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Das Erwachen der Leidenschaftlichkeit oder Bildung 2.0

Man sollte die Hoffnung nie aufgeben. Hin und wieder begegnen einem die wunderbarsten Überlegungen, ausgesprochen von Menschen, die sich dem Mainstream widersetzen. Das mag mitunter nicht ungefährlich sein, im Besonderen, wenn es Menschen sind, die im Rampenlicht stehen, sei es in Universitäten, sei es auf Bühnen. Der lange Arm eines – nach außen hin – konservativen Establishments (tatsächlich ist es progressiv, geht es doch den Elitisten vorrangig darum, ihren Einflussbereich auf Kosten der Bürger zu vergrößern), ja, der lange Arm des Establishments reicht weit und macht keine Geschenke. Sagen wir es einmal so.

In der vom ZDF ausgestrahlten TV-Sendung »Precht« spricht Philosoph und Feschak Richard David Precht mit dem Hirnforscher Gerald Hüther über den »Skandal Schule«. Sie gehen der Frage nach, ob lernen dumm macht und streifen dabei so manch gefährliches Terrain. Zwischen den Zeilen kann man sogar Revolutionäres heraushören, so man es möchte. Kurz gesagt, das rund 40-minütige Gespräch ist ein Juwel in der Mainstream-Medien-Landschaft. Dass als Sendeplatz ein nächtlicher Sonntag (23h25) ausgewählt wurde, spricht wohl dafür, dass die TV-Leitung die Brisanz erkannt haben dürfte. Nicht anders der ORF, der konsum- und gesellschaftskritische Dokumentarfilme wie Spurlocks »Supersize me« ebenfalls in die sonntäglichen Nachtstunden verlegt. Aus den müden Augen aus dem Sinn, sozusagen. Über die Fehler der gegenwärtigen Schulbildung machte sich auch Sir Ken Robinson seine amüsanten Gedanken: youtube. Wer sich die ZDF-Sendung ansehen möchte, den verweise ich auf youtube, dort sollte sie zu finden sein, inklusiv einer Vielzahl an Kommentaren, in denen es heißt, es hätte sich schon vieles zum Besseren geändert. Ach, ach.

Da ich gerade Noam Chomsky Medien-Kritik lese, kann man getrost festhalten, dass in einer Demokratie medial genauso gelogen und gebogen wird, wie in einem totalitären System. Der Unterschied mag nur die Art und Weise sein, wie Druck auf die Mitglieder der Gesellschaft ausgeübt wird. Während in einem totalitären System der Einzelne Angst vor dem Polizisten auf der Straße hat, ist es in einem pseudo-demokratischen System die Angst vor dem Polizisten im Kopf. Dahingehend verweise ich auf die Gesprächsrunde mit Prof. Richard Wolff und Prof. David Harvey in der Charlie Rose Show. Die beiden Wissenschaftler erzählen frank und frei, dass in den US-Universitäten eine »Orthodoxie« herrscht, die gewisse Meinungen und Überlegungen nicht erlaubt – im Besonderen, wenn es um das Infragestellen des herrschenden Wirtschaftssystems geht. So viel dazu.

Also gut, wer entfachte den zweiten dreißigjährigen Krieg?

Durch Zufall auf eine interessant klingende russische (!) Dokumentation gestoßen, die sich lang und breit mit Stalin und Hitler in den 1930ern und 1940ern beschäftigt. Ein ehemaliger Mitarbeiter des sowjetischen Geheimdienstes stellt die These auf, dass Stalin drauf und dran war, dem „kapitalistischen Westen“ ein Ende zu bereiten, da der Kommunismus nicht neben dem Kapitalismus existieren konnte. Man mag von den historischen Überlegungen halten, was man will, aber man sollte sie nicht deshalb ohne Prüfung verwerfen, nur weil sie gegenwärtig politisch nicht korrekt ist. Die Geschichtsschreibung muss vor politisch-moralischer Einflussnahme geschützt werden. Tut man es nicht, verzerrt und verdreht man die vergangenen Ereignisse bis zur Unkenntlichkeit und schafft damit Raum für wahnwitzige Gedankenspiele. Gewiss, die Historie zeigt, dass Siegermächte immer in der Lage waren, eine Zeit lang die Geschichtsschreibung zu beeinflussen. Aber wenn deren Macht erlischt, sind es wieder andere Sieger, die das Vergangene neu bewerten.

»Wir kontrollieren [in Deutschland, Juli 1946] nun 37 Zeitungen, 6 Radiostationen, 314 Lichtspielhäuser, 101 Magazine, 237 Buchverlage, 7 384 Buchhändler und Buchdrucker, und führen rund 15 Meinungs- umfragen pro Monat durch, weiters geben wir eine Zeitung mit einer Auflage von 1 500 000 und 3 Magazine heraus, wir führen die Associated Press of Germany (DANA) und leiten 20 zentrale Bücherein. Die Unternehmung ist enorm.«

Major General Robert McClure – Vater der psychologischen Kriegesführung der USA – an seinen Freund und Vizepräsidenten der Mediengruppe Time-Life Inc. C. D. Jackson.

Das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit, heißt es nicht umsonst und das sollten wir nie außer Acht lassen. Übrigens war es Churchill, der die Zeit von 1914 – 1945 als Zweiten Dreißigjährigen Krieg bezeichnete. Wenn man weiß, was der erste Dreißigjährige Krieg mit Europa (und Deutschland im Speziellen) angestellt hat, ist es eine recht merk-würdige Feststellung.

Bedenklich wird es, wenn Verlage Texte berühmter Dichter und Denker im Nachhinein „politisch korrekt glätten“, ohne diese Glättung zu vermerken (Selbstzensur). Weiters muss es jedermann erlaubt sein, historische Ereignisse zu untersuchen und die Ergebnisse wertfrei zur Diskussion zu stellen. Siehe dazu Hannes Hofbauers Buch Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung. Rechtsprechung als politisches Instrument, erschienen im Promedia Verlag, 2011. Wie es sein kann, dass heutzutage Lobby- und Wähler-Gruppen „Gesetze machen“, um unliebsame Fragestellungen zu vergangenen Ereignissen per Verordnung zu verhindern, ist mir schleierhaft. Weil dieses Vorgehen nichts mehr mit Demokratie zu tun hat. Wenn das Establishment der Meinung ist, dass das Volk zu leicht zu manipulieren ist und man es deshalb vor falschen Wahrheiten schützen muss, dann kann ich nur sagen, dass etwas im Bildungssystem falsch läuft.

Ich wage einfach die These aufzustellen, dass es einer Elite nicht darum geht, kritische Bürger zu formen, sondern vielmehr das Gegenteil. Damit ist die Masse leichter manipulierbar, wenn es um Werbung und PR geht. Aus dem rebellischen Bürger wird ein angepasster Konsument. Und darum geht es ja, nicht?