Filmbesprechung: Die Frau in Gold oder Es ist nicht alles Gold was glänzt

Ich würde gerne über den Inhalt des Films The Woman in Gold (Die Frau in Gold) plaudern, über diese und jene Einzelheiten und doch leben wir in einer Epoche, in der es für einen deutschsprachigen Mitteleuropäer gefährlich sein kann, über vergangene Ereignisse frank und frei zu sinnieren. Während es Hollywood-Produzenten erlaubt ist, eine bestimmte Sicht auf die Dinge filmisch umzusetzen, ist es unsereins verboten, die Grenzen des vernürnbergerischten Faktischen zu übertreten. Wir haben uns zu fügen. Punktum.

Wie dem auch sei. Der Inhalt des Filmes sei kurz umrissen. Hier der imdb-Eintrag:

Maria Altmann, gespielt von Helen Mirren, eine achtzigjährige jüdische Exilantin, legt sich mit der Österreichischen Regierung an, um Kunstwerke zurückzubekommen, die rechtmäßig ihrer Familie gehören. [meine Übersetzung: Maria Altmann, an octogenarian Jewish refugee, takes on the Austrian government to recover artwork she believes rightfully belongs to her family.]

Wie wir wissen, wurde schlussendlich das berühmteste Gustav Klimt Gemälde „Die Frau in Gold“ oder „Adele Bloch-Bauer I“ restituiert und hängt nun nicht mehr im Wiener Belvedere, sondern in der Neue Galerie in New York City. Erworben wurde es für schlappe 135 Millionen Dollar von Milliardär Ronald Lauder, der in den 1980er Jahren amerikanischer Botschafter in Österreich war und laut Wiki seit 2007 Präsident des Jüdischen Weltkongresses ist.

Der Film zeigt in Rückblenden die wohlbehütete Wiener Kindheit Maria Altmanns in den 1920ern Jahren (Weltwirtschaftskrise!) als auch das turbulente Jahr 1938 (Heldenplatz!). Dabei ist mir eine Szene im Gedächtnis hängen geblieben: Im Hause der Familie klopfen die „Nazi-Schergen“ an die Tür. Ihnen wird geöffnet. Sie dringen „herrenmenschlich“ in die Zimmer ein. Man teilt dem Vater von Maria Altmann mit, dass sein Bruder sich in die Schweiz abgesetzt und eine Steuerschuld von einer Million Reichsmark nicht beglichen hätte. Deshalb müsse man sich nun an das Inventar der Familie halten. Worauf die junge Maria Altmann den Beamten entgegenschleudert: „Mein Onkel ist ein ehrlicher Mensch!“

Für mich stellt sich die Frage, warum die Drehbuchautoren diese Szene in den Film schrieben. Natürlich geht der aufgeklärte Zuseher davon aus, dass diese Vorwürfe nicht stimmen und es nur ein Vorwand der Schergen ist, um Kunstgegenstände zu rauben. Und doch verfängt man sich in eine Spur Skepsis. Weil, wie oft kam und kommt Steuerflucht vor? Wie oft lesen wir, von Unternehmer, die sich abgesetzt hatten und einen Schuldenberg hinterließen? Man stelle sich vor, natürlich nur unter vorgehaltener Hand, dass es tatsächlich eine Steuerschuld gegeben hätte. Dann wäre der „Raub“ mehr eine Konfiskation vulgo Pfändung gewesen. Eine Pfändung, wie wir wissen, wird nicht als Diebstahl betrachtet. Wie gesagt, diese offene Steuerschuld kann auch nur ein Vorwand gewesen sein – aber ließe sich das nicht überprüfen? Zwar wurden die Behörden 1938 „nazifiziert“, aber die Unterlagen waren eine rein österreichische Angelegenheit.

Sehen Sie, der Film zeigt eine Seite der Medaille. Das ist völlig in Ordnung. Aber die andere Seite, tja, die erfahren wir nicht. Wäre es nicht auch spannend zu sehen, wie das bürokratische „Nazi“-Räderwerk gearbeitet hat. In Büchern und Filmen machen es sich die Drehbuchautoren und Regisseure immer so einfach. Da ein böser Scherge, dort ein Beamter, der den lebenswichtigen Stempel verweigert. Aber bedenken wir, dass wir es hier mit einer kafkaesken Bürokratie zu tun hatten. Niemand, der sich damals getraut hätte, eigenmächtig zu handeln. Alles musste nach genau festgelegten Regeln abgewickelt werden. Die damaligen Ausreisebestimmungen werden als Schikane dargestellt und doch hatte und hat jedes Land ganz genaue Bestimmungen in Bezug auf die Ausreise mit Sachwerten und Devisen.

Auf der Webseite historyvshollywood.com können wir die Fakten des Geschichte von Maria Altmann nachlesen. Beispielsweise heißt es da:

Marias Ehemann wurde von den Nazis verhaftet und im Konzentrationslager Dachau für beinahe zwei Monate festgehalten, um seinen Bruder Bernhard, dem bereits die Flucht nach Frankreich gelungen war, zu zwingen, seine gewinnbringende Berhard Altmann Textilfabrik an die deutschen Behörden zu übergeben. „Als mein Schwager die Fabrik den deutschen Behörden überantwortete“, sagte Maria Altmann, „hat man Fritz frei gelassen“. „Er wurde nach Hause gebracht, sein Kopf war rasiert, er sah schrecklich aus. Fritz wurde dann für drei Monate unter Hausarrest gestellt, weil die Nazis nur dann bereit waren, ihn gehen zu lassen, wenn sein Bruder den letzten Penny herausrückte.“ [meine Übersetzung:] The movie omits events prior to this, when Maria’s husband Fritz was arrested by the Nazis and held at the Dachau concentration camp for nearly two months in order to force his brother Bernhard, who had already escaped to France, to transfer his prosperous Bernhard Altmann textile factory into German hands. „They released him when my brother-in-law signed over the factory to them,“ says Maria Altmann. „He was brought home, the head was shaved, he looked awful“ (The Lady in Gold Documentary). Fritz was then put on house arrest for three months up until his escape, because the Nazis were unwilling to let him go free until they had gotten every last penny out of his brother (SchoenBlog.com).

Und dann erfahren wir auch noch, dass Fritz bereits drei Mal versucht hatte, zu fliehen. Für mich ergibt all das keinen Sinn. Hätten die damaligen Behörden nicht die Macht gehabt, eine Fabrik einfach zu übernehmen? Wozu brauchte es Unterschriften und Verträge? Wozu all dieser Aufwand, mit dem Festhalten von Angehörigen und all diesen vermeintlichen Erpressungsversuchen? Und wie ist es erklärbar, dass Fritz Altmann drei Fluchtversuche unternehmen konnte, ohne dass die Behörden drastischere Maßnahmen ergriffen?

All das deutet darauf hin, dass, wie zuvor angedeutete, die damalige Bürokratie durch und durch deutsch war: das heißt obsessiv pedantisch, absolut hierarchisch und korrekt bis ins kleinste Detail. Willkür konnte deshalb kaum um sich greifen. Das bestätigt auch eine Fußnote auf Seite 21 in Alfred de Zayas Buch Völkermord als Staatsgeheimnis:

SS-Richter Georg Konrad Morgen hat während des Krieges Untersuchungen in etwa 800 Fällen durchgeführt und u.a. gegen die Lagerkommandanten in Buchenwald, Karl Otto Koch, und Lublin, Hermann Florstedt, ermittelt, die dann vor ein SS-Gericht kamen, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.

Starker Tobak, nicht? Der Film selbst ist pures Hollywood-Kino: Die üblichen melodramatischen Einlagen, der übliche Herz-Schmerz-Soundtrack und die übliche David-gegen-Goliath-Dramaturgie – garniert mit hübschen Wiener Sehenswürdigkeiten. Der Film ist handwerklich routiniert gemacht. Helen Mirren spielt Helen Mirren. Ryan Reynolds spielt Ryan Reynolds. Und Antje ist hübscher als Adele. Am Ende, wir wissen es genauso wie Gustav, dreht sich alles nur um das Eine. Gold.

Helfen oder nicht helfen, das ist hier die Frage

Daß wir die Übel, die wir haben, lieber Ertragen als zu unbekannten fliehn.
Daß wir die Übel, die wir haben, lieber Ertragen als zu unbekannten fliehn.

Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage:
Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden? Sterben: schlafen;

[…]

Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen als zu unbekannten fliehn.
So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

Hamlet: Prinz von Dänemark
William Shakespeare 
übers. v. W. v. Schlegel

Haben Sie vielleicht den KURIER vom Sonntag durchgeblättert? Auch diesmal geht es wieder vorrangig um das Thema „Flüchtlinge„. Plakativ und subtil lässt man den Leser wissen, dass er den „Flüchtlingen“ zu helfen hat. Gut. Gleichzeitig aber wird er mit Fotos konfrontiert, die ein unbewusstes Unbehagen in ihm, im Leser, auslösen: Beispielsweise eine Ansammlung fremder Menschen auf einem Bahnhof (besser: auf Geleisen), wartend, hoffend, auf einen Zug, der sie in eine bessere Zukunft bringen soll. Ein Schlauchboot mit Männern, irgendwo am Meer – im Hintergrund ein Kreuzfahrtschiff (Sie dürfen sich jetzt fragen, warum es die Presseagenturen vermeiden, Fotos von Flüchtlingen in Booten gemeinsam mit Yachten reicher Privatiers abzubilden). Dann eine militärisch aussehende Landkarte von Europa, die „Flüchtlings-Armeen“ und ihre „Angriffsbemühungen“ zeigt. Und zu guter Letzt erfährt der Leser auch noch von einem vereitelten Massaker: in einem französischen Zug wollte ein „mutmaßlicher“ muslimischer Afrikaner – stilecht mit einer Kalaschnikow – ein Blutbad anrichten, konnte aber noch im letzten Moment von zwei Amerikanern bewusstlos geschlagen werden. Aha.

Also. Wie soll sich da jetzt einer auskennen? Da wir eine christliche Erziehung (!) genossen haben, wollen wir helfen. Gleichzeitig haben wir aber das Gefühl, damit unser eigenes Grab zu schaufeln. Der Mainstream ist bei alledem nicht hilfreich. Ganz im Gegenteil. Er schürt die Zwänge, er schürt die Ängste. So bleibt der gewöhnliche Bürger ein Zerrissener. Punktum. Der Hausverstand genauso wie die heimatlich-gesellschaftliche Verbundenheit wurden längst diskreditiert. Am Ende sind wir nur noch eine feige Masse, die mit wenig Aufwand von Presseleuten und Politikern geknetet und in eine bestimmte Form gebracht werden kann. Geht einmal die „mütterliche Welt„, in der man sich geschützt gewusst hatte, verloren, erleiden wir, so Prof. Horst E. Richter, eine „Umzugs-Depression„. Sollten Sie also bemerken, dass Sie an einer depressiven Verstimmung leiden, dann hat es weniger mit Ihnen als mit den äußeren Umständen zu tun. Ich gehe davon aus, dass die Pharma-Industrie, im Gegensatz zum gewöhnlichen Bürger, eine blühende Zukunft haben wird.

Wie dem auch sei, es gilt, die folgenden Fragen zu stellen:

  • Wer hat die Lebensgrundlage der Menschen in den Krisenregionen zerstört? Waren es nicht Angriffskriege der westlichen Mächte, sei es in Libyen, Syrien, Irak, Afghanistan usw., die ein funktionierendes Gemeinwesen zerbombt haben?
  • Wer hat die bestehenden staatlichen Strukturen in den gegenwärtigen „Krisenregionen“ durch Revolutionen und Putschversuche zerstört? Waren es nicht westliche Mächte, die hier ihre Hände im Spiel hatten?
  • Trägt die Globalisierung nicht dazu bei, dass die heimatliche Wirtschaft in den Krisenregionen unrentabel gemacht wird und auf diese Weise verschwindet? Ohne Wirtschaft: keine Arbeit: keine Zukunft.
  • Wer sind diese „Schlepperbanden“? Sind diesen „Banden“ nicht vielmehr ein international organisiertes Verbrechernetzwerk, das Verbindungen in die höchsten politischen Kreise hat?
  • Wie können Flüchtlinge ihre „Reise“ bezahlen? Woher nehmen sie die Dollars, die dafür nötig sind? Wie werden die „Schlepper“ bezahlt? Wer verdient wie viel bei alledem?
  • Wie ist es zu erklären, dass Tausende von Flüchtlinge in der Türkei auf ihr Boot „warten“ dürfen, ohne befürchten zu müssen, von den türkischen Behörden festgenommen zu werden?
  • Ist es möglich, dass im Hintergrund Kräfte am Werk sind, die darauf abzielen, Europa zu destabilisieren?

Ein Schauprozess in Boston, anno 2015

Es gab mal eine Zeit, da war das Töten mit Bomben juristisch legal
Es gab mal eine Zeit, da war das Töten mit Bomben juristisch legal.

Sie kennen vermutlich die Hintergrundgeschichte, oder? Es war im September 2013 als ein tschetschenisches Brüderpaar, welches in den USA lebte, eine selbst hergestellte Druckkochtopf-Splitterbombe in den Ankunftsbereich des Boston Marathons brachte und dort zündete. Die Auswirkungen der Explosion wurden fotografisch festgehalten – und auch wenn ich kein Forensiker oder Gerichtsmediziner bin, die Fotos der Opfer wirken, nun, surreal, nicht authentisch, vielleicht sogar inszeniert. Das kann ich natürlich nicht beweisen. Es ist nur ein Bauchgefühl. Sehen Sie, eine Splitterbombe in der Menge zu zünden, das ist eine hochgradig blutige, verheerende Angelegenheit. Schauen Sie sich doch den Dokumentarfilm über den (mit vielen Fragezeichen versehenen) Anschlag beim Münchner Oktoberfest im September 1980 an und hören Sie, was die damaligen (zum Teil schwer verletzten) Überlebenden zu sagen haben. Da stellt es Ihre Nackenhaare auf. Keiner dieser bedauernswerten Menschen wäre auf die Idee gekommen, bereits nach wenigen Wochen seine „Genesung“ vor Publikum zu feiern. Das war ein traumatisches Erlebnis. Und noch Jahrzehnte später merkt man bei diesen Menschen die seelischen und körperlichen Nachwirkungen. Die ungeschönten Fotos, die kurz nach dem Anschlag in München gemacht wurden, zeugen vom Chaos, zeigen Leichen und Leichenteile, kurz, sie scheinen mir authentisch, lebensnah, lebensecht. Die Fotos aus Boston hingegen, sie wirken, wie bereits angedeutet, wie eine Hollywood-Probeaufnahme.

Zurück zu Dzhokhar Tsarnaev, der in einem Feuergefecht mit der Polizei schwer verletzt wurde, aber – im Gegensatz zu seinem älteren Bruder – überlebte und vor Gericht gestellt werden konnte. Dort plädierte seine Anwältin auf „schuldig“. Yep. Obwohl die vorgelegten Beweise des FBI das Gegenteil bezeugen. Gesucht wurde nämlich ein Mann mit einem schwarzen, schwer beladenen und ausgebeulten Rucksack (so ein Druckkochtopf, angefüllt bis zum Deckel, ist ja nicht gerade federleicht). Die vom FBI als Beweis vorgelegten Fotos einer Überwachungskamera zeigen aber den jungen Tsarnaev mit einem weißen, nicht ausgebeulten Rucksack, den er lässig über eine Schulter hängen lässt. Hm. Wie passt das jetzt zusammen? Die Verteidigung hat diesen Widerspruch ignoriert. Das Gericht genauso. Beinahe bin ich versucht zu sagen, dass wir es hier mit einem Schauprozess zu tun zu haben – da spielen Beweise und Zeugenaussagen keine Rolle und das Urteil steht bereits vor Beginn des Prozesses fest.

Auf die Sache hingewiesen hat ein amerikanischer Rechtsanwalt, der die Tante des jungen Tsarnaev in den USA vertritt. Diese Tante ist eine ausgebildete Juristin (man möchte es nicht glauben, aber auch in Tschetschenien gibt es Universitäten) und ist Magister der Rechte, verliehen durch die kanadische Universität in Manitoba. Man kann also mit gutem Recht behaupten, dass diese Dame nicht auf den juristischen Kopf gefallen ist. Sie hat sich die Beweislage angesehen und dabei, genauso wie ihr amerikanischer Kollege, diesen Widerspruch festgestellt. In einer eidesstattlichen Erklärung (Affidavit) bezeugt sie, dass ein amerikanisches Rechtsanwaltsteam, das mit der Verteidigung des jungen Tsarnaev betraut war, bei einem Gespräch mit seinen Eltern sagten, dass die Kanzlei zwar wüsste, dass der Angeklagte unschuldig sei, aber die amerikanischen Behörden enormen Druck ausübten, um den Prozess weiterzuführen:

Charlene the independent investigator stated flatly that the federal public defender’s office in Boston knew that Dzhokhar was not guilty as charged, and that their office was under enormous pressure from law enforcement agencies and high levels of the government of the United States not to resist conviction.

Sie können den Sachverhalt samt Affidavit im Detail hier nachlesen: Paul Craig Roberts – FBI Evidence Proves Innocence of Accused Boston Marathon Bomber Dzhokhar Tsarnaev

Eine äußerst detaillierte Auseinandersetzung rund um den Anschlag – samt zahlreicher Fotos – finden Sie auf der Seite des von mir hochgeschätzten Dave McGowan.

Wenn Experten in der Qualitätspresse analysieren

Wenn es nicht so traurig und regnerisch wäre ...
Wenn es nicht so traurig und regnerisch wäre …

In der Wochenendausgabe des rosa eingefärbten Oscar-Bronner-Qualitätsblattes ist in der Rubrik „International“ die  Analyse einer leitenden Redakteurin und – Wikipedia weiß alles – Professorin der Universität Wien zu finden. Aha. Doppelbelastung ist so belastend wohl nicht. Wie dem auch sei, der Analyse-Artikel zeigt, wohin uns die Qualitätspresse führen will. Ja, der gutgläubige Leser, der keine Idee hat, wie die politische Welt da draußen funktioniert, nickt mit dem Kopf und denkt sich seinen Teil: Assad = Regime = Gangster = Pfui.

Man lese folgenden Ausschnitt, um zu verstehen, wie Propaganda funktioniert:

Überdeutlich wurde das nach Einnahme der Luftwaffenbasis Tabqa durch den „Islamischen Staat“ im Dezember 2014, wo mindestens 120 syrische Soldaten, viele davon junge Alawiten, massakriert wurden. Es folgten Proteste und Internetkampagnen, bei denen das Regime beschuldigt wurde, die loyalen Alawiten die Rechnung bezahlen zu lassen.

Assad-Gangster werden zur Belastung fürs Regime
Gudrun Harrer
Der Standard, International, S. 9

Soweit ich weiß, gibt es bei einem Massaker auch Täter. Jene, die das blutige Gemetzel zu verantworten haben. Soldaten an einen militärisch wichtigen Stützpunkt zu stationieren scheint mir dagegen als „Anklagepunkt“ recht dürftig.

Und überhaupt. Im Artikel ist viel von Korruption und Amtsmissbrauch zu lesen. „Shabiha“, lernen wir, sind »ursprünglich Schmuggler und Gangster aus der Familie, die ihre Nähe zur Macht ausnützten, um ungestraft ihren kriminellen Machenschaften nachkommen zu können.« Der Satz könnte auch für die amerikanische Politik der letzten hundert Jahre stehen. Beispielsweise lasse man einen hoch dekorierten US-Soldaten zu Wort kommen, der in den 1930er Jahren schreibt:

[meine Übersetzung:] Es gibt keinen Trick im Gangstergeschäft, den die Militärbande nicht kennen würde. Sie hat ihre ›Denunzianten‹ (um auf Feinde zu zeigen), ihre ›Muskelprotze‹ (um Feinde zu vernichten), ihre ›Gehirnakrobaten‹ (um Kriegsvorbereitungen zu planen) und einen ›Big Boss‹ (super-nationalistischer Kapitalismus). Es mag seltsam scheinen, dass ein Militarist solche Vergleiche anstellt. Aber Ehrlichkeit verpflichtet mich dazu. Ich verbrachte 33 Jahre und 4 Monate im aktiven Dienst als ein Mitglied der schlagkräftigsten Streitkraft des Landes, dem Marine Corps. Ich diente in allen Offiziersdienstgraden – vom Leutnant bis hin zum Generalmajor. Und während dieser Jahre verbrachte ich die meiste Zeit damit ein erstklassiger Muskelprotz für Big Business, für Wall Street und für die Bankiers zu sein. Kurz, ich war ein Gangster im Auftrag des Kapitalismus.

America’s Armed Forces: ›In Time of Peace‹
Major General Smedley D. Butler,
The Army, Common Sense, Vol. 4, No. 11 im November 1935,

Man könnte natürlich auch auf den Umstand hinweisen, dass diese Terror-Rebellen-Fraktion „Islamischer Staat“ von westlicher Seite unterstützt wird. Glauben Sie nicht? Ja, ich weiß, das klingt zu verschwörungstheoretisch, aber es ist nun mal ein Fakt, dass Washington sehr daran gelegen ist, das „Regime“ Assad durch ein anderes – loyales – Regime zu ersetzen. Schlag nach bei Libyen und Gaddafi. Same Shit, different Smell.

Mit anderen Worten, Washington bezahlt Söldner, steckt reguläre Soldaten in „Rebellenkleidung“, bildet die „Milizen“ vor Ort aus und „verliert“ Waffenlieferungen, die „unglücklicherweise“ in die Hände der Rebellen/IS/Terror-Gruppen fallen. Ja, blowback and shit happens. Deshalb sollten Redakteure (und Uni-Professoren), die für ein Qualitätsblatt schreiben, ein wenig die Geschichte der letzten Jahrzehnte studieren. Es ist gegenwärtig kein Geheimnis mehr, dass Washington Ende der 1970er-Jahre die „Bin-Laden-Gotteskrieger“ nach Afghanistan eingeschleust hat, um dort für Terror und Destabilisierung zu sorgen. Es ist der immer gleiche perfide Plan, der nach immer den gleichen blutigen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit dem „modernen Imperialismus“ beschäftigt, sollte erkennen, welches Spiel da von Washington gespielt wird. Dabei geht es hier nur um die Spitze des Eisbergs und trotzdem will diese niemand in den Redaktionen sehen bzw. gesehen haben. Beinahe bin ich versucht zu sagen, das geschieht vorsätzlich. Falls es nichts mit Vorsatz zu tun hat, dann ist es Inkompetenz. Faites vos jeux.

Hereinspaziert oder Die merkwürdige Epoche von Asyl und Flucht

Cool. Ich will da hin!
Cool. Ich will da hin!

update: Auf ORF.Online wird die Webseite fluchthelfer.in bereits ins Rampenlicht gerückt: »Künstlerkollektiv hofft auf Solidarität „Für uns ist Fluchthilfe (…) auch ein politisches Statement für Bewegungsfreiheit“, heißt es auf der Seite. Nach Ansicht des Berliner Künstlerkollektiv Peng!, das hinter der Plattform steckt, handelt es sich außerdem um eine „höchst ehrbare Tätigkeit“. Mit der Kampagne wollen die Aktivisten, die bereits in der Vergangenheit mit Kampagnen die Gesellschaft zum „zivilen Ungehorsam“ aufriefen, auch zeigen, dass viele Bürger motiviert sind, etwas zu machen. Einerseits sei wachsender Rassismus zu beobachten, andererseits aber eben auch eine Zunahme der Solidarität.« Sie sehen an diesem Artikel, wie subtile Propaganda funktioniert. Zum Einen wird die Webseite bekannt gemacht, zum anderen werden Vergleiche mit („heldenhaften“) Fluchthelfer zur Zeit des Eisernen Vorhanges gezogen. Hinter der Online-Plattform soll, so der Artikel, ein Künstlerkollektiv stehen, der WHOIS-Eintrag erzählt aber eine andere Geschichte, nämlich die einer US-Denkfabrik.

***

Haben Sie vielleicht auch so ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend, das Ihnen ein drohendes Unwetter anzeigt? Irgendetwas ist faul in Dänemark. So viel lässt sich sagen. Die letzten Wochen und Monate überschlagen sich die Medien mit dramatischen Reportagen: Flucht. Asyl. Trauma. Angst. Abschiebung. Das überaus Merkwürdige daran ist, dass es nicht nur ein österreichisches oder europäisches, sondern ein globales Phänomen zu sein scheint. Und immer dann, wenn der Mainstream eine konzentrierte Anstrengung macht, um ein Thema in die Köpfe der gutgläubigen Bürger zu bekommen, ist Gefahr im Anzug in Verzug.

Man möchte es nicht glauben, aber die „Terrorgefahr“ gab es bereits vor 9/11. Erinnern Sie sich noch, dass der New Yorker WTC-Komplex bereits in den 1990er-Jahren Ziel eines Bombenanschlags war? Aber da die Bombe (übrigens: zur Verfügung gestellt vom FBI) „nur“ im Inneren, in einer Garage, detonierte, gab es kaum gute Fernseh-Bilder der Verwüstung und des Schreckens. Anders natürlich der Anschlag in Oklahoma City, ebenfalls in den 1990er-Jahren, wo eine „hausgemachte“ Düngemittel-Bombe in einem Van ein halbes Bürohaus förmlich „heraussprengte“. Im Zuge der medialen Berichterstattung gab es anfänglich Anzeichen einer nah östlichen Beteiligung. So so.

Also, die Manipulation der breiten Masse beginnt nicht mit einem Big Bang. Es braucht Vorbereitungszeit. Der Bürger muss langsam aber beständig den immergleichen Bildern und Mantras ausgesetzt werden. So lange, bis dieser gar nicht mehr in der Lage ist, zwischen richtig und falsch, gut und böse zu unterscheiden. Am Ende ist es der Mainstream, der die Richtung vorgibt und der Bürger – wie ein gutgläubiges Lamm – folgt dieser Einbahnstraße. Ich meine, es gab Zeiten, da hatte jeder freie Mann eine Meinung und vertrat sie. Zugegeben, das konnte gut, das konnte böse enden, aber nichtsdestotrotz herrschte die Einsicht, dass ein freier Mann ein Anrecht auf eine Meinung haben durfte. Seit 1918, mit dem Ende des alten Systems, wird dieses Anrecht nicht nur von der Obrigkeit, sondern auch von deren Sprachrohr, der Presse, in Frage gestellt. Frei nach dem Mantra:

Ich bin nur ein kleiner Mann, der nicht weiß, wie die Welt funktioniert, also überlasse ich es den anderen, mir zu zeigen, aus welchen Meinungen ich „frei“ wählen darf.

Sehen Sie, wenn einst ein Bedürftiger an die Pforte eines Hauses geklopft hatte, dann wurde ihm – soweit möglich – geholfen. Vorausgesetzt, er erfüllte die Voraussetzungen für einen Hilfsbedürftigen. Scharlatane, Diebsgesindel, organisierte Banden, Strolche, Witzbolde, Neider, Narren und so weiter fielen per Definition nicht unter die Rubrik „hilfsbedürftig“. Niemand, der damals Anstoß genommen hätte, hätte man einen Strolch aus dem Dorf davongejagt. Denn am Ende geht es immer nur um eines, nämlich um den Zusammenhalt der Gemeinschaft! Ist diese in Gefahr, muss eine Lösung gefunden werden. Ansonsten würden die Kinder und Kindeskinder in naher und ferner Zukunft die „Früchte des Zorn“ schmecken.

Nun, jede Gemeinschaft hat eine Entscheidung zu treffen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen. Der springende Punkt ist aber, ob eine Gemeinschaft in den Entscheidungsprozess einer anderen eingreifen darf. Sollte also ein Dorf in Osttirol darüber mitentscheiden, ob ein burgenländisches Dorf ihre Abwasserkanäle erneuern darf? Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand, nicht wahr?

Und deshalb, zu guter Letzt, frage ich mich, warum die kalifornische Denkfabrik The Ayn Rand Institute die sehr professionell und einladende deutsche Webseite fluchthelfer.in „betreibt“ (bzw. die Domain gekauft hat). Auf dieser Seite wird aufgeklärt, wie man „Fluchtwillige“ unterstützen kann und dass diese „Unterstützung“ keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Fluchthelfer nach ziehen dürfte:

In den meisten Fällen dürften Fluchthelfer.innen, selbst wenn sie erwischt werden sollten, nach unserer Einschätzung straffrei bleiben, oder zumindest mit einer Geldstrafe davon kommen. Vor allem das erste Mal.

Also, warum glauben Sie, nimmt ein US-Amerikanischer Think Tank, der sich generell für den freien Waren- und Geldverkehr (vulgo Globalisierung) ausspricht, Geld in die Hand, um im deutschen Sprachraum Bürger zu motivieren, „Fluchtwillige“ zu unterstützen? Hören wir, was der ehemalige US-Senator Barry Goldwater (1909-1998) über die Ziele der bekanntesten amerikanischen Denkfabrik Council on Foreign Relations [Rat für auswärtige Beziehungen] schrieb.

[meine Übersetzung:] Ich glaube, dass der »Rat für auswärtige Beziehungen« und seine untergeordneten elitären Gruppierungen dem Kommunismus gleichgültig gegenüberstehen. Sie haben kein ideologisches Fundament. In ihrem Streben nach einer neuen Weltordnung [New World Order] sind sie bereit, einem kommunistischen, einem sozialistischen und einem demokratischen Staat, genauso wie einer Monarchie, einer Oligarchie, ohne Vorurteil zu begegnen – es ist für sie alles das Gleiche. Ihr Ziel ist eine liebevolle Stabilität aller sich streitenden Nationen durch Zusammenschlüsse und Konsolidierung. Sie sehen die Beseitigung sowohl nationaler Grenzen als auch der Unterdrückung ethnischer Zugehörigkeiten als den schnellstmöglichen Weg zum Weltfrieden. Sie glauben, dass wirtschaftlicher Wettkampf die Hauptursache internationaler Spannungen ist. Vielleicht, wenn die Vision des Rates umgesetzt würde, verringerte es in Zukunft Kriege und Armut und brächte einen effizienteren Umgang mit den Ressourcen dieser Welt. Aber für mich würde dies unweigerlich einhergehen mit einem Verlust persönlicher Wahlfreiheit und einer Wiedereinführung jener Zwänge, die die Amerikanische Revolution ausgelöst hatten.

With No Apologies: The Personal and Political Memoirs of United States Senator
Barry M. Goldwater, 1979
Kapitel 33: ›The Nonelected Rulers‹ (S. 291-299).

Wie auch immer Sie zu diesem Thema stehen, eines ist mit absoluter Sicherheit zu sagen: eine amerikanische Denkfabrik schert sich einen Pfifferling um die Gemeinschaft in einem Dorf in Österreich oder Deutschland. Diese elitären Denkfabriken arbeiten an der Zukunft. Sie sind es, die den Boden für das Kommende bereiten. Und ich gehe davon aus, dass es nichts Gutes sein wird.