. The Fantastic Flying Books of Mr. Morris Lessmore gewinnt in der Kategorie Best Short Film (animated). Fein. Jetzt wird’s endlich ernst. Es wird Zeit.
04:50 Michael Douglas. Er soll ja ein intensives Faible für das andere Geschlecht haben und sich deshalb dann und wann therapieren lassen. Klaus Kinski hat es ausgelebt. Das nur so am Rande. Jetzt geht es ans Eingemachte. Beste Regie. Also Woody Allen können wir abhaken, er hat ja schon einen Oscar erhalten. Das muss wohl reichen. And the Oscar goes to … spannend … Michel Hazanavicius mit The Artist. Aha. Bedeutet es, dass wir in Zukunft mehr Stummfilme sehen werden? Wir notieren, ein Film in schwarzweiß, ohne Ton, im Format 4:3 sticht einen Film in Farbe, mit Sourround-Sound, im Format 16:9 und 3D aus. Soviel mal dazu. Apropos. Einer seiner Filme heißt OSS 117. Amüsanterweise habe ich auf einem Flohmarkt in der Bretagne ein T-Shirt erstanden, das OSS 117 aufgedruckt hat. Damals wusste ich aber noch nicht, dass ich als Werbeträger für einen Film von Michel Hazanavicius herhalten durfte.
04:56 Warum Oprah Winfrey einen Ehren-Oscar erhält ist mir schleierhaft. Vermutlich ist ihr einflussreiches Medien-Imperium ein guter Grund. Hollywood schließt gerne Bündnisse und Freundschaften. Ja, ja.
05:04 Nun die besonderen Momente der Oscar Nacht – die Erinnerung an all die im letzten Jahr verstorbenen Hollywood-Größen. Die Fotos sind unterlegt mit einem stimmungsvollen What a wonderful world. Unter anderem zeigt man Whitney Housten, Peter Falk, Sidney Lumet, Steve Jobs, Ben Gazzara, Elizabeht Taylor und noch einige mehr.
05:10 So. Jetzt geht es in die Zielgerade. Es wird Zeit. Oh. Natalie Portman. Ausgezeichnet. Sie präsentiert die beste (männliche) Hauptrolle. Nominiert ist auch ein mexikanischer Schauspieler, der in einem Film einen Immigranten in die USA spielt. Vielleicht besänftigt die Akademie das schlechte Gewissen Amerikas und … Okay, back to reality. Gary Oldman ist schon eine eigene Liga für sich. And the Oscar goes to Jean Dujardin in The Artist – wer hätte das gedacht? Hollywood wird von den Franzosen überrannt. Napoleon hätte es nicht besser machen können. Huh. Wie er die letzten Dankesworte hinausbrüllt, freilich auf Französisch, also, da merkt man schon ein wenig den Kulturunterschied. Bon.
05:23 Colin Firth, sehr sympathisch, sehr englisch, präsentiert die beste (weibliche) Hauptrolle. Meryl Streep wurde bereits 17 Mal für den Oscar nominiert und gewann ihn zwei Mal. Respekt. And the Oscar goes to Meryl Streep – The Iron Lady. Na, alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Wir applaudieren brav und ziehen den Hut. Der Film interessiert mich aber nicht sonderlich. Wenn man etwas über die britische Politik wissen will, dann ist es besser, man guckt (wieder einmal) Adam Curtis The Mayfair Set.
05:33 Tom Cruise präsentiert nun die letzte Kategorie. Die Über-Kategorie: Bester Film. Kann ja nur The Artist oder Hugo sein, nicht? Jetzt kommt doch noch so etwas wie Spannung auf. And the Oscar goes to The Artist. Damit hält der Film bei fünf Oscars – genauso wie Hugo. Keine schlechte Ausbeute, non? Hoppla. Auf der Bühne hat sich halb Paris niedergelassen. Oh. Man dankt Billy Wilder. Na, das ist ja mal sehr sympathisch. Oui, oui.
05:38 Goodnight everybody.
Danke für den Bericht und das ausharren. :-))
Keine Ursache 🙂
habe deinen Bericht mit sehr viel Vergnügen gelesen!
🙂