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Was ist Google+ bitteschön? Erste handfeste Gedanken zur Konkurrenz von facebook!

So sieht es aus, die neue soziale Ordnung!

Gestern von Heike Schmidt (UTB Verlag) einen Invite zum neuen sozialen Netzwerk von Google bekommen. Hui. Da ist es ja kurzzeitig drunter und drüber gegangen. Ja, so ist das mit (künstlich herbeigeführten) Beschränkungen: jeder möchte eingeladen werden (gestern schrieb ich über die Analogie zwischen Social Media und einer Party – und voilà, schon gibt’s die nächste steile Fete und plötzlich brauchst du ne Einladung, um dabei zu sein). Warum will jeder eingeladen werden? Ein soziales Netzwerk ist ja de facto nur eine Hülle, anaolg der Party-Location. Die kann vielleicht so toll sein, dass es dir die Schuhe auszieht, aber nach einer kleinen Weile wirst du dich umsehen und nach bekannten oder interessanten Gesichtern Ausschau halten. Und wenn sie nicht da sind, tja, dann kann es noch so funkeln und glühen, du gehst zur nächsten Fete. Dort, wo ordentlich etwas los ist.

Gestern haben sich also viele der üblichen Verdächtigen in meinen Kreisen bewegt. In der Tat gibt es in Google+ die Möglichkeit, seine Beziehungen in Listen oder Kreisen anzuordnen. So könnte man einen Kreis mit seinen Fußball-Spezis machen und etwaige Beiträge nur für sie freischalten (man will ja keinen Platz- respektive Profilsturm aufgebrachter Fans auslösen). Das ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Klar. Damit muss man erst lernen, umzugehen. Überhaupt ist ja jedes neue Tool, jedes neue soziale Netzwerk eine stetige Herausforderung an Körper und Geist. Kommt nicht von ungefähr, wenn es heißt, dass man ein Leben lang lernen müsse.

Ich habe also gestern ein paar Stunden mit Google+ zugebracht. Viel kann ich jetzt noch nicht sagen. Tja. Da gibt es wohl andere, bessere Beiträge, die ins Detail gehen und jeden Button zerlegen. Zum Beispiel jener von Felix Disselhoff. Er spricht in seinem Artikel davon, dass Google+ das „sozialere Social Network“ ist. Gut. Dann machen wir die Probe aufs Exempel und „befreunden“ uns mit Felix. Nope. Ich kenn ihn nicht. Er kennt mich nicht. So. Schon zu einem neuen Kreis hinzugefügt: Medienleute. Zugegben, wenn man nicht aufpasst, hat man dann hundert Circles und ist so verwirrt, wer wo in welchem hinzugefügt wurde – oder eben nicht, dass man am Ende vermutlich sowieso wieder alles freischaltet. Tja. Das ist ja das Problem mit diesen komplexen sozialen Netzwerken. Es braucht Zeit und Muße, um sich zurechtzufinden. Und natürlich den Willen. Tatsächlich ist ja das Beziehungsgeflecht eines Menschen eine Anhäufung chaotischer Systeme. So etwas zu strukturieren kann ja nur mühsam und schwierig, vielleicht sogar unmöglich sein.

Aber wo Felix (ich kenn ihn noch immer nicht, obwohl wir jetzt natürlich in Google+ verknüpft sind) Recht hat, ist, dass das neue Netzwerk in der Tat sozialer tut. Während man sich in facebook im Prinzip nur mit jenen Leutchen verbinden darf, die man auch im realen Leben kennt (oder anderwertig kennengelernt hat), ist es Google+ herzlich egal, wie du mit jemanden im richtigen Leben in Verbindung stehst. Das macht durchaus Sinn. Jedenfalls so lange,  bis die Psycho-Stalker einem die Tür einrennen (okay, zumeist kennt man solche Geschichten nur vom Hörensagen, was wohl daran liegt, dass mein Profil-Foto einen abgehalfterten Typen zeigt und kein hübsches Mädel mit Modelmaßen ). Ja, in Facebook hat man immer im Hinterkopf, dass der andere, der einem gerade eine Freundschaftsanfrage geschickt hat, ein durchgeknallter Typ sein muss. Wie sonst ist es zu verstehen, dass einem Facebook fragt, ob man diesen Freund wirklich kennt. Und falls man ablehnt und zugibt, den Kerl nie gesehen zu haben, tja, dann schätze ich, wird das Zuckerberg-SWAT-Team ausgeschickt und …

Hin und wieder, als umtriebiger Indie-Autorenverleger (Beware! In früheren Zeiten haben die Leutchen ihre Häuser verschlossen, wenn so ein Gringo in das Dorf geritten kam), klickt man auf Profile und sieht sich Fotos und Einträge an. Man will ein Gefühl für den Menschen bekommen. Und ob er oder sie mich interessiert. Man könnte sagen, es ist, als würde man sich zu einer Gruppe stellen und einfach nur mal den Gesprächen folgen. Später würde man vielleicht gerne den einen oder anderen Einwurf machen, tja, das geht aber nicht, weil du vorab mit den Leuten befreundet sein musst, um zu kommentieren (wobei, man könnte es in den Sicherheitseinstellungen festlegen, ob auch Fremde kommentieren dürfen – aber wer will schon, dass einem wildfremde Typen auf die Türmatte pinkeln? Eben!).

Google+ steht diesbezüglich besser da. Wenn dich der andere nicht mag, kann er dich blockieren (geht in Facebook natürlich auch). Das heißt, wir haben es hier in der Tat mit zwei philosophisch moralischen Grundhaltungen zu tun:

  • Google+ geht davon aus, dass alle Menschen miteinander auskommen und falls einer sich nicht an die Regeln hält, na gut, dann wird er aus der Kommunikation ausgeschlossen („Pfui! Stell dich in die Ecke!“).
  • Facebook geht davon aus, dass alle Menschen NICHT miteinander auskommen. Primär werden mal alle  in die Ecke gestellt. Und nur jene, die sich bereits irgendwo, irgendwann, irgendwie über den Weg gelaufen sind, können es miteinander probieren.

Ja, als kommunikativer Indie-Autorenverleger (Fenster und Türen schließen!) kommt mir Google+ sehr gelegen. Immerhin kann ich dann meiner voyeuristische Leidenschaft frönen. Ich meine, woher soll ein Autor seine Ideen schließlich bekommen? Bestimmt nicht aus dem echten Leben. Dafür ist keine Zeit. Das echte Leben ist nun die virtuelle Welt. Hui. Dort bin ich Kaiser. Wo sind meine Kleider?