Es war einmal, vielleicht, vielleicht auch nicht, in einem weit weit entfernten Land mit Namen Freedonia, als eine unheimliche Krankheit die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzte. War es die Pest? Tuberkulose? Gar Typhus? Die Experten waren sich uneinig und nannten diese Krankheit Königsschnupfen. Die Symptome dieser hoch ansteckenden Krankheit waren so vielfältig, wie man es noch nie zuvor gesehen und erlebt hatte. Manche berichten von einem trockenen Husten, andere von einem schleimigen Hals, immer wieder hört man von Kopfschmerzen – einmal spitz, einmal brummend – und einem Gefühl der Abgeschlagenheit, besonders nach getaner Arbeit, wenn die strebsame Bevölkerung aus Fabriken und Bürohäusern strömte. Die Zeitungen des Landes und die TV-Nachrichten schlugen mit jedem Tag die Hände über den Kopf zusammen und bekreuzigten sich. Hatte hier vielleicht der Teufel seinen Pferdefuß in die Tür gestellt? So gab es Menschen, alt und gebrechlich, längst über dem Durchschnittsalter, zuweilen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen, die sanft entschliefen. Panik brach in der Bevölkerung aus. Wie konnte diese so gefährliche Krankheit entstehen? Man blätterte in alten Büchern, kramte in den Archiven – aber nichts wurde gefunden, das von solch einer unheimlichen Krankheit erzählte. Resignation machte sich breit, weil die stündlich hinausposaunte Statistik über die Zunahme der Kranken, die die oben erwähnten Symptome aufwiesen, die Hoffnung auf Besserung zerstörte.
Die Regierung wusste sich nicht zu helfen. Also lud man Wissenschaftler aus dem In- und Ausland ein – freilich gut bezahlt – um sich ein Bild der Situation zu machen. Die Universität von Sylvana erstellte ein Computer-Modell, das die schlimmsten Befürchtungen an die Wand malte: Tausende und Abertausende des kleinen Landes Freedonia müssten an der neuen Krankheit elendlich zugrunde gehen, so die Regierung tatenlos zusähe. Was blieb den treusorgenden Politikern nun anderes übrig, als sich gegen alle Versprechungen und vereinbarten Verträge zu stellen, den Notstand auszurufen, die Diktatur einzuführen und jene, die der Krankheit verdächtigt wurden, einzusperren. Je mehr Gelder die Regierung zur Verfügung stellte, um so mehr Experten klopften an die Tür und versprachen guten Rat. Hatten sie ihre äußerst gut dotierten Verträge in der Tasche, gaben sie Interviews, hielten sie Vorträge und förderten nach bestem Wissen und Gewissen, zum Wohle aller, Angst und Schrecken in der Bürgerschar. Apotheker und Kräuterkundige empfahlen derweil sinnvolle Heilpflanzen und gut verträgliche Präparate, aber findige ausländische Geschäftsleute mit dem Gespür für profitable Wohlfahrt versprachen – auf Vorschuss, weil solch Forschung ist teuer, sehr teuer – einen wirksamen Impfstoff, der – „leider, leider“ – erst in vielen Monaten geliefert werden könnte. Ein Hoffnungsschimmer am dunklen Horizont. Aber wie sollte die Ansteckung und Übertragung bis dahin verhindert werden?
Ein Friseurmeister an der Universität von Freedonia hatte diesbezüglich einen grandiosen Vorschlag. Laut seiner Studie würden sich die Menschen immer wieder in die Haare kriegen und auf diese Weise die tödliche Krankheit weitergeben. Die Menschen müssten nun einfach Duschhauben tragen und ihre Haare daruner verstecken. Gesagt, getan, die Regierung verlautbarte die „Duschhaubenpflicht“ – diese sei überall zu tragen, wo ein Mindestabstand (10 Ellbogen) nicht eingehalten werden könne. Die Bürger reagierten auf diesen Erlass nur brühwarm. War es nicht gerade Sommer? Daraufhin drohte der Präsident damit, die Köpfe seiner Untertanen durch den Militärfriseur kahl scheren zu lassen. Nicht aus Bosheit, wie er im TV später seufzend bekundete, sondern aus dem Gefühl der Nächstenliebe. Wollen wir denn nicht alle gemeinsam dieser tödlichen Gefahr trotzen? Und jeder, so hebt er seine Stimme an – und jeder, der sich dieser Pflicht widersetzt, würde einen Unschuldigen auf den Gewissen haben.
Und so trugen die Bürger von Freedonia ihre Duschhauben bis der Impfstoff endlich zur Verfügung stand. So kam es, dass die Geimpften endlich ihre Duschhauben abnehmen und sich als geheilt betrachten durften. Freilich, geplagt von Kopfschmerzen, trockenen Husten und schleimigen Hals – die Nebenwirkungen des Impfstoffes -, feierten sie die Erlösung von dem bösen Übel.
Nur manch Skeptiker bemerkte, dass die Gefährlichkeit von ansteckenden Krankheiten in Relation steht mit der Anzahl und Höhe von Dotierungen für Experten und Forschungsaufträgen. Als Jahre später nämlich die Staatskasse von Freedonia leer war, die Finanzen zerrüttet und die Bevölkerung arbeitsunwillig wurde, stellten die Experten fest, dass es diese gefährliche ansteckende Krankheit namens Köngisschnupfen gar nicht gäbe und alles nur Einbildung gewesen wäre. Um das bankrotte Land zu retten, so die Experten, gäbe es nur eine einzige Möglichkeit: einen Krieg vom Zaun zu brechen. Natürlich geschieht dies nur zum Wohle der Menschheit.
Ein Gedanke zu „Als wir gezwungen wurden, Duschhauben zu tragen #Covid-19“