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Viktor Staudts „The Story of my suicide“ an einem Sonntag

Wie lange ist es jetzt her? Auf der BUCH Wien im Jahr 2010, demnach genau zwei Jahre, habe ich Verleger Viktor Staudt getroffen. Er präsentierte seine Kinder- und Jugendbücher, ich meine eigenen Werke. Er sprühte vor Sympathie, hatte immer ein Lachen auf den Lippen und seine Stimme trug kilometerweit, wenn er einen lauthals begrüßte. Vor wenigen Monaten, auf der Frankfurter Buchmesse, da rollte er mir zufällig in einen der Hallen entgegen und ich versprach ihm, am nächsten Morgen bei seinem Messestand vorbeizukommen, auf ein Schwätzchen. Ein prächtiger Kerl, der gute Viktor. Er hat das Herz am rechten Fleck. Unsere eingehende Plauderei dauerte etwa eine Stunde. Nach dem wir über die Welt und die konspirativen Machenschaften befanden, zeigte er mir sein gerade in Holland publiziertes Buch, das die Geschichte seines Selbstmordversuchs, dem Davor, dem Danach, eindringlich schildert. Hier ein Interview, das er für das holländische TV gab – deutsch untertitelt:

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Es gehört viel Mut dazu, solch einen persönlichen Text in die Öffentlichkeit zu bringen – und doch ist es ein richtiger und wichtiger Schritt. Soweit ich weiß, gibt es bereits Interesse von deutschen Verlagen, das Buch in einer übersetzten Version zu publizieren. Gut möglich, dass es dann – wie in Holland – für kurze Zeit in den Mainstream-Medienkanälen erlaubt sein wird, über Depression und Selbstmord zu sprechen. Über Hintergründe und Ursachen wird natürlich nachgedacht und gerätselt – einen Erklärungsversuch gibt es von Prof. Robert Sapolsky von der Stanford University, der die Meinung vertritt, dass Depression eine »echte biologische Krankheit« ist wie zum Beispiel Diabetes und in den USA bereits die vierte Stelle in der Liste von Gründen für Erwerbsunfähigkeit einnimmt. Einen einigermaßen leicht verständlichen Vortrag von ihm in englischer Sprache kann man sich hier angucken: youtube

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Und weil es Sonntag ist und die Sonne scheint, gilt es, ein wenig zu flanieren, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, ins Café zu gehen. Danach gilt es dann wieder mit aller Kraft an Con$piracy weiterzuarbeiten. Weil ich insgeheim die Vermutung hege, dass Burn-out genauso in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem implementiert ist wie die Wirtschaftskrise. Kurz und Knapp: Wenn man dem Menschen Freiheit und Kreativität raubt, verkümmert er zu einem Sklaven, dessen einzige Lebenskraft sich aus der Hoffnung nährt, die Ketten abzuschütteln respektive seinen Meister zu entfliehen bzw. zu töten (Tarantino setzt das Thema ja in seinem neuesten Film blutgewaltig in Szene: Django unchained). Aber was kann der Sklave machen, wenn er bemerkt, dass er es selbst ist, der sich die Ketten angelegt hat und er somit sein eigener Meister ist? Wobei, so einfach ist es nicht. Es ist das System, dass den Einzelnen zwingt, die Ketten anzulegen. Es klingt weit hergeholt, ich weiß, aber es ist so. Wirklich.