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Was soll das ebook kosten, ha?

Authors and readers no longer need Big Publishing to find and engage one another.
The sooner we all realize this, the better off we’ll all be.
Douglas Rushkoff
Author & Media Theorist

update: Sehr guter Artikel über die Preisgestaltung im kindle.store von amazon.com aus der Sicht eines Indie- bzw. Selfpublishers.

update: Auch ein empfehlenswerter Artikel über den Autor Adrian White und wie er seine drei Romane preislich einordnet – inklusive der Marketing-Aktion, für kurze Zeit das eine oder andere seiner ebooks gratis anzubieten.

Heute werde ich also die restlichen drei Titel offiziell mit ISBN (pro Format) im Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) eintragen. Damit ist die Veröffentlichung amtlich, wenn man so will. Die Buchpreisbindung greift auch bei ebook-Titeln. Das ist die gegenwärtige gemeinsame Sichtweise der Buchbranche. Bei genauerer Betrachtung gibt es natürlich Haken und Ösen, die man bedenken muss, wenn man mit virtuellem Text kaufmännisch herumtut. Zum Beispiel, dass kein Leser ein ebook oder E-Book kauft, sondern vielmehr die Lizenz, den Text auf einem Ausgabegerät zu lesen. Die Fallstricke sind da bereits inkludiert – zum Beispiel, wie man sein legal erworbenes ebook verschenkt, verkauft oder verleiht. Gewiss, die Industrie hat sich dahingehend bereits Gedanken gemacht – und findet Lösungen. Irgendwie. Von den Kopierschutz-Funktionen eines DRM will ich jetzt gar nicht anfangen. Aber als Appetizer zum Beispiel die Überlegung eines US-Publikumsverlages, den Verleih von ebooks zu limitieren. Wenn die öffentliche Bücherei das ebook 20 Mal verleiht* verliehen hat, ist Schluss. Punkt.

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Yep. Die Angst der Buchbranche ist bei jeder Entscheidung spürbar. Nur nicht zu viel. Besser noch warten. Abwarten. Tee trinken. Naja. Im Oktober 2010 habe ich einen jungen US-Verlag unter die Lupe genommen. Sein Konzept: weg vom stationären Buchhandel, hin zum flexiblen Webshop – radikal umgesetzt. Hier zum Nachlesen. Weiters ein Artikel, warum wir zwar an ebooks glauben, aber trotzdem nicht satt werden. Hier übrigens eine Statistik über die Marktanteile der ebook-shops im Januar 2011:  statista

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ebook vs. print
Warum gibt es heutzutage noch Monopole?

Gut. Wenn ich die Daten im VLB einpflege, muss ich mich auch endgültig für einen Preis entscheiden. Da gehen ja die Meinungen auseinander. Hier die Konsumenten, die meinen, so ein virtuelles Buch kann unmöglich so viel kosten, wie ein real gedrucktes, dort die Verleger, die meinen, dass das sehr wohl der Fall sein kann. Pattsituation. Am längeren Ast sitzen (im Moment) die Verleger. Sie setzen den Preis des ebooks fest. Punkt. Später kann der Konsument entscheiden, ob er bereit ist, den Preis zu zahlen. Dabei darf man nicht vergessen, dass Verlage primär ein Monopol auf ein Buch haben. Seltsam, oder? Wo wir doch meinen, die freie Marktwirtschaft  von bösen Monopolen  säubern zu müssen. Weil jedes Monopol die Herrschaft über den Preis hat. Der Konsument hat keine Wahl. So verhält es sich auch in der Verlagsbranche. Wenn du den Top-Bestseller kaufen möchtest, so wird dieser nur von einem Verlag angeboten. Take it or leave it. Das sollte man stets im Hinterkopf behalten, wenn die Wogen wieder hochgehen.

49 vs. 99
 Warum setzt Apple die Nachkommastellen fest?

Wie dem auch sei, ich muss jetzt einen Preis festsetzen. Gewiss, ich biete ja bereits seit über einem Jahr meine ebooks an. Aber nun geht es in die ernsthafte Runde. Da sollte man sich keinen Schnitzer erlauben. Mit einer ISBN und dem Eintrag im VLB wird das ebook erwachsen, da sind Sandkastenspiele nicht mehr erlaubt. So! Rotkäppchen 2069, mit diesem Titel habe ich begonnen und einen Verkaufspreis von € 6,99 festgelegt. Die 99 Cent sind übrigens von Apple vorgegeben. Im iBookstore sind nur zwei Nachkommabeträge erlaubt. 99 oder 49. Und weil es die Buchpreisbindung gibt, bedeutet es, dass man sich auf einen dieser beiden Nachkommabeträge festlegen muss. Interessantes Detail, dass Apple somit den Preis von ebooks mitgestaltet.

Kosten, Kosten, Kosten!

Ein Verlag, der seine gedruckte Bücher auf Lager hält, hat Kosten. Abgesehen von den Lagerkosten, der Logistik, ist es vor allem das gebundene Kapital, das jedem Unternehmer schwer zu schaffen macht. Ein ebook, das in direkter Konkurrenz zum gedruckten Buch angesehen wird, verschlimmert die Lage. Weil jedes verkaufte elektronische Buch ein gedrucktes Buch weniger verkaufen lässt. Deshalb orientieren sich die Verleger beim Preis des ebooks am regulären Verkaufspreis des gedruckten Buches – egal ob Taschenbuch oder HardCover. Interessant ist ja, wie die Verlage aus der Bredouille kommen, wenn sie zuerst das ebook hochpreisig ansetzen – immerhin konkurriert es ja mit der teuren Hardcover-Ausgabe. Und später, wenn das Taschenbuch erscheint, muss sich natürlich der Verkaufspreis des ebooks am günstigeren Taschenbuch orientieren. Aber wie soll das gehen? Ein ebook ist ein ebook. Text ist nun mal Text. Wie erklärt man dem Konsumenten, dass er in einem halben Jahr das ebook regulär zum Preis eines Taschenbuchs bekommt, während er heute den Preis eines Hardcovers, also doppelt so viel, bezahlen muss. Nicht einsichtig, oder? Mit anderen Worten: Die ebook-Preise orientieren sich so lange am gedruckten Buch, so lange der Verlag davon ausgeht, dass das elektronische Buch Konkurrenz bedeutet.

€ 1,99 –  € 4,99 – € 6,99

Wie dem auch sei. Kommen wir zum Ausgangspunkt zurück. Ich muss Tiret, Brouillé, Schwarzkopf und Madeleine bepreisen. Hm. Da Tiret auf (vorerst) 4 Bände ausgelegt ist – und Madeleine die nächsten Tage als ebook erscheinen wird – müsste der Konsument natürlich alle drei Bände auf einmal kaufen, falls er Blut geleckt hat. Das kann ins Geld gehen – und ist vielleicht ein Hemmschuh. Gerade für einen unbekannten Autor (der nicht mal einen Verlag als »Qualitätsmerkmal« anführen kann. Tja. Ich tendiere dazu, Tiret für EUR 1,99 anzubieten. Als Door-Opener. Brouillé und Madeleine für jeweils EUR 4,99 und Schwarzkopf – in Anlehnung an Rotkäppchen 2069 – für schlappe EUR 6,99.

Zu billig, Stupid!

Klingt das vernünftig? Vielleicht. Wäre da nicht diese dumme Sache, dass über den Preis auch die Qualität (unbewusst) definiert wird. Ein Produkt, das im Vergleich zu anderen, um ein Vielfaches günstiger ist, weckt Misstrauen. Kein Wunder also, wenn Diskonter-Produktmarken billig aussehen müssen. Ein Designer muss sich gehörig anstrengen, um dieses Ziel zu erreichen (gestern, beim JVM-Treffen, da wurde mir ein Taschenbuch gezeigt, das bewusst »abgefuckt« produziert wurde, was in der Herstellung und im Druck gar nicht einfach war). So! Ich werde mal darüber eine Nacht schlafen. Vielleicht fällt mir ja dahingehend noch etwas anderes ein. Who knows?

* ich danke A. Knorr und W. Grossmann für die Richtigstellung.

ebook ebook ebook

ccc

Bevor amazon.dtp „Rotkäppchen 2069 Basic Edition“ (neues Cover!) zum Verkauf frei gibt, noch ein paar Gedanken zum elektronischen Bücher-Wirrwarr. Wer nämlich anfängt, sich in die Materie der ebook-Herstellung und des ebook-Vertriebs zu vertiefen, der muss schon bald bemerken, dass es viele Fragezeichen, viele Köche und massenhaft Brei gibt. Jeder kocht sein Süppchen. Jeder will „chef de cuisine“ werden und das größte Kuchenstück abbekommen. Und wenn man schon nicht beim Hauptgericht mitschneidet, dann vielleicht bei der Vorspeise? Beim Dessert?

ISBN

Ebooks verlangen nach einer eigenen ISBN. Liest man allerorts. Das heißt, jeder Verlag, ob klein, ob groß, verdoppelt, verdreifacht damit seinen ISBN-Nummernkreis. Denn jedes Format soll seine ISBN bekommen (PDF, epub, HTML, txt, …) und wenn man sich vor Augen führt, wie schnell sich ein gängiges Format in Luft auflöst bzw. durch ein anderes ersetzt wird, der kann schon mal ISBN kaufen. Ja, diese gilt es natürlich für Geld zu bestellen. Hätte ich vor fünf Jahren gewusst, dass ich mich mal im ebook-Dschungel durchkämpfen werde, ich hätte mir freilich gleich 100 ISBN geleistet. So dachte ich, dass 10 Stück allemal reichen würden. Tja. Dumm gelaufen. Und jetzt? Muss ich tatsächlich 100 Stück bestellen? Wobei abzuklären ist, wie einfach oder schwierig es ist, seinen bestehenden Nummernkreis zu erweitern. Wir sehen: die Digitale Revolution hinterlässt verbrannte Erde.

BÜROKRATIE

Will man bei amazon.us ein ebook für kindle anbieten, dann klickt man sich durch die Geschäftsbedingungen, akzeptiert diese, füllt die erforderlichen Daten aus und voilà, schon kann es los gehen. Wenn das Buch bereits in HTML vorliegt, braucht das ganze Prozedere keine Stunde. Alles easy going, überhaupt keine Hexerei (naja, natürlich gibt es die obligaten kleineren Fallstricke). Möchte man hingegen in good old Europe seinen „digitalen content“ anbieten, dann merkt man, wie festgefahren wir hier allesamt sind. Verträge werden herumgereicht (jeder Provider/Vertrieb hat da seinen eigenen) mit „Präambel“ und allem Drum und Dran. Unterschrieben muss es werden. Zurückgeschickt. Dann noch die Meta-Daten, die die einen in einem Excel- die anderen in einem Onix-XML-Format bereitgestellt haben wollen. Für die einen ist eine ISBN unbedingt erforderlich, für die anderen nicht unbedingt. Die Umschlag-Abbildungen sind sowieso ein eigenes Kapitel für sich (dahingehend kennt epub keinen Standard – deshalb geben die Provider die Maße bekannt). Und dann ist da noch die Frage des Preises und der Preisbindung. Theoretisch könnte man für jedes Format (PDF, epub), für jede Version (ein ebook mit Bilder und Sound, das andere ohne)  einen eigenen Preis festsetzen. Jetzt frage ich mich, ob man die ebooks im Verzeichnis der Lieferbaren Bücher (VLB ) eintragen muss, wo sie aber wieder nur  als „non-book“ festgehalten werden. Wenn ich’s mir recht bedenke, dann haben hier die Dachorganisationen/Verbände ein wenig Aufholbedarf in Sachen „was machen wir mit ebooks?“.

SOFTWARE

Es gibt Gratis-Software-Programme, die einem das Konvertieren von einem Format zum anderen erleichtern Aber nie hat man die absolute Gewissheit, dass am Ende das Richtige herauskommt. Es sei denn, man hat alle eReader, die es da so auf dem Markt gibt und spielt das fertige ebook drauf und sieht es sich Seite für Seite an. Wird wohl nur schwerlich gehen. Also sucht man Referenz-Modelle. Adobe Digital Edition wird da genannt. Und in der Tat sieht die Benutzeroberfläche aufgeräumt und sehr hübsch aus (Holzregale!). Was demnach hier funktioniert, funktioniert auch auf dem eReader. So heißt es. Aber was, wenn nicht?Da wird noch viel Geduld vonnöten sein, bis es einen Standard geben wird. Bis dahin werden die einen oder anderen Konsulenten und IT-Firmen reichlich profitieren.

LINKS

Gerne hätte ich meine ebooks mit Weblinks versehen. Aber welcher eReader kann schon so mir nix dir nix ins Web verzweigen? Und wie sieht es rechtlich aus? Immerhin finden diese Links Verwendung in einem kommerziellen Produkt. Und wer prüft die Links auf Aktualität? Und was, wenn man nachbessern und neue Links einfügen/ergänzen will? Dann muss man alle Provider mit dem neuen ebook „beglücken“. Ist es dann „ebook v1.1“? Gibt es dann ein Release-Management – wie es schon jetzt bei Software-Programmen üblich ist?

WELCHE RECHTE WELTWEIT?

Jeder Verlag wird sich jetzt seine Verträge mit seinen Autoren genauer anschauen müssen. Wurden damals alle Vertriebsformate (Buch, Hörbuch, Film,…) festgelegt? Wurden da die weltweiten Vertriebsrechte geklärt? Vor ein paar Jahren dachte ja noch niemand, dass man ein ebook in China oder den USA anbieten würde können (in deutscher Sprache wohlgemerkt!). Schon jetzt hört man von namhafteren (US-) Autoren, die ihre Bücher als ebook anbieten und ihren Verlag umgehen, da sie der Meinung sind, dass sie die Rechte an ebooks nicht abgetreten hätten. Gerade für jene Autoren, die sich einen Namen gemacht haben bzw. eine treue Fangemeinde um sich gescharrt haben, kann es äußerst lukrativ sein, ihren content selber anzubieten.

INTERNATIONALE SHOPS

Barnes & Nobles – The Internet’s Largest Bookstore (Eigendefinition) – hat seinen eigenen eReader vorgestellt („Nook“) und vertreibt natürlich dafür ebooks. Mit der Funktion „Lend me“ kann man seine ebooks nun auch verborgen (was bei DRM-geschützten ebooks wohl nicht einfach möglich wäre). Wie man seinen content bei B & N unterbringt? Darauf konnte ich noch keine Antwort finden. Ganz im Gegensatz zu amazon.dtp. Amazon.us lädt Verlage und Autoren förmlich ein, ihren content hochzuladen und zu verkaufen. Die Leutchen machen es einem so einfach, dass man sich schon gar nicht mehr wundert, wenn Verlage eine unlektorierte „Vorab“-Version um 0,99 USD anbieten. Es kostet ja nichts und bringt vielleicht Geld in die Portokasse. Überhaupt hat nun amazon auch ein print-on-demand-Modell im Angebot, mit allem Drum-und-Dran. Apples iBook Store dürfte vorerst nur in den USA „erhältlich“ sein. Ist natürlich nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser Shop für Europa geöffnet wird. Ich schätze, es geht wieder einmal darum, dass man die großen europäischen Verlage ins Boot holen muss. Und weil es gar soo viele gibt, heißt es, dass auf die Rechtsabteilung viel Arbeit zukommt.