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Bürgerzwist im Kopf und eidesstattliche Erklärungen am Tisch #USA #Wahl2020 #covid19 #orwell

Gestern war es, als die Pressesprecherin des Weißen Hauses Kayleigh McEnany in einem Interview auf Fox News meinte, dass die verordneten Covid19-Maßnahmen der Gouverneure in den einzelnen Bundesstaaten rund um die anstehenden Feiertage „orwellian“ seien. Twitter explodierte kurzfristig und so manch linksliberaler Professor, der es sich im Elfenbeinturm wohlig warm eingerichtet hat, fühlte sich bemüßigt, Kayleigh dafür zu kritisieren. Ich bin jedenfalls sehr erfreut, dass der gute Orwell endlich die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient. Was er vor rund 70 Jahren geschrieben hat, ist heute aktueller denn je. Freilich, viele wollen das nicht sehen und winken ab. Fragt man diese Leutchen nach dem Ergebnis von 2 + 2, erhält man als Antwort:

„Warum fragst du das überhaupt. Natürlich ist es 5. Was soll es denn sonst sein. 4 vielleicht? Du bist ja schon ganz verblödet!“

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Die Wahrheit und die Mehrheit

Meine Angst um Deutschland ist namenlos – Österreich, unser Vermögen, meine Gefahr ist mir nicht halb so viel. […] In den Zeitungen entsetzen mich die Berichte über die Vertreibung der Deutschen aus Paris: so müßte ein Capitel eines Romans beginnen, eines Anti-Romain Rolland, wie eine Liebe plötzlich Haß wird. Ich sehe die gemeine Gaminerie gegen die armen, die doch Frankreich so lieben, sehe wie man sie an den Bahnhöfen höhnt und in die Züge pfercht, halb verhungert und verschreckt. Es ist wie ein böser Traum.

Stefan Zweig
Tagebucheintrag vom 5. August 1914

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Die letzten vier Monate intensivst an Con$piracy gearbeitet. Ich sagte es bereits. Die nächsten Tage werde ich mich wieder mit weltlichen Dingen auseinandersetzen müssen. Vielleicht gut so. Abstand schadet in diesem Falle nicht, wo die Gedanken immer wieder zwischen einem Adlernest und einem Wolkenkratzer und einer Stadt pendeln. Damit meine ich vor allem den Größenvergleich. Das heißt, zuerst stochere ich in einer längst vergangenen Angelegenheiten en detail herum, dann schwinge ich mich in die historischen Lüfte und versuche mit den gefundenen Details gewisse Zusammenhänge herzustellen, die eine Welt von morgen erklärt. Vielleicht.

Mit F. bis in die frühen Morgenstunden geplaudert, sozusagen monologisiert, und ihn über all diese Indizien und Zusammenhänge aufgeklärt. Es ist erstaunlich, wie wenig wir wissen, obwohl wir uns als gebildete Klasse darstellen. Der bildungsferne Teil der Gesellschaft lässt sich durch einen Konsumismus ver-blöden, der bildungsnahe Teil durch einen Konformismus ver-bilden. Die Ironie ist, dass es schwieriger sein würde, die letztgenannten »aufzuklären«, weil, jeder, der sich eine feste Meinung gebildet (aha) hat auch weiß, dass die Mehrheit derselben ist und ihm damit recht gibt. Dabei darf man die Wahrheit nicht mit der Mehrheit verwechseln. Sagte Jean Cocteau. Wobei, ich habe es nicht geprüft. Vielleicht hat es auch jemand anders gesagt. Aber korrekt ist der Inhalt der Aussage noch allemal. Und Goethe soll ja im Gespräch mit Eckermann verdeutlicht haben, dass man das Wahre immer wiederholen müsse, weil der Irrtum nicht nur vom Einzelnen, sondern von der Masse gepredigt werde.

Wer sich mit einer anderen Wahrheit beschäftigen möchte, der ist angehalten, die Bücher auf der Sachbuch-Bestsellerliste sofort zu vergessen. Es spielt keine Rolle, ob die Liste vom deutschen Wochenmagazin Der Spiegel oder von der amerikanischen Tageszeitung New York Times zusammengestellt ist. Die darin enthaltenen Bücher spiegeln nur jene Zeit wider, die ein Establishment für uns konstruiert hat. Gut vielleicht sollte ich jetzt nicht so harsch mit den Mainstream-Büchern ins Gericht gehen. Es gibt immer Perlen, die sich im, pardon, Sauhaufen finden lassen. Manchmal ist die Perle auch nur eine einzige Zeile, eine einzige Aussage, in einem sonst unwichtigen und unrichtigen Buch. Ich bin mir im Moment gar nicht sicher, ob man überhaupt einem jungen Mitbürger den Rat geben soll, sich an ältere ver-bildete Leute zu wenden, falls sie Zusammenhänge und Historie verstehen wollen.

Ach, was ist es für ein Wohlgenuss einen Autor zu finden, der sich erdreistet hat, den unbekleideten König nackt zu nennen. Zumeist geht es übel für den Autor aus, nicht für den König, weil die Mehrheit noch immer der Meinung ist, dass der König ein edles Gewand trüge. »Lügner«, sagen sie dann mit voller Überzeugung. Und Lügner werden in einer ehrlichen Gesellschaft nicht geduldet, sie werden ignoriert.