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Der merkwürdige Anschlag auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin, ein Jahr später

Vor genau einem Jahr, am 19.12.2016, fand der vermeintliche Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin statt. Ich habe mir keine zwei Wochen später Gedanken darüber gemacht und bemerkt – wie nach jedem dieser angeblichen islamistischen Anschläge – dass Vieles nicht zusammenpasst. Wer meinen Artikel noch nicht gelesen hat, ist herzlich eingeladen, es jetzt nachzuholen.

In der Print-Ausgabe der taz, die liegt freundlicherweise im Kaffeehaus meiner Wahl aus, habe ich nun den zweiseitigen Bericht Schaut auf diese Namen: Breitscheidplatz – ein Jahr nach dem Anschlag gelesen. Ich habe mir gleich mal die drei Fotos der Hinterbliebenen genauer angesehen. Was auffällt ist, dass als Quellen Agentur Focus, dpa und Der Spiegel angegeben wurden. Das bedeutet, dass diese Bilder von der taz zugekauft wurden. Mit den Bildern kommen für gewöhnlich auch die zugehörigen Texte. Vielleicht gab es ein Bild-Text-Package. Es ist demnach aus dem Artikel nicht ersichtlich, wie viel die beiden taz-Redakteure eigenständig recherchiert und wie viel sie abgeschrieben haben. Falls diese Packages in all den anderen Redaktionsstuben Deutschlands die Runde gemacht haben, dann mag es auf der Hand liegen, dass wir aus den daraus entstehenden Artikeln nichts Neues erfahren werden.

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Wenn die Staatsbahn Verluste schreibt

Lok-Reichenau2003
Vergangenheit und Zukunft der Bahn – Reichenau, 2003

In einem Artikel der Die Kleine Zeitung mit der Überschrift Bilanz: Deutsche Bahn vor Milliardenverlust wird dem Leser eindringlich vor Augen geführt, wie es um das deutsche Staatsunternehmen steht. Im Text heißt es:

Die schwächelnde Güterbahn DB Cargo soll saniert werden und ab 2018 wieder wachsen. Dafür könnten dort allerdings Tausende Arbeitsplätze wegfallen.

Ich gehe davon aus, dass der Artikel der Presseagentur Reuters entnommen wurde – auf der Webseite selbst finde ich hierzu keine Angaben. Aber man gut erkennen, dass es kein Journalist oder Redakteur der Mühe wert fand, dem einseitigen Artikel einige kritisch-skeptische Anmerkungen entgegenzustellen. So wird eine unabhängige Zeitung zur PR-Abteilung der Privatwirtschaft – kein Wunder also, wenn der eine oder andere Leser es bis oben hin satt hat, die ewiggleiche „Profit-ist-gut“-Beweihräucherungen zu lesen.

Der Artikel wälzt sich genüsslich in den Verlustzahlen der Deutschen Bahn – die „Lösung“ ist natürlich bereits gefunden: „massive strukturelle Umbaumaßnahmen im Konzern“. Mit anderen Worten, es müssen Arbeitsplätze gestrichen und Teilprivatisierungen vorangetrieben werden. So funktionierte ja immer schon der Beginn einer Ent-Staatlichung von all jenen Unternehmen, die private Investoren (nennen wir sie Spekulanten mit Händlergeist) auszuschlachten gedachten. Sehen Sie, jedes große Unternehmen hat einen gewinn- und einen verlustträchtigen Bereich. Das Ziel der Profiteure ist nun, den einen zu behalten und den anderen ohne großes Aufsehen abzustoßen. Dieser skrupellose Menschenschlag nennt diese Prozedur das freie Spiel der Kräfte am Kapital- und Finanzmarkt und er ist sich nicht zu schade, sich von Claqueuren in den Medien beklatschen zu lassen.

Kommen wir wieder zur DB und der „schwächelnden Güterbahn“. Warum schwächelt sie? Darauf gibt der Artikel natürlich keine Antwort. Die Güterbahn ist ein Monopol – es kann also de facto keinen Güterbahn-Konkurrenten geben. Einzig, die Straße, der LKW-Güterverkehr, ist der Konkurrent. Hat dieser im letzten Jahr zugelegt? Der Artikel schweigt sich darüber aus, wir können aber auf der kostenpflichtigen statista.com die Werte ablesen – etwa vier Mal mehr Güter wurden auf der Straße im letzten Jahr 2015 transportiert. Wer ist nun für die Erhaltung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zuständig? Richtig, der Staat bzw. die Länder und Gemeinden. Wer legt Abgaben und Steuern für Transportunternehmen fest? Richtig, der Staat bzw. die Länder und Gemeinden. Wer fördert den Kauf von neuen LKWs und Zugmaschinen in Form einer Abschreibung? Richtig, der Staat. Wir sehen, der Staat kann den Transport auf der Straße verteuern oder verbilligen – für den Unternehmer ist es einerlei, er wählt jenen Transport, der für ihn am rentabelsten ist.

Auf den springenden Punkt gebracht: Die Güterbahn schwächelt, weil die Politik den Straßengüterverkehr (und die LKW-Produktion) fördert bzw. nicht hemmt. Sie werden jetzt vielleicht einwerfen, dass es besser für den Konsumenten sei, wenn die Güter günstiger transportiert werden können. Aber das ist natürlich eine Augenauswischerei. Die Euros, die Sie vielleicht beim Kauf einsparen, werden Sie über Steuern und Abgaben wieder herausrücken müssen – die Verluste der Bahn müssen ja schließlich gedeckt, die maroden Straßen für den Transitverkehr saniert, die Arbeitslosen über Wasser gehalten und die Kleinkinder von der verdieselten Umwelt kuriert werden, nicht? Am Ende profitieren immer nur die gleichen Leutchen, nämlich jene, die vom Händlergeist beseelt sind und deshalb wissen, wie das freie Spiel der Kräfte funktioniert. In den Medien werden Sie darüber nichts lesen, natürlich nicht.

Markt, Macht, Mentalität oder Wie werden wir die Familie wieder los?

Es gibt so vieles, was der Markt prinzipiell schlechter macht, als der Staat. Wir brauchen ein vernünftigen, starken und im Übrigen natürlich demokratisch kontrollierten Staat, der etwas gegen den Markt durchsetzt. Dazu brauchen wir eine Mentalitätsveränderung gegenüber dem, was wir 30 Jahre lang als eine Art von Gebetbuch verkündet haben: dass der Markt viel besser sei als der Staat. Das ist ökonomischer Unsinn. Der Markt ist gut für effiziente Allokationen (Zuordnung) von Ressourcen, aber er ist vollkommen ungeeignet die richtigen Ressourcenpreise festzulegen.

Ernst Ulrich von Weizsäcker
Was tun?
ARTE-TV Interview

Wenn wir uns anschauen, mit welcher Skrupellosigkeit die elitäre Finanz-, Wirtschafts- und Politkerkaste ihren lukrativen Geschäften nachgehen, dann könnte einem schon schwindlig werden. Die Zornesröte weicht dann einer prekären Blässe und man ist versucht, den Kopf in den Sand und die geballten Fäuste in die leeren Hosentaschen zu stecken. Tja. Ich, für meinen Teil, schreibe dann immer einen Beitrag darüber. Das kühlt und beruhigt. Mehr tut es natürlich nicht.

 

Ausbeutung!, sagt Marx

Jetzt verhält es sich aber so, dass der größte Teil der Bürger, also alle, die nicht zu den Machern gehören, weil sie keinen Einfluss und keine Moneten haben (angeblich gibt es da einen Zusammenhang), aber ein funktionierendes Gehirn, dass diese Bürger für ein System eintreten, dass sie ausbeutet. Yep. So nennt es jedenfalls Marx. Deshalb sind Änderungen mit den üblichen Mitteln („Reden wir darüber!“) nicht durchzusetzen. Schon alleine, wenn man sich vor Augen führt, welcher Propaganda-Apparat den System-Machern zur Verfügung steht. Da kann es noch so viele beherzte Blogger und Foren-Betreiber geben, das gedruckte und verbreitete Wort zählt immer noch mehr (Paradox, wo die Printzeitungen doch an Einfluss verlieren). Und das TV ist sowieso eine Liga für sich. Tja. Und somit reibt sich das Bürgertum auf. Jeder gegen jeden. Weil jeder zu wissen glaubt, was sich der Staat noch leisten kann und wer an die Spitze (nicht) gehört. So viel mal dazu.

 

1789 vs. 2011

Noch 1788/89 hat sich der absolutistische Monarch Ludwig XVI. nicht getraut, die marode Staatskassa durch Steuererhöhungen und weitere Kredite zu füllen. Er musste die Bürger Frankreichs befragen. Heute, in einem demokratischen Europamerika, schalten und walten die Politiker, wie es ihnen passt. Da werden Finanzinstitute mit Milliarden aus der Krise gespritzt, ohne, dass man wüsste, wie diese Institute in Zukunft agieren oder wofür die Gelder verwendet wurden. Da werden auf die Schnelle Behörden und Gremien und Ausschüsse installiert, die allen Beteiligten Macht und Einfluss und Geld sichern, aber von der versprochenen Kontrolle kann keine Rede sein. Und das Übelste ist ja, dass diese einmal installierten Behörden nicht mehr verschwinden – sie werden, je nach Wahlausgang, mit den relevanten Polit-Funktionären besetzt. Tja. Dumm gelaufen.

 

eine absolutistische DemokratieMonarchie

Wie werden wir diese absolutistische Demokratiemonarchie wieder los? Vorschläge? Muss der Anstoß (Tritt?) von unten kommen? Oder könnte es sein, dass sich das System selbst reinigt, wenn die Umstände es erfordern? Hm. Ich bin ja der Meinung, es braucht ein Momentum. Also eine kollektive Woge, die die sonst so passiven Mitläufer (ich nehme mich da jetzt gar nicht aus) aus ihrer dumpfen Lethargie reißt. Das größte Problem ist aber, dass so ein Momentum immer nur von kurzer Dauer sein kann und das wissen die Leutchen an den Schalthebeln. Aussitzen, heißt ihr Patentrezept. Jeder Aufschrei verklingt nach einer Weile. Das beste Beispiel ist die Finanzkrise in den USA, als die Obama-Regierung rund 1400 Milliarden in den kollabierenden Markt pumpt und es kurzzeitig so aussah, als würde es ein politisches und wirtschaftliches Erdbeben geben. Tja. Heute, über zwei Jahre später, hat sich nichts verändert. Bizness as usual. Die einen machen anständig Profit, die anderen bitten leise um staatlichen Beistand.

 

Perversionen? Ja, ja.

Wir leben in einer an Perversionen reichen Welt. Unternehmen, die jahrzehntelang gegen die breite Gesellschaft vorgegangen sind, um Profite zu steigern, werden nun mit staatlicher Hilfe am Leben erhalten. Unternehmen, die too big to fail sind, dürfen mit Unternehmen fusionieren, die ebenfalls too big to fail sind. Wie dann diese Unternehmenskolosse in Zukunft agieren, will man gar nicht mehr wissen. Politiker, die sich für wettbewerbsfreundliche Spielregeln stark machten, werden nach ihrer Polit-Laufbahn gerne in Spitzenpositionen großer Unternehmen gehievt. Eine Hand wäscht die andere, sozusagen. Irgendwie hat man das Gefühl, es handle sich an der Spitze um eine große Familie, wo sich keiner weh tut.

Wie werden wir diese Familie nur wieder los? Also, ehrlich, ich habe sie nicht eingeladen. Oder?