Schlagwort-Archive: meinungsfreiheit

Skeptiker non Grata

Gegenwärtig, falls es Ihnen bereits aufgefallen ist, werden regelrechte Breitseiten auf skeptische Bürger abgefeuert um sie auf den Grund des Meinungsozeans zu schicken. Mit einer der vielen leeren Worthülsen beflaggt, die je nach politischem Interesse mal in die eine, mal in die andere Richtung flattert, segeln die Fanatiker in den geheiligten Kampf, der alle Mittel rechtfertigt. Vorerst wird der Konflikt nur mit Worten und Ideen ausgefochten, aber wenn wir eines aus der überlieferten Historie wissen, dann ist es, dass Andersdenkende und Andersgläubige schon immer einen schweren Stand hatten. Kirchenfürsten und Könige zogen den Skeptikern und Sektierern liebend gerne Ohren und Hände lang. Der von Provokateuren aufgepeitschte Mob wollte für gewöhnlich Blut sehen und gebärdete sich dabei tollwütig, also ohne Herz und Verstand. Apropos. Die moderne Medizin hat bis heute keine Heilung für Tollwut gefunden. Lassen Sie sich also bitteschön nicht ins Wadel beißen.

Die Medienleute warnen neuerdings vor sogenannten „Verschwörungstheoretikern„, ohne dabei zu wissen, dass dieser Begriff in den 1960ern von der ehrwürdigen CIA in Umlauf gebracht wurde, um investigative Journalisten, die ihre Nasen zu tief in den Fall John F. Kennedy steckten, zu diskreditieren. Die Rechnung ging auf. Mehr als 50 Jahre später stellen sich die klugen Leute in den Redaktionen und TV-Anstalten, die längst von CIA & Co (Operation Mockingbird) unterwandert sind, blöd und versuchen alles, um Andersdenkende und Andersgläubige ans Bein zu pinkeln. Den Rest übernimmt die Behörde, die einfach Haftbefehle aus dem Ärmel schütteln kann, wenn die Obrigkeit die Staatsordnung durch Meinungsvielfalt gefährdet sieht. Wer hätte gedacht, dass freiheitsliebende und demokratiefreundliche Bürger Hexenprozesse befürworten und sich sogar daran beteiligen. Seltsam, wie all das zusammengeht. Doublethink at its finest.


Vor ein paar Tagen erhielt ich einen Kommentar, der mir gar nicht gefiel. Sie können ihn gerne lesen und mir schreiben, wie Sie darüber denken. Ach so, ich habe den Kommentar gar nicht erst freigegeben. Ich orientiere mich da an youtube, google und facebook, die Meinungen und Fakten, die gegen das von den Regierungen festgelegte Narrativ „verstoßen“, einfach löschen. Früher sagte man dazu „Zensur“, heute ist es ein „Verstoß“ gegen die Community-Richtlinien. Was würde wohl Kaiser Josef II. dazu sagen, einer der ersten Monarchen, der die kaiserliche Zensur weitestgehend aufhob? Später musste er betrübt feststellen, dass die Schreiberlinge, einmal von der Leine gelassen, nur noch Schund oder (in modernem Sprachgebrauch:) Hass-Reden unters Volk streuten. Wir sehen, es hat sich nicht viel geändert.

Gut möglich, dass ich nun ins Fadenkreuz der (in Lohn und Brot stehenden) Sittenwächter gerate. Die haben es gar nicht gerne, wenn ein kleiner nichtsnutziger Schreiberling der Wahrheit nachspürt, vom vorgegebenen Weg abweicht und sich nicht bekehren lässt. Welch Blüten dieser festgefahrene (und gut bezahlte) Glaubenswahnsinnn treiben kann, ist in Voltairs Candide nachzulesen. Ein köstliches kleines Büchlein. Sehr empfehlenswert. Denn, auch wenn Sie es bereits vergessen haben, es gab einmal eine Zeit, in der Skeptiker und Andersdenkende sich nur mit größter Ironie und spitzestem Spott aus der Schlinge befreien konnten – weil: Denunzianten genauso wie Dirnen gab es an jeder Straßenecke. Beide hatten ihren Preis. Vielleicht werden wir Skeptiker allesamt in die spitzfindige Schule eines Voltaire gehen müssen, um unsere gedankliche Andersartigkeit zu verbergen. Jene, die noch immer davon überzeugt sind, dass 2 + 2 = 4 ist, werden wissen, wie Anspielungen und Zweideutigkeiten zu verstehen sind. Für all die anderen, die den großen Bruder lieben und die „Demokratie“ in Gefahr sehen, ist der Zug längst abgefahren.

Vielleicht ist es jetzt Zeit, den Garten zu bestellen.

Wien, im März 1938: Wirtschaftswunder vs. Totenüberschuss

Heute vor 80 Jahren wurde der Anschluss Österreichs mit dem damaligen Deutschen Reich vollzogen. Folgerichtig gibt es allerlei Hintergrundberichte und Dokumentationen, Zeitungsartikel und Rückschauen. Doch was erfährt der gewöhnliche Bürger von diesem Damals, das so unendlich lang zurückzuliegen scheint? Am Ende, gestehen wir es uns ein, dient die heutige, morgige und übermorgige Auseinandersetzung nur dazu, die ewig gleichen Erklärungen wieder und wieder unter das Volk zu bringen. Die ewig gleichen Fragen werden gestellt. Die ewig gleichen Antworten werden gegeben. Möchte man sich des geschichtlichen Themas von der sogenannten Maschekseite nähern, also abseits des geradlinigen Weges, der vorgegeben ist, stolpert man durch ein Dickicht spitzer, feindseliger Dornen. Es ist, als hätte es einen Voltaire, einen Kant, einen Orwell, einen Solschenizyn nie gegeben.

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Der Untergang der sächsischen Barockresidenz Dresden, 13. Februar 1945

Heute jährt sich zum 73. Mal die Einäscherung der deutschen Stadt Dresden durch alliierte Bomberverbände. Ich habe mir darüber immer wieder den einen oder anderen – zuweilen verbotenen – Gedanken gemacht. Beispielsweise Dresden im Feuersturm oder Kurt Vonnegut und The Firebombing of Dresden oder So it goes: Hiroshima & Dresden 1945 Übrigens betitelte die damalige Britische Wochenschau ihren Bericht großspurig mit Dresden bombed to Atoms. Der süffisant menschenverachtende Ton des Kommentators ist natürlich der Propaganda geschuldet.

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Wo eigentlich geht’s hier zur Wahrheit?

WahrheitKreis

‚Und selten zuvor fragten sich so viele Menschen verunsichert: Wo eigentlich geht’s hier zur Wahrheit?‘, heißt es in einem Kommentar in der FAZ. Der Autor macht sich Sorgen, dass sich das Internet in den »vergangenen Jahren zu einer gewaltigen Empörungsmaschine, einer Gerüchteschleuder, zu einem Propagandavehikel für jede noch so obskure Theorie« entwickelt hat. [Artikel] Aha.

Kurz und gut, es dünkt mir, der gute Mann möchte die Wahrheit auf seiner bzw. auf Seiten des Mainstreams wissen. Das ist freilich nicht möglich. Weil es DIE Wahrheit nicht geben kann. Philosophisch gesprochen. Politisch sieht die Sache anders aus, weil jene, die an den Hebeln der Macht sitzen, ob im Vorder- oder Hintergrund sei mal dahingestellt, DIE Wahrheit einerseits definieren und andererseits gesetzlich verankern können. Darin liegt die Crux, darin liegt die Gefahr. Der Autor in der FAZ sieht das freilich anders. Er macht sich vielmehr Sorgen, dass ‚Zehntausende‘ glauben könnten, dass die Mondlandungen inszeniert seien. Aber er dürfte kein Problem darin sehen, dass eine Obrigkeit in der Lage ist, mit Waffengewalt eine Sichtweise, eine Erklärung, eine Geschichtsauffassung als richtig, als wahr festzulegen, der Bevölkerung aufzuzwingen und jeden Kritiker ins Gefängnis zu werfen. Soll das die »bürgerliche Freiheit« sein? Ist es am Ende so, dass die »Presse- und Meinungsfreiheit« nicht für jeden Bürger gilt, sondern nur noch für kapitalintensive Institutionen mit behördlicher Legitimation?

Ich habe [dort] über unabhängige Presse gesprochen und die These vertreten, daß der Dämon des Geldverdienens nicht nur den bürgerlichen Idealismus im allgemeinen, sondern auch die Wahrheitsliebe der Presse zu zerstören begonnen habe und sie schließlich völlig zerstören werde.

Paul Sethe (1901-1967)
Mitherausgeber der FAZ
in einem Brief, Februar 1957

 

Übrigens, wie die letzten Tage in Paris gezeigt haben, ist es für die Obrigkeit ein Leichtes, die Masse nicht nur in Bewegung zu setzen, sondern diese auch für politische Zwecke zu benutzen.

»In der Vergangenheit versprachen Politiker eine bessere Welt zu schaffen. Um dies zu erreichen schlugen sie verschiedene Wege ein, aber ihre Macht und Autorität kam von optimistischen Visionen, die sie ihrem Volk anboten. Diese Träume sind gescheitert und heutzutage hat das Volk den Glauben an Ideologien verloren. Mehr noch, Politiker werden nur noch als Manager des öffentlichen Lebens gesehen. Doch nun haben sie eine neue Rolle entdeckt, die ihre Macht und Autorität wieder herstellt. Anstatt Träume anzubieten versprechen Politiker uns nun zu beschützen: vor Alpträumen. Sie sagen, dass sie uns vor den furchtbaren Gefahren, die wir weder sehen noch verstehen können, retten werden. Und die größte Gefahr von allen ist internationaler Terrorismus, ein machtvolles und dunkles Netzwerk mit Schläfern in Ländern auf der ganzen Welt, eine Bedrohung, die durch einen Krieg [gegen den Terrorismus] bekämpft werden muss. Aber der größte Teil dieser Bedrohung ist eine Fantasie, die von Politikern übertrieben und verfälscht worden ist. Es ist eine dunkle Illusion, die weder von Regierungen und ihren Geheimdiensten, noch vom internationalen Medienapparat hinterfragt wird. […] In einem Zeitalter, in dem alle großen Visionen ihre Glaubwürdigkeit verloren haben, ist die Angst vor einem phantomhaften Schreckgespenst alles, was den Politikern noch bleibt, um ihre Macht zu erhalten.«

Adam Curtis
The Power of Nightmares: The Rise of the Politics of Fear
BBC-Dokumentarfilm, 2004
[meine Übersetzung]

 

P.S.: Ich würde jedem Demonstranten raten, auf der Hut zu sein. Gewiss, der Einzelne lässt sich nicht vereinnahmen oder vor einen politischen Karren spannen, aber die Masse sehr wohl. Kurz und gut: Nach einer Kundgebung bleiben nur Fotos in den Medien übrig, die Bildunterschrift erledigen andere.