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Dürfen wir Fleisch noch essen? Zwei Studien und eine Richtlinie geben die Antwort.

Wenn ich mit X. einen ausgedehnten Spaziergang mache, irgendwo im Süden Wiens, kommen wir immer wieder auf das Thema Ernährung zurück. Während sie ihren Fleischkonsum stärker einschränken und vermehrt auf pflanzliche Nahrung setzen möchte, ist es bei mir umgekehrt. Die Frage, die sich nun stellt, ist, welche Herangehensweise ist die richtige. Beide zitieren wir Studien bzw. Medienberichte, in denen Studien genannt werden, beide sind wir überzeugt, den richtigen, sozusagen gesünderen Ernährungsansatz gefunden zu haben. Kurz, wir drehen uns im Kreis, werfen mit Verdächtigungen und Anschuldigungen um uns und befürchten, der andere könne seine zukünftige Gesundheit aufs Spiel setzen.

Zucker vs. Tierfett

Ich möchte nicht behaupten, dass in der Frage der Ernährung das letzte Wort überhaupt gesprochen werden kann, vielmehr stehen wir gesellschaftlich am Anfang einer weiteren Grundsatzdiskussion, die ernsthaft in den 1970er Jahren (in den USA) ihren Anfang nahm, als (staatliche!) Gesundheitsorganisationen tierischem Fett die Schuld an allerlei Krankheiten gab. Auf diese Weise konnte die Industrie das teure Tierfett gegen billigen Zucker (corn syrup) austauschen, sowie industrielle Abfallprodukte (Schmiermittel Pflanzenöl) als „gesund“ vermarkten. Konzernmanager und Aktionäre rieben sich erfreut die Hände, während die Fälle schwerer Zivilisationskrankheiten (z.B. Diabetes II, Fettleibigkeit) sowie Herzerkrankungen Jahr um Jahr zunahmen. Finden Sie es nicht ebenfalls merkwürdig, dass die in den 1970er Jahren empfohlene „gesunde“ Ernährungsweise (weniger tierisches Fett, mehr Kohlenhydrate) genau das Gegenteil erreicht hat? Das westliche Gesundheitssystem steht nach 50 Jahren am Rande eines Kollaps. Aber niemand scheint dafür verantwortlich zu sein.

Das Dilemma all dieser Diskussionen rund um die „richtige“ Ernährung ist der Umstand, dass sich jeder Interessierte eine Studie bzw. Expertenmeinung herauspicken kann, die seine Vorstellung von einer richtigen Ernährung bestätigt. Nichtsdestotrotz möchte ich in diesem Beitrag zwei wissenschaftlichen Arbeiten anführen, die zeigen, dass der Konsum von Fleisch keine relevanten gesundheitsschädlichen Auswirkungen hat und die medial-politische Panikmache („Fleisch verursacht Krebs“) völlig überzogen ist. Schließlich verweise ich auf eine klinische Richtlinie, die sich in erster Linie an die Ärzteschaft richtet und eine Reduzierung von Kohlenhydraten als therapeutische Maßnahme empfiehlt.

Im Wissenschaftsjournal Critical Reviews in Food Science and Nutrition gingen die Professoren F. Leroy (Universität Brüssel) und N. Cofnas (Universität Oxford) der Frage nach, ob Ernährungsrichtlinien einen geringe(ere)n Fleischkonsum empfehlen sollten:

Should dietary guidelines recommend low red meat intake?

Im abstract heißt es: „Die gegenwärtigen Ernährungsempfehlungen raten der Bevölkerung dazu, aus Gesundheitsgründen sowie Umweltaspekten, ihren Konsum von rotem Fleisch zu minimieren. Erst kürzlich veröffentlichte die EAT-Lancet Kommission einen großen Bericht, der eine weltweite Ernährung empfahl, die hauptsächlich aus Pflanzen bestehen und nur eine sehr geringe Konsumation von rotem Fleisch (14 g pro Tag) beinhalten sollte. Wir argumentieren, dass die Behauptungen bezüglich der gesundheitlichen Gefahren von rotem Fleisch nicht nur unwahrscheinlich sind – im Licht unserer evolutionären Geschichte betrachtet -, sondern auch, dass die wissenschaftlichen Beweise weit davon entfernt sind, dies klar und deutlich zu bestätigen.“ [meine Übersetzung]

In der Zusammenfassung heißt es: „Wir behaupten, dass ein großer Teil der Fälle gegen Fleisch(konsumation) auf Basis von speziell herausgepickten (cherry-picked) Beweisen und qualitativ minderwertigen (low quality) Beobachtungsstudien entstanden sind. Die kühne Behauptung, dass rotes Fleisch ‚ungesunde Nahrung‘ (unhealthy food) sei, ist völlig (wildly) unbegründet.“

Ein wissenschaftliches Konsortium stellte sich ebenfalls die Frage, welche Rolle der Fleischkonsum in den Ernährungsrichtlinien spielen sollte und veröffentlichte vor kurzem seinen Bericht, der sogar der New York Times einen Artikel wert war: Eat Less Red Meat, Scientists Said. Now Some Believe That Was Bad Advice. Natürlich kommt hier die Gegenseite ebenfalls zu Wort. Hier nun der Link zum Bericht:

Unprocessed Red Meat and Processed Meat Consumption: Dietary Guideline Recommendations From the Nutritional Recommendations (NutriRECS) Consortium

Wie bereits in der vorigen wissenschaftlichen Publikation kommt das Konsortium ebenfalls zum Schluss, dass es keine starken Beweise gibt, die zeigen würden, dass der Konsum von Fleisch gesundheitsschädlich sei. Nebenbei stellt das Konsortium Ernährungsstudien generell in Frage, da diese entweder nicht realisierbar (klinische Blindstudien über einen langen Zeitraum) oder unzureichend (empirische Beobachtungsstudien) sind.

Während also Fleisch- sowie Zuckerkonsum in den Medien und in der Medizin immer wieder hinterfragt werden, bleiben die Kohlenhydrate (kurz: carbs) unbehelligt. Manche Experten sehen aber gerade in der übermäßigen Zuführung von Kohlenhydraten in der Ernährung eine bestimmende Ursache vieler Zivilisationskrankheiten. Die Vereinigung Low Carb USA hat nun eine Richtlinie für die Ärzteschaft (in mehreren Sprachen) publiziert, die von etwa 45 Ärzten und Wissenschaftler unterstützt wird, darunter auch jene, die sich für Low Carb über viele Jahre eingesetzt haben und dabei einem starken Gegenwind ausgesetzt waren: Tim Noaks, Garry Fettke, Georgia Ede …

Klinische Richtlinien für die therapeutische Kohlenhydratrestriktion

In Punkt 5.2. heißt es: „Eine kohlenhydratarme Ernährung ermöglicht die Aufnahme natürlicher Fette zur Sättigung. Dazu gehören alle Nicht-Transfette wie Olivenöl, Kokosnussöl, Avocado-Öl, Vollmilchprodukte und Butter, sowie die Fette, die von Natur aus in Vollwertproteinquellen enthalten sind. Die Kohlenhydratrestriktion schränkt die Aufnahme von Getreide (Reis, Weizen, Mais, Hafer) und Getreideprodukten (Getreide, Brot, Kekse, Haferflocken, Nudeln, Cracker), gesüßte Milchprodukte (Fruchtjoghurt, aromatisierte Milchprodukte) und gesüßte Desserts (Gelatine,Pudding, Kuchen) stark ein. Geringe Mengen von stärkehaltigem Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst können in einer wenigen restriktiven Kohlenhydratreduktion verwendet werden, wenn die Mengen innerhalb der täglichen Kohlenhydrataufnahme liegen. Nicht stärkehaltiges Gemüse, Samen und Nüsse werden in Verbindung mit oder anstelle von Obst als Quelle für lösliche und unlösliche Ballaststoffe und Mikronährstoffe empfohlen.“

Ist damit alles gesagt?

Natürlich nicht. Nur ein weiterer Tropfen in den Weiten des Meinungsmeeres.

Ernährungsumstellung – ein Jahr danach

Ein Jahr ist es jetzt her, dass ich meine Ernährung umstellte und damit einen neuen Blick auf meine bisherigen Essgewohnheiten werfen konnte: Ich ernährte mich „ausgewogen“, vermied Fertigprodukte, aß wenig Fleisch und Fett, verzichtete auf Zuckerzugaben, kochte in meiner Freizeit immer wieder Pasta, und hatte Äpfel und vor allem Getreideprodukte im Schrank. Süßes war seit meiner Jugend Balsam auf der geknechteten Seele. Die Kaffeejause, am Vormittag und am Nachmittag – zumeist Weißmehlgebäck mit Butter und Marmelade/Honig – war Teil meines Alltagslebens geworden.

Als ich vor vielen Jahren aus Neugier eine Ernährungsberaterin aufsuchte und ihr eine Auflistung meines Speiseplans gab, versuchte sie mich von diesen süßen Extravaganzen abzubringen. Sie versuchte mich auf den richtigen Weg zu führen, aber Körper und Geist konnten/wollten auf die süßen Pausen nicht verzichten. Ich verband damit eine wohlige Entspannung und besänftigte nebenbei ein aufkommendes Hungergefühl. Man gönnt sich ja sonst nichts, sagte ich mir und biss genüsslich in die Marmeladesemmel. Nebenbei bemerkt, kommt es nur mir so vor oder werden die in den Filialen aufgebackenen Semmeln bereits nach wenigen Stunden zäh?

Heute ist mir klar, dass ich in einer Abhängigkeit steckte. Zucker, wie jeder wissen sollte, macht süchtig und die Einnahme befeuert die gleichen Gehirnregionen wie Kokain. Davon loszukommen wäre für mich ohne Ernährungsumstellung kaum möglich gewesen. Besteht die Nahrung hauptsächlich aus Kohlehydraten, bekommt der Körper nicht die nötigen Nährstoffe, die er benötigt. Zucker ist bekanntlich nur eine Kohlehydratform und unser Organismus unterscheidet nicht zwischen Würfelzucker und Semmel, für ihn sind beides Kohlehydrate.

Kurz und gut, im September 2018, also vor einem Jahr, gab es einen Heureka-Moment und ich begann mich mit der Ernährung im Detail zu beschäftigen. Schon bald stellte ich fest, dass auch bei diesem so grundlegenden Thema Vieles im Argen und Verborgenen liegt und die Gesellschaft genauso wie der Einzelne mit althergebrachten Theorien beeinflusst, vielleicht sogar manipuliert wird. Meine Reise in die Abgründe der „Ernährungswissenschaften“ habe ich in mehreren Blogbeiträgen festgehalten.

Der neueste Schrei ist die Nahrungsaufnahme mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen. Über diese angeblich von Menschen verursachte Klimaerwärmung gäbe es eine Menge zu sagen, aber nur so viel, dass die Beweislage nicht eindeutig ist und es eine Vielzahl von Wissenschaftler gibt, die sich getrauen, mit Fakten gegen den Strom zu schwimmen. Es kommt nicht von ungefähr, dass gerade der (von reichen Familien wie die Rockefellers gegründete) Thinktank Club of Rome bereits in den 1960er Jahren auf die Gefahren einer Überbevölkerung und deren Auswirkungen auf die Umwelt aufmerksam machte. Eine zukünftige Rohstoffknappheit **) wurde in den politischen Fokus gerückt.

Heutzutage werden bereits die Weichen für eine fleischlose Zukunft gestellt. Als Ersatz sieht Politik und Industrie biochemische Abfallprodukte vor, die billig in der Herstellung und (wichtig für den Einzelhandel) lange haltbar sind. Ähnlich verhielt und verhält es sich ja mit Margarine und dem „gesunden“ Pflanzenöl (eigentlich sind es ja die Kerne, die zu einer öligen Substanz gepresst und mit viel Chemie stabil gemacht werden). Nach dem man die Öle als Schmiermittel in den Fabriken eingesetzt hatte, wurden sie später als „gesunde“ Alternative zu herkömmlichen Fett angepriesen. Wer es genauer wissen möchte, den verweise ich auf die US-Journalistin Nina Teicholz, die in ihrem Buch The Big Fat Surprise: Why Butter, Meat and Cheese Belong in a Healthy Diet darüber erzählt. Auf youtube können Sie eine Reihe von Vorträgen und Interviews sehen.

Vor einem Jahr reduzierte ich also die Einnahme von Kohlehydraten (unser Körper würde auch ohne gut auskommen) und aß mehr (tierisches) Fett und Fleisch – wenn möglich – vom Bauernmarkt. Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass mein Heißhunger auf Süßes nicht mehr so stark ausgeprägt war wie zuvor. Auch konnte ich beim neuen Trend Intervallfasten ohne Probleme mitmachen. So gibt es Tage, in denen ich erst nach 16 Stunden oder später wieder zum Esstisch gehe. Gegenwärtig besteht mein Frühstück aus einem Espresso mit Schlagobers – früher einmal wäre das unvorstellbar gewesen, da ich bereits am Morgen mit knurrendem Magen aufgewacht bin und nach fester Nahrung gierte, obwohl ich am Vorabend ausreichend gegessen hatte.

Hin und wieder kommt es vor, dass ich nur eine Mahlzeit am Tag zu mir nehme. Es ist nicht so, dass ich darauf abziele, es geschieht einfach. Abends esse ich für gewöhnlich so gut wie nichts. Habe ich Rohmilch im Kühlschrank, wärme ich diese und gebe noch ein wenig Rohmilchbutter dazu. Im Winter kann es schon mal vorkommen, dass ein bisschen Honig hinzugefügt wird. Von pasteurisierter Milch halte ich nichts. Ob die im Handel erhältliche Rohmilch tatsächlich unbehandelt ist, habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können.

Von den Carbs, also Kohlehydraten, loszukommen, ist ein langwieriger Prozess und es gibt noch immer Phasen, in denen ich Getreideprodukte nicht ausweichen kann bzw. will. Vor allem beim auswärtigen Essen tue ich mir manchmal schwer, das Richtige zu finden. Und manches Mal ist der gesellschaftliche Druck so hoch, dass ich versuche, am Esstisch mit meinen Extravaganzen nicht aufzufallen. Wer nämlich auf kohlehydrathältige Hauptspeisen oder Beilagen verzichtet, wird verdächtigt, einer schwachsinnigen Esoterik-Diät zu folgen, die nie und nimmer gesund sein kann.

Ein wunderbarer Nebeneffekt meiner Umstellung ist die Bereitschaft, selbst Hand an Pfannen und Töpfe zu legen. Mit dem Kochen hatte ich früher nichts am Hut. Es interessierte mich einfach nicht. Aber vor einem Jahr bemerkte ich, wie einfach das Ganze sein kann. Es ging nicht mehr um komplizierte Kochvorgänge, die viel Erfahrung benötigen, sondern in erster Linie darum, qualitativ hochwertige Nahrungsmittel zu bekommen. Ein gutes Stück Fleisch* oder Fisch in die Pfanne zu hauen ist keine Hexerei. Als „Beilage“ kommt alles auf den Tisch, was der Kühlschrank so hergibt: Eier, Käse, Joghurt, Gurken, Sauerkraut, Speck, Rohmilchbutter, usw. Danach der obligate Kaffee mit Schlagobers – hin und wieder, wenn der Himmel voller Wolken oder Geigen hängt, ein frisch gebackenes Acma (türkisches Hefe-Croissant) mit Butter, Schinken und Käse oder einen (im Meer gefangenen) geräucherten Lachs.

Ein Jahr habe ich nun mit dieser Form der Ernährung zugebracht und bin soweit zufrieden. Ist es der letzten Weisheit Schluss? Natürlich nicht. Unser Organismus ist so komplex, dass der Mensch wohl niemals alle biochemischen Mechanismen, die da am Werk sind, verstehen wird können. Was bleibt ist der Selbstversuch. Es gilt auszuprobieren, was dir gut tut und was nicht. Noch kannst du wählen. Als wähle – und lass dich nicht vom Gerede verrückt machen.

***

*) Falls Sie der Meinung sind, (rotes) Fleisch sei schlecht für die Gesundheit, dann verweise ich auf das aktuelle wissenschaftliche Paper Should dietary guidelines recommend low red meat intake? von den Professoren Frédéric Leroy und Nathan Cofnas, publiziert im Magazin Critical Reviews in Food Science and Nutrition, vom 5.9.2019. Darin wird festgestellt, dass es in den verschiedenen Studien keine Beweise gibt, die belegen würden, dass (rotes) Fleisch die Lebenserwartung verringert. Des Weiteren kritisieren die Autoren Institutionen (beispielsweise WHO), die trotz einer unzureichenden Beweislage Diätrichtlinien vorschlagen, in denen Fleischverzicht empfohlen wird. Es scheint, für mich jedenfalls, als fußen diese Diätrichtlinien politischen bzw. industriellen Vorgaben.

Der Tag, an dem ich zwei Unterhosen trug – Die Story eines glatten Durchfalls

Ehrlich gesagt, es ist schon eine ganze Weile her, seit ich das letzte Mal die – man verzeihe mir das derbe Wort, aber so nennen wir das Ungemach in meiner Familie – „Scheißerei“ hatte. Um Mitternacht, kurz vor dem zu Bett gehen, gurgelte der Magen auf eine Weise, wie ich es sonst nicht kenne und zwang mich auf die porzellanene Leibschüssel (merkwürdig, dass der Duden das Wort nicht auflistet). Eine explosionsartige Darmentleerung war die Folge. Schlapperlot, das ist nicht gut, dachte ich mir, während mir der Gestank den Atem raubte. Dabei hatte ich die letzten Wochen einen ziemlich guten Stuhlgang-Rhythmus entwickelt, der mir anzeigte, dass ich am besten Wege bin, meine Darmträgheit, die ich seit jeher mit mir herumgeschleppt habe, zu verlieren.

Seit meiner Ernährungsumstellung – auch schon fünf Monate her – hat sich meine Darmentleerung in allen Punkten verbessert. Keine industriell hergestellten Nahrungsmittel (processed food), wenig Kohlehydrate (da vor allem weiße Mehlprodukte und Zuckerhältiges), ausreichend tierische Produkte von guter Qualität, so gut wie keine Ballaststoffe und viel (tierisches) Fett hatten dahingehend einen vollen Erfolg erzielt. In „Fachkreisen“ nennt man diese Form der Ernährung low carb, high fat bzw., wenn man es sehr genau nimmt, ketogenic diet (ketogene Ernährung). Ich habe darüber bereits ausführlich geplaudert (siehe hier) und möchte mich an dieser Stelle nicht wiederholen, kommen wir also zurück zum Punkt.

Die morgendliche Vorstellung am nächsten Tag war ebenfalls ein glatter Durchfall, was mich ziemlich nervös machte. Weil ich mich nicht krank fühlte. Mein Kopf war sonderbar klar und auch sonst war kein Unwohlsein zu bemerken. Generell spüre ich eine Krankheit bzw. ein Unwohlsein zuallererst im Kopf, der sich dumpf und schwer anfühlt und für gewöhnlich schmerzt. Doch diesmal musste ich bei vollem Bewusstsein diese Magen-Darm-Tragödie (vier Akte) miterleben.

Tja. Da saß ich nun und dachte nach. Es galt, das Leck zu stopfen und meine sonst so freundlichen Gastarbeiterbakterien im Darm zu besänftigen. Ein wenig hatte ich ja das Gefühl, dass diese die Arbeit vollständig eingestellt hätten – vielleicht hat es diese auch dahingerafft. Zack. Prack. Vorbei.

Und so besorgte ich mir Zwieback, kochte mir eine kümmelige Einbrennsuppe (eine Einbrenn nennt sich in Germania Mehlschwitze – was ziemlich ekelhaft klingt), trank Kamillen- und später Fencheltee und aß dazu Beinschinkenbrote. Machte mir Ei im Glas (gar nicht einfach, so ein weiches Ei in ein Glas zu bugsieren) und versuchte, den Organismus zu entspannen.

Gottlob hat sich nach drei Tagen Besserung eingestellt. Aber in dieser Zeitspanne musste ich am eigenen Leib feststellen, wie sich ein nicht funktionierender Darm anfühlt. Die Befürchtung, Nahrung zu sich zu nehmen und diese recht schnell wieder zu verlieren, nagte bedenklich am Selbstbewusstsein. Die Angst, nur noch „stopfende“ Nahrung zu sich nehmen zu können, ließ mich verwelken. Als ich am Samstag Morgen den Bauernmarkt am Naschmarkt aufsuchte, wie jede Woche, und vor der Fleischvitrine stand, streiften meine wehmütigen Augen all die sonst so von mir so hoch geschätzten Stücke, wie Kalbsleber, Lungenbraten, Rinds- und Lammfaschiertes usw. Statt dessen nahm ich einen mageren Kochschinken, Eier (Huhn und Ente!) und – man höre und staune – eine halben Striezel, gebacken von der Oma der Landwirtsfamilie. Und, ich wage es gar nicht laut zu schreiben, aber dieser (süße) Striezel hat zusammen mit einem schwarzen Tee meine Laune in ungeahnte Höhen gezuckert. Der Zwieback ging mir bereits gehörig auf die Nerven und – wie man hier bei uns in Wien sagt – „staubte mir aus den Ohren“.

Und über den Umweg des Striezels fand ich bei meiner türkischen Bäckerei die ungesüßte Variante mit Namen Acma. Blöd. Jetzt hab ich gegoogelt, woraus dieses türkische Gebäck hergestellt wird. Sollte da tatsächlich Pflanzenöl und Margarine verwendet werden, wäre das nicht gut, gar nicht gut, überhaupt nicht gut.

Wie dem auch sei. Während ich mich also ernährungstechnisch einschränken musste, dachte ich über das eine, das andere nach. Vielleicht haben Kohlehydrate aus Weißmehl, seien sie süß, seien sie salzig, ihre (kurzfristige) Notwendigkeit. Sehen Sie, Kohlehydrate (Zucker) liefern für den Organismus am schnellsten Energie. Im Gegensatz zu Fett und Proteinen ist aber die Energie schnell verbraucht – weshalb schon nach kurzer Zeit wieder der Hunger einsetzt und man gezwungen ist, zu essen (oder zu hungern). In einem geschwächten Zustand kann es also von Vorteil sein, dass auf schnellstem und einfachstem Wege dem Organismus Energie zugeführt wird. Vorausgesetzt, man verabreicht in späterer Folge das notwendige „Reparaturmaterial“ in Form von Proteinen (z. B. Kochschinken, Eier). Fett ist bei alledem so eine Sache. In Omas Kochbuch aus den 1930er Jahren wird beispielsweise bei Durchfall davon abgeraten fette Speisen zu sich zu nehmen und Rohmilch zu verzehren – dafür können Einbrennsuppe, Zwieback (gebähtes Brot) und Teigwaren gereicht werden.

Übrigens, wenn Sie Dr. google fragen, was man bei Durchfall essen soll, so erfährt man das Folgende:

Zwieback, geriebene Äpfel, pürierte Bananen, Reis, Kartoffeln, Karottensuppe

Finden Sie das jetzt nicht merkwürdig? Die obigen Lebensmittel sind demnach stopfend. Falls Sie also an einem trägen Darm leiden und sich mit getoastetem Brot, Reis, Kartoffeln und Obst/Gemüse „gesund“ ernähren, sozusagen viele Ballaststoffe zu sich nehmen, dann mag einer der Gründe dafür schon gefunden sein.

Die letzten Tage haben mir jedenfalls vor Augen geführt, dass wir ohne unsere Gäste nur eine leere Hülle sind. Mikrobiom oder Darmflora, wie immer man auch das Ganze nennen mag, es sind all die Bakterien, Pilze, Parasiten und Viren, die bei der Verdauung den Ton angeben und entscheiden, wohin die Reise geht. Das Mitochondrium, das Kraftwerk in jeder Zelle, das Kohlehydrate bzw. Fett in Energie umwandelt, ist eine Mischung aus Bakterium und Virus und eines der (nur im Ansatz erforschten) Wunder unseres Körpers. Nebenbei bemerkt sind unsere Zellen mit einer Art von „Glasfaser“ verbunden und kommunizieren fröhlich vor sich hin. Wenn mir jemand sagt, Medizin und Wissenschaft hätten unseren Körper vollständig erforscht, kann ich nur leise seufzen. Geht es um offizielle Ernährungsempfehlungen, scheint mir hier eine Agenda am Werk, die nichts Gutes für die Menschheit im Sinne hat. Dazu muss man sich nur die gerade veröffentlichten Ernährungsrichtlinien der EAT-Lancet Commission anschauen, die momentan in den Medien die Runde macht und (wieder einmal) tierische Fette in die Ecke stellt – während sie kein Problem mit „pflanzlichen“ hat. Und rotes Fleisch ist scheinbar ein rotes Tuch für diese Leute. Es wird nicht lange dauern, so ist zu befürchten, dass die Regierungen diesen Report als Basis für neue „Gesundheitsempfehlungen“ und Gesetze heranziehen werden. Schlag nach bei Kanada.

Ich denke, ich habe fürs Erste genug gesagt. Jetzt werde ich mir mal etwas in die Pfanne hauen. Huh. Ich hoffe, es mundet meinen Gästen und die Vorstellung endet mit tosendem Applaus.