Es gibt so vieles, was der Markt prinzipiell schlechter macht, als der Staat. Wir brauchen ein vernünftigen, starken und im Übrigen natürlich demokratisch kontrollierten Staat, der etwas gegen den Markt durchsetzt. Dazu brauchen wir eine Mentalitätsveränderung gegenüber dem, was wir 30 Jahre lang als eine Art von Gebetbuch verkündet haben: dass der Markt viel besser sei als der Staat. Das ist ökonomischer Unsinn. Der Markt ist gut für effiziente Allokationen (Zuordnung) von Ressourcen, aber er ist vollkommen ungeeignet die richtigen Ressourcenpreise festzulegen.
Ernst Ulrich von Weizsäcker
Was tun?
ARTE-TV Interview
Wenn wir uns anschauen, mit welcher Skrupellosigkeit die elitäre Finanz-, Wirtschafts- und Politkerkaste ihren lukrativen Geschäften nachgehen, dann könnte einem schon schwindlig werden. Die Zornesröte weicht dann einer prekären Blässe und man ist versucht, den Kopf in den Sand und die geballten Fäuste in die leeren Hosentaschen zu stecken. Tja. Ich, für meinen Teil, schreibe dann immer einen Beitrag darüber. Das kühlt und beruhigt. Mehr tut es natürlich nicht.
Ausbeutung!, sagt Marx
Jetzt verhält es sich aber so, dass der größte Teil der Bürger, also alle, die nicht zu den Machern gehören, weil sie keinen Einfluss und keine Moneten haben (angeblich gibt es da einen Zusammenhang), aber ein funktionierendes Gehirn, dass diese Bürger für ein System eintreten, dass sie ausbeutet. Yep. So nennt es jedenfalls Marx. Deshalb sind Änderungen mit den üblichen Mitteln („Reden wir darüber!“) nicht durchzusetzen. Schon alleine, wenn man sich vor Augen führt, welcher Propaganda-Apparat den System-Machern zur Verfügung steht. Da kann es noch so viele beherzte Blogger und Foren-Betreiber geben, das gedruckte und verbreitete Wort zählt immer noch mehr (Paradox, wo die Printzeitungen doch an Einfluss verlieren). Und das TV ist sowieso eine Liga für sich. Tja. Und somit reibt sich das Bürgertum auf. Jeder gegen jeden. Weil jeder zu wissen glaubt, was sich der Staat noch leisten kann und wer an die Spitze (nicht) gehört. So viel mal dazu.
1789 vs. 2011
Noch 1788/89 hat sich der absolutistische Monarch Ludwig XVI. nicht getraut, die marode Staatskassa durch Steuererhöhungen und weitere Kredite zu füllen. Er musste die Bürger Frankreichs befragen. Heute, in einem demokratischen Europamerika, schalten und walten die Politiker, wie es ihnen passt. Da werden Finanzinstitute mit Milliarden aus der Krise gespritzt, ohne, dass man wüsste, wie diese Institute in Zukunft agieren oder wofür die Gelder verwendet wurden. Da werden auf die Schnelle Behörden und Gremien und Ausschüsse installiert, die allen Beteiligten Macht und Einfluss und Geld sichern, aber von der versprochenen Kontrolle kann keine Rede sein. Und das Übelste ist ja, dass diese einmal installierten Behörden nicht mehr verschwinden – sie werden, je nach Wahlausgang, mit den relevanten Polit-Funktionären besetzt. Tja. Dumm gelaufen.
eine absolutistische DemokratieMonarchie
Wie werden wir diese absolutistische Demokratiemonarchie wieder los? Vorschläge? Muss der Anstoß (Tritt?) von unten kommen? Oder könnte es sein, dass sich das System selbst reinigt, wenn die Umstände es erfordern? Hm. Ich bin ja der Meinung, es braucht ein Momentum. Also eine kollektive Woge, die die sonst so passiven Mitläufer (ich nehme mich da jetzt gar nicht aus) aus ihrer dumpfen Lethargie reißt. Das größte Problem ist aber, dass so ein Momentum immer nur von kurzer Dauer sein kann und das wissen die Leutchen an den Schalthebeln. Aussitzen, heißt ihr Patentrezept. Jeder Aufschrei verklingt nach einer Weile. Das beste Beispiel ist die Finanzkrise in den USA, als die Obama-Regierung rund 1400 Milliarden in den kollabierenden Markt pumpt und es kurzzeitig so aussah, als würde es ein politisches und wirtschaftliches Erdbeben geben. Tja. Heute, über zwei Jahre später, hat sich nichts verändert. Bizness as usual. Die einen machen anständig Profit, die anderen bitten leise um staatlichen Beistand.
Perversionen? Ja, ja.
Wir leben in einer an Perversionen reichen Welt. Unternehmen, die jahrzehntelang gegen die breite Gesellschaft vorgegangen sind, um Profite zu steigern, werden nun mit staatlicher Hilfe am Leben erhalten. Unternehmen, die too big to fail sind, dürfen mit Unternehmen fusionieren, die ebenfalls too big to fail sind. Wie dann diese Unternehmenskolosse in Zukunft agieren, will man gar nicht mehr wissen. Politiker, die sich für wettbewerbsfreundliche Spielregeln stark machten, werden nach ihrer Polit-Laufbahn gerne in Spitzenpositionen großer Unternehmen gehievt. Eine Hand wäscht die andere, sozusagen. Irgendwie hat man das Gefühl, es handle sich an der Spitze um eine große Familie, wo sich keiner weh tut.
Wie werden wir diese Familie nur wieder los? Also, ehrlich, ich habe sie nicht eingeladen. Oder?