So! Damit ist also das Wiener Spielefest 2012 auch für dieses Jahr Geschichte. Drei Tage lang habe ich meine Bücher und das Spielemagazin frisch gespielt angepriesen und Interessierten näher gebracht. Dabei wieder bemerkt, dass Rotkäppchen 2069 noch immer ein zugkräftiges Äußeres an den Tag legt. Grund genug, wieder intensiver an Rotkäppchen 2069B zu denken. Schwarzkopf in Wien zu »besingen« scheint mir, als würde ich Eulen nach Athen tragen. Dass der Marketingleiter von Pegasus Spiele zur Wiener Krimicomedy griff, ist verständlich. Als Schwabe schätzt er den Wiener Schmäh dann doch sehr. Dass ein Hofrat der Wiener Polizei zu der Revolutionssaga Tiret und Brouillé tendierte hat nicht mit Humorlosigkeit zu tun, sondern damit, dass dieser ein Geschenk suchte. Na bitte. Mit einem anderen Hofrat (hach, wie schön das klingt, im Wienerischen) lang und breit geplaudert. Gute alte Zeit kann ich da nur sagen. Mit einem CoSim-Trainer über Tabletop-Spiele befunden, die mich schon immer faszinierten – gespielt habe ich bis dato noch keines. Für die Spielefreak-Community gibt es natürlich auch einen Social-Media-Kanal und nennt sich boardgamegeek – beeindruckend, was man da so alles findet. Eine (Spiele)Welt für sich. Da fällt mir ein, dass K., unser Spielehistoriker mit leuchtenden Augen erzählte, dass es »der schwebende Turm« war, der ihm die Welt zum Schach eröffnete. Diesen unsterblichen Spielzug setzte im Jahr 1895 der damalige Meister seines Fachs, der Wiener Wilhelm Steinitz, aufs Schachbrett. Dass Steinitz kein umgänglicher Mensch war, ist eine andere Geschichte. Apropos. Dass Charaktere mit den Namen Steinitz und Tschigorin in Band III Madeleine eine Rolle spielen, mag nach einem Zufall klingen. Ist es freilich nicht.
So. Morgen, Montag, heißt es wieder in konspirative Gedanken abzutauchen und an Con$piracy weiterzuarbeiten. Es wird Zeit.
Dieses Wochenende, wie vielleicht schon bekannt ist, geht wieder das SPIELEFEST im Austria Center über die Bühne. Von Freitag bis Sonntag darf, soll, muss gespielt werden. Wer Herr seiner Zeit ist, für den bietet natürlich der Freitag paradiesische Zustände: viel Sauerstoff, viel Platz, viele Spiele. Am Samstag und vor allem Sonntag kann es schon eng werden, im verwinkelten Konferenzzentrum, das mal Gegenstand eines großen politischen inner- österreichischen Skandals war. Natürlich. Ich wüsste von keinem größeren Bauvorhaben, wo nicht dubiose Zahlungen ausgemacht werden könnten. Aber das ist jetzt ein anderes Thema und gehört jetzt nicht hierher. Am Spielefest werde ich – wie jedes Jahr – am Stand des Spielemagazins frisch gespielt einen guten Eindruck erwecken. Von 9 Uhr bis 19 Uhr. Das geht freilich nur mit gehörigen Portionen Kaffee, die es hoffentlich wieder geben wird. Nebenbei präsentiere ich meine Bücher, allen voran Schwarzkopf. Madeleine ist noch nicht dabei. Die Druckfahne geht heute an die Druckerei; damit sollte das Buch zur BUCH Wien erscheinen. Nope, Stand habe ich dort keinen. Ich werde mich als Privatmann unter das interessierte Volk mischen. Angeblich liegt Lesen im Trend.
Als ich vor vier Jahren den überaus spannungsgeladenen US-Wahlkampf 2008 live (übers Web) mitverfolgte und in den frühen Morgenstunden noch ein paar Zeilen darüber schrieb, da hegte ich eine stille Hoffnung, dass der obamsche Wahlsieg eine neue Stimmung im Land und in der Welt zur Folge haben würde. Tja. Ich würde sagen, sein damaliger Kontrahent John McCain hätte es auch nicht schlimmer vermasseln können, die letzten vier Jahre. Andererseits gilt die geflügelte Phrase «the sky is the limit« (umgekehrtes Vorzeichen beachten!) für alle politischen Machenschaften. Oder im Sinne von Journalist Ralph J. Gleason, der das erste Gesetz amerikanischer Politik nach Watergate postuliert haben soll:
»Egal wie paranoid du bist, was sie [die Politiker] wirklich machen
ist schlimmer als du dir überhaupt vorstellen kannst.«
Wie dem auch sei, ich will den geneigten Leser nicht vor den Kopf stoßen, der den ersten afroamerikanischen US-Präsidenten der Geschichte, der noch dazu eloquent und »let-me-be-clear«-bestimmend auftritt, für einen Wunderknaben hält. Ja, er hätte in der Tat Gelegenheit gehabt, ins Wunderhorn zu blasen und endlich mal aufzuräumen. Statt dessen hatte er die letzten Jahre einfach noch mehr, pardon, Müll & Mist produziert. Der Sauhaufen, wie man so schön sagt, ist angerichtet. In den nächsten vier Jahren, davon können wir ausgehen, wird sich nichts zum Besseren für die Bürger dieser Welt ändern. Period!
Der schrullige Konsulent Gerald Celente bringt es in einem irischen TV-Interview [youtube] sehr gut auf den Punkt. Man mag nicht mit allen Ansichten Celentes übereinstimmen, aber die Aussagen, die er in diesem kurzen Ausschnitt tätigt, treffen den Nagel auf den Kopf: Obama oder Romney? Da bekommt man nur das geringere von zwei Übeln – was am Ende immer noch übel genug ist.
Als Lichtblick könnte man die Harvard-Juristin Elizabeth Warren ins Rennen werfen. Sie konnte gestern einen Senatssitz erobern und dürfte eine(r) der wenigen sein, die noch alle Tassen im Schrank hat, will heißen, noch nicht vollständig von den Geldmächten korrumpiert wurde. Vielleicht nur eine Frage der Zeit, who knows?, aber ihre Aussagen und Vorträge – zB: The Coming Collapse of the Middle Class [youtube] -, die ich bis jetzt gehört habe, zeigen, dass sie das Problem in den oberen Regionen der Kapital- und Geldmächte ortet. Für eine künftige Senatorin ist solch eine Feststellung schon allerhand. Immerhin hat es vor ihr bereits der parteiunabhängige Senats-Querulant Bernie Sanders gewagt, am Floor of the Senate über die (unglaubliche) Einkommensverteilung in den USA zu fabulieren und wer in der Wirschaft zu den Gewinnern und wer zu den Verlieren zählt. [youtube] Dass die Rede medial genauso wahrgenommen wurde wie das Umfallen eines Reissäckchens in China, sagt nichts über Sanders viel aber über die Mainstream-Konzentration aus. Aber das ist ein anderes, überaus trauriges Thema.
Was dürfen wir uns also von Obama im 2. Akt erwarten? Ich schätze, wir werden von allem mehr bekommen. Ich führe das nicht weiter aus. Für jene, die mit leuchtend-gutmenschlich-liberalen Augen durch die rosarote Brille sehen, ist Obama so oder so nicht angreifbar. More to come!
Auf der Frankfurter Buchmesse führte mich der Zufall zur blauen Couch, auf der Bahman Nirumand, ein älterer Exil-Iraner, Platz nehmen und über den gegenwärtigen Israel-Iran-Konflikt erzählen durfte. In einer halben Stunde (Video abrufbar in der ZDFmediathek) erfuhr das Messe-Publikum erstaunliche Fakten – im Besonderen über die Politik Israels gegenüber Palästina und den angrenzenden Staaten, als auch über den MI6/CIA-Putsch, der 1953 den demokratisch gewählten iranischen Präsidenten Mussadegh stürzte. Das sehr offen geführte Gespräch hat mich ziemlich überrascht. Der geneigte Leser sollte nämlich wissen, dass die pro-israelische und pro-amerikanische Lobby weltweit tätig ist und jeglicher Kritik im Mainstream zu begegnen weiß. Es ist müßig hier über das Pro und Contra dieser »jüdisch-amerikanischen Schutzmaßnahme« zu befinden, wichtiger ist vielmehr, dass der gewöhnliche Bürger (historische) Fakten und (propagandistische) Fiktionen zu erkennen und zu trennen versteht. Deshalb ist das neue Buch von Nirumand mit dem sehr einfach gehaltenen Titel Iran Israel Krieg: Der Funke zum Flächenbranddringend zu empfehlen. Der Text ist leicht verständlich und wurde auf etwa 100 Seiten untergebracht, somit ist es gerade für all jene interessant, die sich in kurzer Lesezeit ein einigermaßen objektives Bild dieses anschwellenden Nahost-Konflikts machen wollen.
Ich würde dem interessierten Leser vorschlagen, dass er nach dem ersten Kapitel: »Die Achse Teheran – Tel Aviv« (S. 7 – 11) gleich zum Kapitel »Israel« (Seite 67 – 95) springt, bevor er sich dem längeren Kapitel »Iran« widmet. Das hat Gründe. Zum einen erachte ich die Bestandsaufnahme der israelischen Politik von Nirumand als akkurat recherchiert – er redet Tacheles -, zum anderen ist sie kurzweilig geschrieben und als gewöhnlicher Bürger sollte man aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, was im Mainstream über Israels Politik verschwiegen oder verzerrt dargestellt wird. Die Ansicht des Autors über das iranische »Regime« unter der Führung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad ist freilich nicht objektiv, aber wir dürfen das auch nicht von Nirumand erwarten, ist er doch ein iranischer Dissident im Exil. Aber sehr schön, wie er die Unterscheidung zwischen »Regime«/Regierung und »seinem« Iran und der Bevölkerung macht (generell sollte man immer solch eine Unterscheidung treffen, das gilt auch für demokratische Staaten).
Vor dem Wagenbach Verlag muss man den Hut ziehen. Da braucht es eine gehörige Chuzpe, um so ein Buch zu veröffentlichen, das die Schattenseiten einer israelischen Politik schonungslos auf den Punkt bringt; ja, das ist keine Selbstverständlichkeit, schon gar nicht für einen deutschen Verlag. Und es mag die Ironie der Sache sein, dass gerade besagter Ahmadinedschad, »mediengieriger« Präsident eines »Regimes« (der immerhin in der UN-Versammlung darauf verzichtete, Comics zu zeichnen), vor sechs Jahren im Gespräch mit einer Wochenzeitung aus Hamburg zu einer Feststellung gelangte, die weder von freien Polit-Funktionären noch von unabhängigen Journalisten in Deutschland gedacht werden dürfen:
»Zu sagen, dass wir die Welt, so wie sie ist, akzeptieren sollen, bedeutet, dass die Sieger des Zweiten Weltkriegs noch 1000 Jahre Siegermächte bleiben und dass das deutsche Volk noch 1000 Jahre erniedrigt werden muss. Denken Sie, das ist die richtige Logik?« Gerhard Spörl, Stefan Aust und Dieter Bednarz, „Wir sind entschlossen – Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad über den Holocaust, die Zukunft des Staates Israel, über Fehler Amerikas im Irak und Teherans Anspruch auf Nuklearenergie.“, in: Der Spiegel vom 31.05.2006. http://www.spiegel.de/spiegel/a-418312.html
Zu guter Letzt bleibt vielleicht der Wermutstropfen, dass Nirumand nicht immer richtig liegt und vielleicht auch in die eine oder andere propagandistische Falle des Mainstream getappt ist, zum Beispiel wenn er meint, dass die neuen Kommunikationstools (facebook, E-Mail, twitter, …) im arabischen Frühling eine große Rolle gespielt hätten oder dass er einen »großen Wahlbetrug« nur in einem repressiven iranischen Regime ortet, während in den USA im Jahr 2000 George W. Bush junior unter den wunderlichsten Umständen ins Präsidentenamt gehievt wurde. Überhaupt, wenn ich über Nirumands Darstellung der gegenwärtigen Zustände im Iran lese, werde ich immer wieder an die USA des 21. Jahrhunderts erinnert. Ins Detail möchte ich diesbezüglich nicht gehen, aber es sollte reichen, wenn man daran erinnert wird, dass US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama die Tötung zweier Dissidenten (im amerikanischen Sprachgebrauch: Terroristen) persönlich befohlen hatte, ohne dabei Beweise offen zu legen. Würde ich die Sache zynisch auf die Spitze treiben, würde ich zum Schluss kommen, dass kein populärer Kritiker der Regimes bzw. Regierungen in Israel, Iran und in den USA seines Lebens sicher sein kann. Gut, dass ich noch kein Zyniker geworden bin.
Die Buchmesse in Frankfurt ist also für dieses Jahr wieder Geschichte. Für mich war bereits Freitagabend Schluss. Gottlob. In den drei Messetagen (nur für Fachbesucher) habe ich mir nämlich die Hacken abgelaufen. Mit hängender Zunge bin ich von Halle 8.0 zu Halle 3.0 und wieder zurück. Ich hätte es nicht tun müssen. Natürlich nicht.
Eigentlich hatte ich ja so gar keine rechte Motivation zur Buchmesse zu fahren. Aber die Tickets waren gebucht, die Ankündigungen gemacht, also gab es für mich kein Zurück mehr. Somit musste ich meine intensive Arbeit an Con$piracy zur Seite legen und mich auf den Weg machen. In Frankfurt, auf der Buchmesse, angekommen, wurde ich wieder mit diesem Gefühl konfrontiert, das ich um jeden Preis verhindern wollte. Es ist eine Ohnmacht gegenüber der schieren Publikationsmacht der großen und größten Verlage. Man merkt, das hier viel, sehr viel Geld im Spiel ist. Die Deals, die hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden, können nur erahnt werden. Vordergründig darf jeder mitmachen, ist jeder eingeladen, aber werden schließlich die Zahlen offengelegt, dann dürfen nur noch die »Erwachsenen« aufbleiben, die anderen werden nach Hause und ins Bett geschickt. Manch einer soll am Daumen nuckeln und sich eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen lassen. Darin geht es zumeist um einen Kleinverleger, der einen veritablen Bestseller landet und dadurch zu einem großen Player aufsteigt. Dumm, dass den Kleinen nicht gesagt wird, dass es sich hier um ein Märchen handelt. Andererseits, vielleicht lernt man(n) ja auch mal tatsächlich Goldmarie kennen und steigt in Frau Holles Bett. Oder umgekehrt.
Gut möglich, dass die Wirklichkeit noch viel schlimmer ist. Man stelle sich vor, es gäbe unter den restlichen kleinen und mittleren Verlagen eine Rang- und Hackordnung. Dort, wo es staatliche Förderungen für Verlage gibt (man munkelt, es sei hier, bei uns in Österreich, das glücklich ist und heiratet), muss dieses gegen Eindringlinge und Neulinge verteidigt werden. Das ist eine ganz natürliche Reaktion. Kein hungriges Schwein, pardon, macht für ein anderes freiwillig Platz. Und da haben wir auch schon den Salat und das Dilemma. Weil Subventionen per se eine gute Sache sind, können doch unterstützte Verlage und Zeitungen dem marktwirtschaftlichen Druck besser stand halten. Auf der anderen Seite können Subventionen den Markt gravierend beeinflussen, weil die Produkte, wir nennen sie Bücher oder Zeitungen, gegeneinander konkurrieren. Zwar hört man immer gerne, dass sich Qualität durchsetzt, aber das mag vielleicht auch so ein tolles Märchen sein *nuckel*. Schlussendlich sind es Marketing, PR und Werbung, die Käufer anlocken (Edward Bernays, anyone? link) – und nicht selten spielt auch der Preis eines Produktes eine Rolle. Deshalb müsste sich eigentlich ein aufgeklärtes Bürgertum die Frage stellen, wie mit staatlichen Förderungen (das Geld der Bürger) generell umgegangen werden soll. Wie verteilt man den Kuchen? Durch eine »unabhängige Jury«, die letztendlich bei genauerer Nachforschung so unabhängig nicht sein kann? Durch das »Gießkannenprinzip«, also frei nach dem Motto: Jeder bekommt halt ein bisserl was? Aber ob das am Ende reicht? Da könnte nämlich jeder kommen.
Dass es tatsächlich immer wieder Diskussionen rund um die Kuchenverteilung gibt, dürfte einen Bürger des ehemaligen habsburgischen Kaiserreiches natürlich stolz machen, weil damit bewiesen ist, dass die Monarchie abgedankt und die aufgeklärte Demokratie Einzug gehalten hat. Äh, ja, die Sache hat freilich einen Haken. Diskutiert wird freilich nur über die Höhe der Subventionen, alles andere wird als gegeben abgehakt. Wie gesagt, kein hungriges Schwein, pardon, lässt sich … Der Grund, dass nicht über die Verteilungsgerechtigkeit disputiert wird, hängt freilich damit zusammen, dass die leer ausgehenden Schweine, pardon, kein Geld und damit auch keine Lobby haben. Hätten sie nämlich Geld, hätten sie eine Lobby und würden damit auch subventioniert werden. Das ist eigentlich eine recht verquere Logik, aber sie ist leider überall auf dieser Welt gültig. Global gesehen sieht es nämlich so aus, dass der (unter der Hand) subventionierte US-Mais, der nach Mexiko (dank GATT ohne Zoll-Auflagen) importiert werden kann, die regionalen mexikanischen Kleinbauern der Reihe nach aus dem marktwirtschaftlichen Rennen wirft. Schlussendlich machen die Bauern bankrott, müssen ihre Felder (an US-Konzerne) zwangsversteigern und in Großstädte ziehen, wo sie in den Slums wohnen und um ein paar Cents am Fließband einer Fabrik stehen (die wiederum einem US-Konzern gehört). So läuft das Spielchen. Im Kleinen wie im Großen. Ist das gerecht? Vermutlich nicht, aber das größte oder hinterhältigste Schwein, pardon, bekommt immer noch den größten Brocken ab. So ist das.
Ja, Frankfurt erinnert mich an diese Schweinerei. Unfreiwillig, natürlich. Manchmal, wenn ich mich auf dem Förderband treiben ließ, da fragte ich mich still und leise, woran es wohl liegen mag, dass ich armes Schwein hungrig zu Bett gehen muss.