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Über Trotteln und Trantüten oder Warum dich Facebook depressiv macht und Google+ dich befreit.

»ich brauche geld. o_o ich muss einen bestseller schreiben. oder im lotto gewinnen.«
Statusmeldung von IV.
Facebook
18.Juli 2011 – 00:11

Wählen Sie Ihr soziales Netzwerk mit Bedacht!

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update: K. M. Blank bringt es in ihrem Beitrag auf den springenden Punkt.

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Es ist 6 Uhr 14. Das ist schon recht früh. Eine kreative Unruhe ließ mich nicht länger schlafen. Ein gutes Zeichen. Weil es mir anzeigt, dass gewisse Gedanken notiert gehören. Ob sie wichtig oder nebensächlich sind, steht freilich auf einem anderen Blatt Papier und muss der geneigte Leser für sich entscheiden. Ich schicke freilich die Warnung aus, dass dieser Blog-Beitrag die gesunde Länge bei weitem überschreiten wird. Ich weiß, ich weiß. Das ist nicht gut. Jedenfalls nicht, wenn ich mir wünschen würde, dass die nachfolgenden Zeilen gelesen werden. Aber warum sollte ich mich zurücknehmen? Ist das nicht der große Vorteil dieser virtuellen Bloggerei? Dass ich es niemanden Recht machen muss; dass ich mich nicht nach irgendwelchen Marketing-Vorgaben halten muss. Gewiss, würde ich mich knapp und kurz halten, ich würde mehr Leser ansprechen, mehr Interessierte locken. Aber das sollen die anderen machen. Ich will mir nicht vorwerfen müssen, den einen oder anderen Aspekt unter den Tisch fallen gelassen zu haben, nur weil ich hoffte, drei Leser mehr zu bekommen. Das ist hier ist meine Zeitung – und ich schreibe nicht nur den Artikel, sondern ich entscheide auch darüber, wie lang er sein darf. Punkt.

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Schein und Sein oder Wie Google+ und Facebook den Blick auf das Wesentliche verstellen

google+ profil

Hui. Es geht drunter und drüber. Sagen wir, es ist ein Stürmchen im virtuellen Wasserglas der sozialen Netzwerke. Google sei Dank bekommt man das Gefühl, die Internetz-Gemeinde wacht kurzfristig aus ihrem Dämmerschlaf auf. Sehr schön. Aber was ist geschehen?

If you see a person with an obviously fake name, go to their profile and find the „Report Profile“ link in the bottom of the left column. Report it as a „Fake Profile“. We want Google+ to be place for real people to connect with other real people.  [Andrew ›I build software for Google‹ Bunner – link]

Kurz und bündig: das neue soziale Netzwerk von Google verbietet das Führen von Pseudonymen und stellt klar, Profile, die keinen Klarnamen (also Vor- und Zuname) aufweisen, zu löschen. Ratzeputz. Anfänglich zuckt jeder mit der Schulter. Bis es dann den einen oder anderen erwischt. Es verhält sich plötzlich wie im Fronteinsatz, wenn dein Nebenmann ausgelöscht wird. Für junge und alte Kids, die keine Ahnung haben, was das Leben für hässliche Hürden so bereit hält, ist das natürlich ein Schock. Nebenbei angemerkt lese ich gerade die Tagebuchaufzeichnung Ernst Jüngers und seines kühlen Front-Berichts aus dem 1. Weltkrieg. Da lernt man, zu welcher Barbarei eine auf der höchsten Stufe der Zivilisation stehende Menschheit fähig war und ist. Kostprobe gefällig: »Einige große Blutlachen röteten die Straße und am Pfeiler klebte Hirn. […] Leider sehen wir hier keinen Franzmann, sonst könnten wir auch mal knallen.«

Ja, der Schock sitzt tief, wenn dein Alter Ego, mit dem du dir einen Namen gemacht hast, plötzlich nicht mehr aufrufbar ist. Deine Identität, die du dir so mühsam aufgebaut hast, mit einem Schlag dahin. Jammer o Jammer. Was nun? Genau. Wir jammern. Was bewirkt es? Nichts. So gut wie nichts. Aber gottlob gibt es die Medien, die diese Gräueltat aufgreifen und Google an den Pranger stellen. Siehe da, der eine oder andere – mit Schützenhilfe von Spiegel Online oder anderen großen Kalibern, bekommt seine Pseudo-Identität zurück. Ist das fair, fragen sich wiederum jene, die nicht auf diese Hilfe rechnen können? Ja, hier lernen die Kids ihre zweite Lektion: Jeder hat so viel Recht wie er Macht hat. Das stammt nicht von mir, sondern von einem gewissen Spinoza und zu seiner Zeit, um 1650 herum, herrschte definitiv ein raueres Klima. Wirklich.

Das wirklich Tollste an der ausgelösten Diskussion ist, dass mit einmal die Masken aller Beteiligten fallen – ob sie wollen oder nicht. Endlich blickt man einmal für einen kurzen Moment hinter die Fassade großer Konzerne und kleiner Polit-Schergen, die zwar keine Ahnung haben, worum es geht, aber fröhlich eine Partei ergreifen. Natürlich nicht für den Bürger. Bürger? Den würden Politiker ja am liebsten abschaffen. Die Konzerne haben das ja schon längst gemacht. Für sie gibt es nur noch Konsumenten und Schmarotzer. Punkt.

Man muss Google danken, dass Sie mit ihrem neuen Netzwerk die Zuckerschock-Therapie endlich einmal unterbrochen haben. Und ich sage es jetzt, hier und heute, dass die Zeiten von Facebook vorbei sind. Wer jetzt noch Geld in dieses Unternehmen investiert, nun, der hat sehr viel und braucht es nicht – oder er hat keine Ahnung. Das Faszinierende ist ja, dass ein soziales Netzwerk sein eigener Totengräber ist. Daran denkt eigentlich niemand, wenn es an der Börse notiert und satte Profite einstreicht. Aber wie will ein Netzwerk verhindern, dass die Leutchen dort beschließen, nun zum anderen Netzwerk zu gehen, weil es bunter, hübscher oder offener ist? Es braucht naturgemäß ein zentrales Netzwerk, und ist dieses einmal geschaffen, verschiebt sich die Masse recht leicht von einem zum anderen. Bestes Beispiel ist myspace, das mal das größte Netzwerk im Web war und heute nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Natürlich haben die User dort in ihren Statusmeldungen geschrieben, sie gehen zu Facebook oder StudiVZ (Studiwas?) und haben ihre Links hübsch im Profil gesetzt. Freilich, myspace hätte einen Scan durchführen und die bösen Links löschen können, aber diese Gestapo-Methoden getrauten sie sich dann doch nicht anzuwenden.

Google+ ist das offenere Netzwerk und wird deshalb am Ende die Nase vorne haben. Es sei denn, sie schießen sich noch selber ins Knie, was ich aber nicht für möglich halte. Das offenere und sozialere und damit bessere Netzwerk ist natürlich Diaspora*. Ich bin nicht müde, es zu wiederholen, weil es so selten wiederholt wird. Diaspora* ist das Firefox unter den Browsern oder das Linux unter den Betriebssystemen. Währen sich Mister Gates und Mister Jobs eine Goldene Nase verdienen (und damit das Internetz und die Gesellschaft in ihre gewünschte Richtung lenken können), harren ein paar Unerschrockene dieser Allmacht. Asteriks und Obeliks (wenn Sie den Gag jetzt nicht verstehen, macht nichts) gegen die Römer wäre eine gute Allegorie. Am Zaubertrank wird noch gebraut.

Ja, im Moment ist der kommunikative Goldrausch auf Google+ ausgebrochen. Muss man gesehen haben, um es zu verstehen. Wirklich. Derweil ist das hier nur mal die mediale Vorhut, die sich im Moment breit macht. Man kann sich vorstellen, wenn die Türen zur angesagtesten Party des Jahrzehnts geöffnet werden, was sich da abspielt. Wie gesagt, jeder kann und darf mit jedem. Und ist es dann noch erstaunlich, wenn für Google+ auch noch ein höchst wirksamer Zaubertrank serviert wird? Ja, lange Blog-Beiträge zu lesen lohnt sich – hin und wieder wird man dann doch mit einem Link belohnt, der einem die Augen öffnet. Glauben Sie nicht? Bitte sehr, probieren Sie vom Trank. Ich wette, innerhalb von fünf Minuten sehnen Sie sich, eine Einladung in Google+ zu bekommen. Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt:

www.findpeopleonplus.com

Und? Was sagen Sie? Goldene Zeiten für mediale Kommunikationsgenies. Was das im Klartext heißt? Nun, wenn ein Indie-Autorenverleger-Schlurf aus der Donaumetropole (yah, that’s me, folks) mit der stellvertretenden Chef-Redakteurin einer der größten deutschen Online-Zeitungen ins Gespräch kommt, dann können Sie sich wohl vorstellen, was ich meine, oder? Ich könnte natürlich auch das lustige Gespräch mit der Chef-Fotografin eines Österreichischen Magazins ins Rennen führen, das ich gestern geführt habe, über animierte GIFs in einem ihrer Beiträge und über ihre fotografisch festgehaltene Land-Partie. Ich darf mich rühmen, in ihrem Google+Kreis aufgenommen worden zu sein. Coolio, oder?

Okay. Das war die gute Nachricht. Die schlechte ist, wenn einmal ein Indie-Autorenverleger-Schlurf aus der schnarchigen Donaumetropole mit wichtigen Medien-Leuten einfach so in Gespräch kommt, dann ist die Gacke am Dampfen. Wirklich. Weil es die alteingeführte Beziehungsstruktur auf den Kopf stellt. Frei nach dem Motto: da könnt ja ein jeder kommen. Und das ist natürlich nicht gut. Nicht für eine alteingeführte Beziehungsstruktur (siehe Otto Normalbegräbnis – übrigens, ist Otto von Habsburg eigentlich ein Klarname oder ein Pseudonym? Gut, die Frage hat sich sowieso erübrigt, aber sollten einmal gekrönte Häupter ein Profil anlegen, welchen Namen dürfen oder müssen sie angeben? Gute Frage, nicht?) – Zurück zum Ausgangspunkt. Äh, wie?

Jedes Netzwerk, das von wichtigen Persönlichkeiten frequentiert wird, ist für einen kleinen Schlurf, dem ebenfalls Zutritt gewährt wird, ein Jahrhundertgeschenk. Dieses Geschenk von Gottvater Google (Ist das Blasphemie? Für wen?) dürfen wir nicht ungenutzt verstreichen lassen. Bald wird die Party von Wichtigtuern und lauwarmen Brezel-Beißern bevölkert sein, die du nicht mal zum Frühstück verspeisen möchtest. Ja, die wichtigen Leutchen werden sich dann zunehmend abgrenzen – so lange, bis die alte Ordnung wieder hergestellt ist. Die Schlurfs hoffen dann freilich auf Microsoft (hört man da nicht etwas Rumoren?) oder Diaspora*, dort könnte ein weiterer Hype die bestehenden Beziehungsstrukturen wieder für kurze Zeit auf den Kopf stellen. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Also. Was ist nun das Wesentliche? Ach ja. Die virtuelle Welt mutiert von einer öffentlichen und freien Raumverteilung zu einer kommerzgetriebenen Wohnpolitik. So ähnlich verhält es sich mit den Einkaufszentren am Stadtrand, die riesige Flächen für die Öffentlichkeit bereit stellen. Äh. Nope. Das stimmt leider nicht. Die Flächen werden Konsumenten zur Verfügung gestellt. In den Öffnungszeiten. Punkt. Wer seinen Fuß in eine Mall setzt, akzeptiert deren Hausordnung. Vermumung ist dort vermutlich genausowenig erlaubt, wie eine Versammlung abzuhalten. Als aufgeklärter Bürger sollte man das immer im Auge haben, wenn öffentliche Plätze (für die unsere Väter und Großväter und Urgroßväter geschuftet, vielleicht sogar ihr Blut gelassen haben) an Konzerne verkauft werden. Gerade in Zeiten der Sparpakete ist es ja durchaus üblich, die letzten wichtigen Infrastruktur-Einrichtungen zu versilbern. Das ist gut für den Wettbewerb, sagen dann hirnlose Polit-Zombies. Pardon, das war jetzt vielleicht zu scharfzüngig. Ersetzen wir das Wort Zombie mit, hm, Clowns. Immerhin machen sie sich ja einen Spaß daraus, die Bürger für Dumm zu verkaufen. Zum Lachen ist das leider nicht. Außer man hat noch einen gesunden schwarzen Humor.

Also. Noch einmal zum Mitschreiben: Wenn wir Bürger das Recht auf Öffentlichkeit an Konzerne und Private abtreten, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir uns plötzlich in einem Hochsicherheitstrakt befinden, in der dir eine verf*** Hausordnung vorschreibt, was du tun darfst und was nicht. Und wenn du dagegen verstößt, kommt die Security-Gestapo, teils privatisiert, teils verstaatlicht, und liest dir die Leviten oder zieht dich am Ohr. Aua. Nur nicht aus der Reihe tanzen. Unter Mithilfe großer Mainstream-Medien wird gerne die Richtung vorgegeben. Und mit einmal wird diese verf*** Hausordnung zum Gesetz. Tja. Dumm gelaufen, nicht?

Okay. Zugegeben. Das ist alles nicht übertrieben. Keine Spur. Die Propaganda-Einrichtungen haben es geschafft, in den letzten fünfzig Jahren ordentlich im Kopf der Bürger umzurühren. Plötzlich ist Krieg wieder notwendig und gerecht. Terrorismus wird für alles herangezogen, was man in die Ecke stellen oder los werden will. Freiheit ist mit einmal gefährlich. Sicherheit das oberste Ziel. Kultur vernachlässigbar. Schulden und die horrende Zinsen müssen zurückgezahlt werden, um jeden Preis. Reichtum ist legitim. Absurder Reichtum noch legitimer. Armut ist selbst verschuldet. Wer dumm ist, ist ein guter Konsument. Wer kritisch ist, ist eine Gefahr für die Gesellschaft. Meinungen werden nur akzeptiert, wenn sie politisch korrekt sind. Die Bereitschaft zu diskutieren hört da auf, wo man über Systeme und Wirtschaft und Eigentum (vs. Besitz) offen befinden will. Demokratie wird zu einer Augenauswischerei. Wirtschaft zu einem Pyramidenspiel: Nobelpreisträger Stieglitz spricht von »Ersatz-Kapitalismus« – Profite werden privatisiert und Verluste verstaatlicht (schon mal überlegt, warum gerade in der Griechenland-EU-Krise die Privatbanken ihre Beteiligungen an Nationalbanken wieder an den Staat abtreten möchten?).

Dabei ist das Wort Investmentbanker nur ein Synonym für den Typus Finanzmanager, der uns alle, fast die ganze Welt, in die Scheiße geritten hat und jetzt schon wieder dabei ist, alles wieder genauso zu machen, wie er es bis zum Jahre 2007 gemacht hat. [Helmut Schmidt Zeitonline]

Und jetzt wird über Klarnamen vs. Pseudonym disputiert. Also, ich würde mich freuen, wäre ich ein Politiker oder Elitist. Was Besseres kann einem gar nicht passieren. Es ist, als würde ein Club-Besitzer mit restriktiven Zugangsbeschränkungen bemerken, dass vor dem Lokal heftig diskutiert wird, ob man mit einer Mütze am Kopf eingelassen werden darf oder nicht. Derweil sollte man sich eher fragen, wie jener zu diesem Club gekommen ist, was er damit tut und was er damit auslöst. Ist wirklich das »the winner takes it all«- Prinzip in unseren Genen verankert – oder warum leiten wir nicht gemeinschaftlich den Club? Und was wollen wir mit unserem realen Leben, mit unserer realen Zukunft anfangen? Das billige Erdöl geht zur Neige. Rohstoffe sowieso. Das Klima spielt verrückt – aus welchen Gründen auch immer.  Und Geld hat die Menschheit nicht sozialer oder freundlicher gemacht. Hm. Was sollen wir also wollen? So viele Netzwerke, aber auf diese Frage finden wir keine hinreichend befriedigende Antwort. Ein süßes Katzenfoto, 302481 Mal im Netzwerk ge-teilt, ist jedenfalls nicht die Lösung. Ach so, vermutlich gibt es gar kein Problem. Verstehe.

Gut. Dann versuche ich mal den Blick auf das Wesentliche zu richten. Was wollen wir? Ich will ein Leben führen können, in dem ich nicht gezwungen werde, etwas tun zu müssen, was ich nicht will. Das ist für mich Freiheit. Aber darüber können wir gerne diskutieren. Ob mit Pseudonym oder Klarname, das ist mir herzlichst wurscht.

Die Macht, Inhalte legal zu verbreiten oder: Creative Commons rulez!

Cary Doctorow fotografiert von Jonathan Worth
Ein Statement von Cory Doctorow für Creativ Commons! CC as stated by Jonathan Worth http://www.jonathanworth.com/

Die Macht des frei Zugänglichen und Inhalte legal zu verbreiten. Die Creative Commons Idee hat weite Kreise gezogen. Die Idee ist simpel: mache Inhalte frei verfügbar und lege fest, was der andere damit tun und lassen darf. Ist dein Foto, dein Musik-Stück, dein Video-Clip, dein Text, dein Bild, dein Dingsbumsirgendwas kommerziell für andere nutzbar oder möchtest du es nur für nicht-kommerzielle Verbreitung vorsehen? Darf der andere es bearbeiten? Verändern? Und wenn er es gemacht hat, darf er es dann kommerziell verwenden oder auch nur für nicht-kommerzielle Verbreitung vorsehen? Und wichtig: ist Namensnennung des Urhebers notwendig oder nicht. Alle Details hierzu findet sich auf der Seite

http://creativecommons.org

Dass nicht nur Vollbärtetragende Marxisten-Schlurfs die Idee der legalen Verbreitung gut finden, soll der Profi-Fotograf Jonathan Worth oder die TED-Organisation oder das Isabella Stewart Gardener Museum in Boston, die über 100 klassische Musikstücke eingespielt und für nicht-kommerzielle Nutzung freigegeben haben, unterstreichen. Wer also das nächste Mal einen Podcast einspricht, voilà, hier gibt’s die dazupassende Musik. Übrigens, im Jahr 2010 gab es bereits 400 Millionen CC lizenzierte Werke. Auch nicht schlecht, oder? Und wo habe ich den Link für all das bekommen? DIASPORA* 🙂

Jonathan Worth – MA Photography Course Director at Coventry University hat übrigens einen interessanten Artikel zu diesem Thema im Telegraph geschrieben: How the Power of Open can benefit photographers – und wer sich einen Überblick verschaffen möchte, mit den herausragendsten Beispielen der CC-Gemeinde, dem ist das Buch der CC Organisatoren natürlich ans Herz zu legen – gibt es als hübsches 47seitiges PDF. Natürlich unter einer CC-Lizenz. Also ruhig in die weite Welt verschicken. Du darfst es.

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cover cartoon dschunibert von richard k. breuerÜbrigens, der dschunibert-Cartoon, von mir und dem Dresdner Zeichner Gunther Ecki Eckert, wurde vor vielen Jahren ebenfalls unter einer CC-Lizenz veröffentlicht und erzählt die Mühen der Eigenverlegerei. Der klingende Titel »das dschunibert prinzip – Alles, was Sie schon immer über die Schriftstellerei im Eigenverlag wissen wollten (sich aber nicht getrauten zu Fragen)« ist Programm. An einer Fortsetzung schreibe ich zwar noch nicht, aber ich lebe sie. Wirklich. Demnächst in diesem Theater zu bestaunen. Vielleicht.

14. Juli 2011 und ein Tag für DIASPORA* ganz allein

Diaspora Asteriks 180 PixelAm 14. Juli 1789 stürmte eine aufgebrachte Pariser Menschenmenge das Staatsgefängnis der Bastille. Eigentlich waren sie auf der Suche nach Schießpulver, um ihre erbeuteten Gewehre damit zu laden. Immerhin standen vor den Toren Paris ausländische Söldnertruppen des Königs, die vermutlich nur darauf warteten, die Stadt und ihre Bewohner auf den Kopf zu stellen. Und so wurde an diesem heißen Sommertag Geschichte geschrieben. Die erstürmte Bastille wurde abgerissen, die revolutionären Ideen vorangetrieben.

Heute, 222 Jahre später, habe ich mir gedacht, würde es vielleicht im Sinne der Revolutionäre sein, sich auf einem Web-Platz zu versammeln, das virtuelle Palais Royal, wenn man so will. Diesbezüglich eignet sich das Soziale Netzwerk DIASPORA* natürlich sehr gut – mein erster Aufruf ist hier nachzulesen. DIASPORA* ist nämlich kommerziell (noch) von keinem Konzern vereinnahmt und hat eine dezentrale Architektur. Damit soll ausgeschlossen sein, dass ein einzelner Dienstleister die Daten aller Benutzer in der Hand hält – so wie es ja im Moment bei facebook und Google+ und allen anderen sozialen Netzwerken der Fall ist. Aber wie bei allen guten Ideen, die eine bestehende kommerzielle Einnahmequelle in Frage stellen, bleibt das Momentum aus. Weil es nicht von Geld befeuert wird. Man könnte sich ja fragen, warum Google mit seinem neuen Sozialen Netzwerk in den ersten Tagen mehr mediale Aufmerksamkeit bekommen hat als DIASPORA* in einem Jahr. Die Funktionalität ist in beiden Netzwerken ähnlich – nur der Hype ist ein anderer und Qualität, aber vor allem Quantität machen nun mal ein soziales Netzwerk aus. Punkt.

Deshalb ist es wichtig, hin und wieder einem elitären Establishment zu zeigen, dass es am Ende darauf ankommt, was der User, der Bürger tut. Gäbe es morgen keine Facebook-Nutzer mehr, es wäre die teuerste Software der Menschheitsgeschichte, die floppte – der gegenwärtige Marktwert beläuft sich auf etwa 50 Milliarden US-Dollar. Und wie man bei myspace und studiVZ sieht, kann plötzlich eine große Völkerwanderung einsetzen, von einem Netzwerk zum anderen. Nichts ist im Web2.0 in Stein gemeißelt.

Natürlich wird der heutige Tag nicht mal ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. Es ist ein niedlicher Versuch, dem Underdog DIASPORA* Mut zuzusprechen. Vielleicht auch sich selber. Immerhin heißt es doch, dass wir Menschen alles erreichen können, wenn wir nur fest daran glauben, oder? Und ich werde mir sagen können, später einmal, naja, ich habe versucht, in meinem Umfeld die Leute aufzurütteln. Tja. Aber niemand lässt sich gerne aus einem hübschen bunten Tagtraum wachrütteln. Kein Wunder also, wenn so mancher ungehalten reagiert. Wie dem auch sei, bringen wir den 14. Juli 2011 auf Spur.

Wer also auf DIASPORA* hineinschnuppern möchte, aber noch keine Einladung hat, einfach hier einen Kommentar einstellen und ich schicke einen Invite aus. Oder, noch besser, in seinem sozialen Netzwerk nach einer Einladung fragen. Ich bin sicher, es gibt viele Leutchen da draußen, die sich freuen würden, Einladungen zu verschicken. Und wer sich ein neues soziales Netzwerk nicht antun möchte, nun, der kann wenigstens so freundlich sein, DIASPORA* kurz zu erwähnen. Damit es nicht in Vergessenheit gerät. Und vielleicht, in naher Zukunft wird es doch noch mal so richtig befeuert. Vielleicht, weil Zuckerberg seinen Nickname in Napoleon ändert und das Wort Waterloo aus facebook verbannt wissen will, vielleicht weil Googles Machenschaften mit dem US-Militär aufgedeckt werden. Alles möglich. Nichts unmöglich.

Wir sehen uns im
Palais DIASPORA*

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Google+, facebook, twitter, XING oder: Hört mir jemand zu?

schwarzkopf taschenbuch und ebook
Gibt's noch!

Heute, um 12h45, habe ich auf Google+ den Hinweis gepostet, dass auf amazon gerade noch ein Exemplar von meiner Krimicomedy Schwarzkopf zu haben ist.*) Das ist natürlich eine zweischneidige Sache. Weil es verdächtig nach Schleichwerbung riecht. Oder nach „jetzt will der mir auch noch was andrehen!“. Ich fühle mich ja auch nicht gerade wohl, so eine Message zu posten. Aber es könnte ja jemand da draußen sein, der nur darauf wartet, diese eine Buch abzustauben. De facto verdiene ich an diesem Kauf nichts, weil die Bücher bereits an den Barsortimenter KNV verkauft wurden. Mit anderen Worten, mir wäre (finanziell) viel mehr geholfen, wenn man das Buch über mich bestellen würde. Wirklich.

Aber darum geht es ja eigentlich gar nicht. Primär will ich mit diesem Beitrag all jenen die Augen öffnen, die noch immer meinen, man müsse nur mal etwas über seine Bücher (oder Musik oder Fotos) posten und schwuppdiwupp würden sich die Interessierten einstellen. Nun, dem ist nicht so. Überrascht? Wohl kaum. Und falls doch, naja, dann sind Sie vermutlich noch nicht lange beim Club. Social Media, you know.

Das soziale Medium eröffnet kreativen Menschen ungeahnte Möglichkeiten. Yep. Wir sind in der Lage die ganze Welt zu erreichen. Das muss man sich mal vorstellen! Die ganze Welt auf einen Knopfdruck! Was hätten die klugen Köpfe aus vergangenen Tagen nicht für so ein Wunder gegeben? Wie konnten diese klugen Köpfe auch ahnen, dass sich dann auch selten dumme Vögel und auf sich aufmerksam machende Wiener Indie-Autorenverleger auf diesen sozialen Plattformen herumtreiben, die um Aufmerksamkeit und nur um Aufmerksamkeit gieren? Tja.

Mit Google+ hat das Gezeter und Geschrei neue Ausmaße angenommen. Jeder darf mit jedem herumtun. Und jeder will mit jedem herumtun. Naja. Oder wenigstens so tun als ob. Mit einmal wird das Kommunizieren zu einem Fulltime-Job. Glücklich all jene, die dafür bezahlt werden. Teuflisch für all jene, die meinen, ohne soziale Verknüpfungen nicht mehr auszukommen, aber gleichzeitig ihre realen Schäfchen ins Trockene bringen müssen. Während früher einmal die Geschäfte der freischaffenden Einzelkämpfer im Kaffeehaus abgewickelt wurden (der Oberkellner hielt Papier und Bleistift für die Stammgäste bereit; die Schanis oder Zuträger erledigten Handlanger-Dienste), mit genauen „Dienstzeiten“, ist es heute, als würde man 24/7 im Kaffeehaus sitzen, weil man befürchtet, ein wichtiges Gespräch, eine lebensnotwendige Information oder – wesentlich – den medialen Multiplikator zu versäumen. Und eh man sich versieht, verplaudert man angeregt unaufgeregt seine Zeit. Tja. Dumm gelaufen. Weil es ja noch ein reales Leben gibt, das gestemmt werden muss.

Als ein wunderbar positives Beispiel für die Verwendung der sozialen Medien – in diesem Falle facebook – ist die Autorin und Übersetzerin Zoë Beck, die es auf stolze 1843 Kontakte bringt. Zoë schafft es beinahe täglich Statusmeldungen und Kommentare abzusetzen, die amüsant und aus dem Leben gegriffen sind. Mehr noch, man hat den Eindruck, dass sie etwas von sich preisgibt. Und sie geht im Normalfall auf die Kommentare der anderen ein. Das ist auch nicht gerade selbstverständlich. „Ich könnte vor Nervosität kotzen“, antwortete sie auf meine Frage, wie es ihr so ginge, rund eine Woche vor Erscheinen ihres neuen Krimis. Ja, das wirkt auf mich sehr sympathisch und ist nicht abgehoben oder distanziert. Schön. Aber wie viel Energie und Zeit steckt sie in diesen „Job“, den sie vermutlich gerne macht? Ich werde versuchen, sie zu einem Kommentar zu bewegen. Mal schauen.

Was ich mit dem Beispiel sagen will, ist, dass Social Media für einen noch unbekannteren oder noch nicht von der Masse wahrgenommenen Autor (oder Musiker oder …) nicht einfach zwischendurch erledigt werden kann. Es brauch viel viel Zeit. Viel viel Leidenschaft. Und das Glück, dass man auf die richtigen Leutchen trifft, die bereitwillig mitspielen. Denn ehe man sich versieht, tauchen im Windschatten kreative Trittbrettfahrer auf, die von deinem mühsam zusammengetragenen Publikum mitnaschen wollen. Tja. Wobei, wann ist jemand ein Trittbrettfahrer und wann einfach nur ein freundlicher Zeitgenosse, der plaudern will? Meine Kommentare, die ich hin und wieder bei Zoë Beck mache, könnten natürlich als Trittbrettfahrerei wahrgenommen werden. Schwierig, hier die Grenze zu ziehen.

Conclusio gibt es heute keines. Steht ja schon alles im Beitrag, nicht? Außer, dass es 14:43 ist, und das eine Exemplar Schwarzkopf noch immer auf amazon herumdümpelt.

*) tatsächlich hat es zwei positive Kommentare zu meinem Info-Posting gegeben. Das klingt jetzt natürlich nicht gerade nach viel, ist aber ziemlich, ziemlich gut. Wirklich! Wenn Sie mir nicht glauben wollen, dann probieren Sie’s aus. Sie werden sehen, wie schnell Sie nicht mal ignoriert werden. Und sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.