Sie werden es wohl schon bemerkt haben, dass sich das Web immer mehr von einer Präsentations- zu einer Verkaufsplattform verwandelt hat. Als ich 2006 mein erstes Buch in einer Privatauflage veröffentlichte und eine Party schmiss, war Social Media kein Thema. Es reichte, E-Mails zu verschicken, um die Leute neugierig zu machen. Ja, damals klickten die Damen und Herren tatsächlich noch in eine Nachricht, überflogen den Inhalt und bildeten sich eine Meinung. Heute ist das nicht mehr möglich. Die digitale Quelle sprudelt reichlich und lässt einen beinahe in der Informations-, Newsletter-, Spam- und Werbeflut ertrinken. Wir dürfen bei alledem nicht vergessen, dass unser Gehirn jede Nachricht abarbeiten muss. Dummerweise verbraucht Gehirnleistung dermaßen viel Strom, dass unser „Betriebssystem“ bemüht ist, Tätigkeiten ins Unbewusste auszulagern oder gleich gänzlich abzustellen. Deshalb klicken wir viele E-Mails und Postings ungelesen weg. Der Betreff reicht aus, um zu verstehen, dass hier wieder jemand unsere Zeit oder unser Geld oder beides möchte. Die wirklich persönlichen Nachrichten, sie werden seltener und seltener.
In wenigen Tagen werden meine Bücher von der Druckerei geliefert. Das heißt, ich habe für Con$piracy ein „Werbetrommel“-Fenster von etwa 10 Tagen. Danach ist die „Neuigkeit“ ne alte Sache, die niemanden mehr hinter dem Ofen hervorholt. Das ist die Crux in der heutigen schnelllebigen Zeit. Self Publisher und Indie-Autoren, die um Aufmerksamkeit buhlen, haben sich den Markt-Gegebenheiten anzupassen. Dance to the music or else …, wenn man so will. Um ehrlich zu sein: mich nervt diese Werbetrommlerei, ja, ich würde mich am liebsten zurücklehnen und die Mundpropaganda für mich arbeiten lassen. Tja. Das hat wohl noch nie funktioniert (auch wenn man immer wieder hört, dass es Fälle gegeben haben soll). Der gewöhnliche Bürger, der heutzutage einer unmenschlichen Informationsflut ausgesetzt ist, kann gar nicht anders, als der Meute zu folgen, die wiederum nach der Pfeife des Mainstream-Apparats tanzt, der wiederum nach der Pfeife des Establishments tanzt.
Wie dem auch sei, ich wollte mit diesen Zeilen nur zum Ausdruck bringen, dass ich mir nun, wenigstens für die nächsten Tage, die Werbetrommel umgeschnallt habe. Sollte Sie die Lautstärke der Rührerei nerven, dann behalten Sie im Hinterkopf, dass die ganze Sache einem „guten Zweck“ dient, schließlich will ich Licht ins Dunkle bringen. Habe ich die Bücher unterm Dach und im Fach liegen, dann werde ich mir sicherlich getrauen, das eine oder andere (politische) Ereignis zu kommentieren. Aber es wird ein steiniger Weg, dem gewöhnlichen Bürger die Scheuklappen zu nehmen. Ein sehr steiniger.
Apropos. Haben Sie sich schon ein Exemplar gesichert? *trommelt*
Nach längerer blog-Abwesenheit wieder ein kleiner Beitrag. Darin soll es nur um die Ausnahmen der Regel gehen, nämlich dass Literaturverfilmung mau sind und dem geschriebenen Original nicht das Wasser reichen können. Eine der Ausnahmen mag sicherlich 39,90 vonFrédéric Beigbeder sein. Die letzte Woche das Buch ausgelesen. Zugegeben, es ist ein wichtiges Buch, sozialkritisch bis zum Anschlag und darüber hinaus. Es klärt über die Penetranz der Werbung auf und was diese mit der breiten Masse genauso wie mit dem Einzelnen anstellt. Manche Kapitel stechen im Besonderen hervor, nämlich jene, wo Beigbeder sich nicht hinter der Maske seines alter Egos versteckt, um aus allen Rohren zu feuern und die verlogene und verräterische Werbeindustrie in Schutt und Asche zu legen. Beeindruckend, was er in wenigen Zeilen den Leser an den Kopf wirft. Zahlen und Fakten, die zeigen, dass es mit unserer aufgeklärten Gesellschaft nicht weit her ist. Immerhin lassen wir zu, dass man uns beinahe sekündlich mit Werbebotschaften bombardiert. Soweit ich weiß, gibt es kein Gebot, dass besagte, dass wir uns dem Werbediktat zu unterwerfen haben. Wie dem auch sei, die Verfilmung des Buches ist, für mein Dafürhalten, eindringlicher, härter, brutaler, gewagter. Die Handlung dreht sich – mehr oder weniger – um die Herstellung eines Werbespots für die neue Diät-Joghurt-Linie eines französischen Megakonzerns und zeigt schonungslos, was die Beteiligten hinter der Kamera und in den Vorstandsetagen so über die breite Masse denken. Im Buch heißt es an einer Stelle, dass man die breite Masse nicht für blöd verkaufen soll, auch wenn man sie für blöd hält. Ja, das sind Weisheiten, die man nicht überall zu hören bekommt. Die Schwäche des Buches sind jene Passagen, die den Protagonisten unreif und jünger wirken lassen, als er gemeinhin skizziert wird. Dieser Widerspruch stößt mir säuerlich auf – zu sehr sehe ich den Autor Beigbeder, wie er seine eigenen reifen Gedanken das eine oder andere Mal (sehr gut) dem Protagonisten überstülpt. Und hätte ein französischer „verkokster“ Werbekonzeptionist tatsächlich das berühmt-berüchtigste Buch eines Österreichers gelesen, das (bei uns jedenfalls) am Index steht, um daraus Zitate zu entnehmen, die zeigen sollen, was es mit der Werbeindustrie (und Wirtschaft) in Wirklichkeit auf sich hat?
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Poster zum Film „Branded“ via imdb
Apropos Werbeindustrie. Ein ebenfalls beeindruckendes Werk ist Branded (imdb), in der die Macht der Werbepropaganda sehr visuell und sehr „anders“ dargestellt wird (was vermutlich nicht jedermanns Geschmack ist). Die Story rund um einen Werbefachmann, der eins auf den Schädel bekommt und verrückt wird, das heißt, normal, ist wahrlich eine Perle und gehört von jedermann und jederfrau gesehen. Die äußerst schlechte Bewertung des Films auf imdb unterstreicht nur wieder den Umstand, dass der gewöhnliche Bürger gar nicht mehr verstehen kann, was da draußen so gespielt wird – vor allem, wie und auf welche Wesie mit ihm gespielt wird. Goethe sagte ja einst, dass jene Mensche die unfreiesten wären, die sich frei glauben. Tja. So sieht es aus, Mesdames et Messieurs. An dieser Stelle würde ich ja gerne einen längeren Monolog aus dem Film Fight Club zitieren, aber die Sache mit dem Urheberrecht und so, Sie wissen, ja, wie das läuft, nicht? Jedenfalls scheint mir das Buch von Chuck Palahniuk recht langsam zu sein, während der Film von David Fincher aus dem Jahr 1999 abgeht wie ne Rakete und die wiederum das aniviserte Ziel punktgenau trifft. Interessanterweise getrauten sich die Macher des (Hollywood)Films die sozialkritischen Elemente stärker zu betonen – diesbezüglich braucht man sich nur die ersten Minuten anzusehen, um zu verstehen, dass der Protagonist zwar gutes Geld verdient und viele Produkte sein Eigen nennt, aber kein Leben in sich spürt. Vielleicht durften die Filmemacher diese Kritik deshalb so plakativ üben, weil der restliche Film voll von – im wahrsten Sinne des Wortes – schlagkräftigen Argumenten war und mit einem überraschenden Twist aufwarten konnte, der das zuvor Gesehene in einem anderen Licht erscheinen lässt. Nun, in einer Hollywood-Filmproduktion kritische Anmerkungen gegenüber dem bestehenden System zu entdecken, entspricht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Seit September 2001 muss man schon gute Augen haben, um die Nadel(stiche) zu sehen. Erfreulich, wenn man sie ausgräbt. Fight Club wäre meines Erachtens nach 2001 nicht gedreht worden – und falls doch, dann sicherlich „kosmetisiert“ und geglättet. Ein anderer Film-Tipp mit einer Reihe von Nadeln ist The Manchurian Candidate aus dem Jahr 1962 (imdb). Vor kurzem hatte ich über den Film gebloggt und meine Empfehlung ausgesprochen. Kommt selten vor, ich weiß.
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Im Gegensatz zu den oben genannten Beispielen, ist Orwells 1984 ein gutes Beispiel dafür, dass eine Literaturverfilmung ambitioniert sein, aber den Kern des Werkes nicht freilegen kann. Deshalb sei an dieser Stelle der geneigte Leser daran erinnert, dass er dem Buch im Original eine Chance geben soll. Es gilt nicht jedes Wort oder jeden Satz zu verstehen, sondern die eindringliche Sprachmelodie Orwells. Ja, sie klingt hoffnungslos und verzweifelt. Und das ist eigentlich auch schon die Quintessenz des ganzen Buches. Im Mainstream wird das Buch im gleichen Atemzug mit Überwachungsstaat genannt. Doch das ist nur das Resultat einer politischen Bürokratie, die mit Propaganda und Gewalt herrscht und dem Individuum jeglichen eigenständigen Gedanken herausreißen möchte. Wofür das Ganze? Weil das Establishment eine Welt anstrebt, in „der Sieg auf Sieg, Triumph auf Triumph folgt: ein nicht endender Kitzel des Machtnervs“. Klingt das für Sie jetzt zu abstrakt, zu abgehoben? Gut, dann blenden wir von der Literatur ins wahre politische Leben und zitieren Henry Kissinger: „Macht ist das ultimative Aphrodisiakum“. Willkommen, in der Realität.
Der Kapitalismus macht die schlechtesten Eigenschaften des Menschen – Gier und Konkurrenz – zu Tugenden.
Kardinal Faulhaber (1859-1952)
Ansichten sind nun mal kein Indikator für Gewaltbereitschaft. Die freie Gesellschaft wäre faktisch bankrott, wenn schon radikale Äußerungen polizeiliche Beschattung und Vorladungen zum Staatsschutz nach sich zögen. Udo Vetter
Eigentlich wollte ich diesen Beitrag nicht schreiben. Eigentlich. Aber als ich über den Beitrag von Misik stolperte, wurde ich hellhörig. Wie kann es sein, dass ein Aushängeschild der österreichischen Linken sich so im Ton vergreift? Ich gehe davon aus, dass die Musik des »Komponisten« Misiks der Erregung geschuldet ist, die durch die Anschläge in Oslo ausgelöst wurden. Ich denke, in ein paar Tagen wird sich Misik ruhiger geben und die eine oder andere Passage relativieren. Ja, davon gehe ich aus. Deshalb wollen wir nicht auf den Beitrag als solches eingehen, sondern uns vielmehr Gedanken machen, was denn eigentlich mit einer Gesellschaft los ist, die es besser wissen müsste.
Bevor es in medias res geht, muss ich ein paar Dinge vorausschicken, die mir sehr wichtig sind. Ich gehöre keiner Partei an und lehne es auf das Schärfste ab, einer Partei zugerechnet zu werden. Genausowenig will ich in eine Schublade gezwängt werden. Ich plädiere für einen klaren Menschenverstand, erachte die Aufklärung als sinnvoll und richtig, möchte aber auch die Seele nicht gänzlich außer Acht lassen. Ich plädiere für ein Welt, in der wir ohne Zwang und Gewalt leben dürfen, in der Freiheit kein Lippenbekenntnis ist und wo jeder die Möglichkeit haben soll, seine Talente für die Gesellschaft einzusetzen.
New York Magazine - 14. Februar 1972: The Birth of New Journalism by Tom Wolfe
Okay. Diese Beitrag hat nichts mit Sex am Hut. Wirklich. Ist das jetzt enttäuschend? Andererseits, alles was wir tun und nicht tun hat am Ende doch mit Sex zu tun. Glauben Sie jetzt vermutlich nicht, weil Sie ein braver Spießbürger sind, wie? Na, wollen wir nicht wieder abschweifen, weil Zeit heutzutage ein kostbares Gut ist, das es nicht im Angebot beim Diskonter ums Eck gibt. Jedenfalls hätte ich es noch nicht gesehen. Sie vielleicht?
Gestern durch Zufall auf den wichtig(st)en Artikel in der Online Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit gestoßen: »Fanatiker des Augenblicks«. Der Titel ist jetzt ein wenig sperrig und muss erklärt werden. In diesem Artikel geht es um die Tyrannei des Augenblicks. Okay, das erklärt auch nichts. Dann zitiere ich mal frech.
Die Gegenwart wird zerlegt, in lauter adrenalinkickende Sequenzen, in Ereignis- und Erlebnisfolgen, die wir, wie die Soziologen Thomas Eriksen und Hartmut Rosa meinen, als »Tyrannei des Augenblicks« beschreiben könnten. Bei Eriksen bedeutet diese Tyrannei, dass die rasenden Überinformationen uns ratloser und uninformierter werden lassen. link
Da haben wir’s: Überinformation! Ja, das ist es. Schlagen Sie mal eine Zeitung auf. Oder am besten zwei (kosten ja heute nichts mehr). Dann hören Sie die Nachrichten im Radio. Gucken die News im TV, verfolgen dort eine Diskussion und schließlich, als Draufgabe, klicken Sie mal schnell ins Web, um sich zu informieren. Haha. Ein köstlicher Witz.
Noch nie in der Menschheit war der Einzelne so informiert wie heute und doch ist zu befürchten, dass er weniger versteht und so die falschen Schlüsse zieht. Wir gehen davon aus, dass ein Ereignis, ein Event, objektiv beschreibbar ist. Wir wollen wissen, was wirklich wirklich geschehen ist. Aber das ist nicht möglich. Gut, das sagen uns die Medien natürlich nicht – weil es ja ihr Geschäftsmodell ist, so zu tun, als hätten sie die alleinige Wahrheit gepachtet. Bullshit. Natürlich.
Gerade kocht die Volksseele in England. Weil der Medien-Tycoon Rupert Murdoch mit seinem Medien-Imperium daneben gegriffen hat. Das Boulevardblatt News of the World hat sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und gesetzeswidrige Aktionen gestartet, um zu einer heißen Story zu kommen. Immer mehr Details blubbern gerade an die Oberfläche und schon sind wir in einem spannenden Polit-Thriller. Nebenbei wurde einer der Kronzeugen tot aufgefunden. Es soll ein natürlicher Tod gewesen sein. Freilich. Die Aufregung war bestimmt zu viel für ihn. Wollen wir uns da nicht in konspirative Theorien verstricken. Das ist peinlich und wird von der Wahrheits-GESTAPO mit Kopfschütteln bestraft.
Eine gute Zusammenfassung gibt Buchautor und Journalist Jeff Jarvis in seinem Google+ Profil ab. Und weil Google+ ja ein offenes Netzwerk ist (aber es nicht leiden mag, wenn sich jemand anonymisiert), können Sie seinen Senf samt den vielen Kommentaren seiner Kontakte lesen. Bitte sehr. Der gute Jeff Jarvis spricht in seinem Beitrag davon, dass ihm die enge Verquickung zwischen Medienleuten und Politiker schockiert hat und schließt mit den Worten, dass wahrer Journalismus als Plattform für die Öffentlichkeit (Volk) dienen muss (»true journalism will act as a platform for the public«).
Tja. Ich sage es ja immer wieder – aber wer hört schon auf einen Indie-Autorenverleger aus Habsburglandien? Eben. Also, ich meine, dass objektive Medienarbeit, soweit es überhaupt möglich ist, nicht im Einklang mit wirtschaftlichen Interessen stehen kann. Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht. So ist das. Bestens zu sehen, wenn man einen Blick auf Fox News in den USA wirft. Der Fernsehsender gehört zum Murdoch-Imperium (genauso wie das Wall Street Journal). Dort wird dem Skandal kaum Beachtung geschenkt, sozusagen heruntergespielt. Und in den Murdoch-nahen Printzeitungen stellt man es scheinbar so dar, dass die anderen Medienunternehmen es dem alten Murdoch heimzahlen wollen.
Jetzt kommt natürlich der springende Punkt meines Beitrages. Ich habe mich mit dem Murdoch-Skandal nicht wirklich beschäftigt. Ich habe nur ein paar Info-Schnipsel im Web gefunden und mir meinen Reim darauf gemacht. Ich zitiere Jeff Jarvis, weil er meine Sicht auf die Dinge bestätigt. Aber ich hätte genauso gut einen anderen Journalisten oder selbsternannten Medien-Guru zitieren können, der die Angelegenheit gänzlich anders berwertet. Das ist das schönschreckliche im Web: du findest immer die gerade passende Meinung – hübsch formuliert und mit knackigen Verlinkungen versehen. Ja, so läuft das heute. Man hat zwar keine Ahnung, kann sich aber innerhalb von wenigen Minuten ein erstes Bild machen. Und eine Stunde später hast du alles in dich aufgesogen, was du gefunden hast, verarbeitest es (mit all deiner Erfahrung, Weltanschauung und Voreingenommenheit) und fabulierst es in dein Blog. Und je nach dem wie gut dein gestriger Sex war, bist du nett oder kratzbürstig, verfluchst du die Welt oder siehst sie mit rosaroten Augen. Naja, das ist überzogen, aber Sie wissen, was ich meine, oder?
Jetzt geht die ganze Chose aber noch weiter. Also, wir haben jetzt einen Kerl, der meint, er würde über ein Ereignis so gut wie alles wissen und markiert mit den gefundenen Info-Bits seine medialen Kanäle. Dank social Media kann ich heute innerhalb von Sekunden eine Vielzahl an interessierten Menschen erreichen. Wobei, diese Menschen sind natürlich auch Kerles oder Kerlinnen, die über ein Ereignis so gut wie alles wissen oder wissen wollen und nehmen deine halbgaren Info-Bits, setzen sie mit ihren gefundenen zusammen und posaunen nun die neuen Erkenntnisse stolz in die über-informierte Welt. Tja.
Das wäre vielleicht schon schlimm genug, wäre da nicht das Dilemma, dass Medienhäuser und Journalisten mit dieser über-informierten Welt zurecht kommen müssen. Mehr noch, da sie – mehr oder weniger – für ihre Tätigkeit bezahlt werden, müssen sie einen Mehrwert liefern. Wenn ich demnach als nichtbezahlter Kerl bessere (sic!) und interessantere Informationen zusammentragen kann – noch dazu schneller – wozu braucht es dann diese bezahlte Meute? Tja. Das ist eine gute Frage. Noch mehr, wenn man, wie zuvor erwähnt, davon ausgehen kann, dass die Hand, die diese Medienhäuser füttert, von ihnen auch nicht gebissen wird. Der Medien-Skandal in England zeigt, wie eng verwoben die elitären Strippenzieher agieren. Und natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass noch immer die Mehrheit der Bevölkerung ihre Info-Bits aus Zeitungen und den TV-Nachrichten bekommt.
Einen wunderbaren Artikel hat übrigens der ehemalige Associate Editor des Wall Street Journals Paul Craig Roberts auf das virtuelle Papier gebracht: Conspiracy Theory:
Eine Verschwörungstheorie bedeutet nicht mehr, dass es ein Ereignis gibt, das durch eine eventuelle Verschwörung erklärt werden kann. Nein, damit bezeichnet man heutzutage jeden Erklärungsversuch, auch bewiesene, die nicht auf einer Linie mit der Regierung und ihren Medien-Zuhältern liegen. // A „conspiracy theory“ no longer means an event explained by a conspiracy. Instead, it now means any explanation, or even a fact, that is out of step with the government’s explanation and that of its media pimps.
Roberts spricht sich ordentlich den Frust von der Seele. Hin und wieder lese ich seine Beiträge im alternativen News-Portal Counterpunch. Ja, er ist ziemlich angepisst von den gegenwärtigen Zuständen. Das gefällt mir. Wobei, wie zuvor erwähnt, es gäbe hundert andere Roberts, die das Problem an Leuten wie mir festhalten, die keine Ahnung haben, worüber sie schreiben und ein funktionierendes (sic!), stabiles (sic!) System in Frage stellen oder anschwärzen.
Kommen wir nun langsam zum Schluss.
Zusammengefasst sieht es so aus, dass es im Web gegenwärtig ein heilloses Wirrwarr an Informationen, Gossip, Meinungen, Fakten, Beweise, Theorien, Anschauungen, Ideen und so weiter gibt. Hier den Durchblick zu behalten, als kleiner Schlurf, ist eigentlich nicht möglich. Trotzdem wollen wir im Konzert der Medienmacher mitspielen und ebenfalls tagtäglich eine Headline aus dem Hut zaubern. Und wenn nichts Wesentliches passiert ist? Dann bauschen wir eine unbedeutende Story eben auf. Das geht schnell und kostet nicht viel. Schwupp. Schon fühlt man sich gut, weil man meint, die Welt gerettet zu haben. Bis zur nächsten Headline.
Aber mit jeder aufgeblasenen Headline, die jeder Einzelne in das Webuniversum entlässt, füllt sich der Raum mit Info-Schrott. Bald können wir gar nicht mehr klar sehen. Wie denn auch? Wenn du meinst, dass ein Ereignis so und nicht anders zu interpretieren sei, prügeln drei andere Schlurfs auf dich ein und schreien, dass es ganz anders war – inklusive der Verlinkungen, die du geflissentlich ignoriert hast, weil sie ja deiner Interpretation ans Bein pinkeln. Tja. Wer hat nun recht? Schulterzucken. Wir blättern um und suchen uns die nächste Headline. Schließlich wollen wir ja Aufmerksamkeit generieren. Uups. Ach so ja, das ist ja der Grund, warum Social Media so eingeschlagen hat. Mit einmal bist du dein eigener Medien-Tycoon, dein eigenes Starlet, dein eigener investigativer Journalist. Und ne Trantröte bist du natürlich obendrein, aber das blenden wir besser aus. Will ja keiner hören.
Ach ja, die Nudelsieb-Debatte. Auch die hat es ja in die Headlines geschafft. Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Interessiert mich nicht die Bohne. Also, der Inhalt der Diskussion. Viel mehr interessiert mich die Meta-Ebene. Wer mischt sich warum mit welcher Intensität ein. Das ist für mich viel interessanter als das Geschwafel. Der Auslöser dieser Diskussion (ja, der Kerl mit dem Nudelsieb am Schädel), ein gewisser A., ist übrigens Gründer und Geschäftsführer einer Werbe-Marketing-Seifenblasen-Agentur, die auf ihrem Blog in freundlichen Worten schreibt:
Finden Sie auch, dass in diesem Land Einiges verkehrt läuft?“, nach diesem Konzept entwarfen Super-Fi und Martin Radjaby, Kampagnenleiter der Grünen, eine neue Sonderwerbeform.
Ich meine, verkehrt ist vielmehr die Einstellung, die wir zum gegenwärtigen System haben. Wenn Sie es also in Ordnung finden, dass Politik und Werbung und Medien Hand in Hand gehen dürfen, um ihre Massage (sic!) an den Konsumenten und Wähler (Bürger wurde bereits abgeschafft) zu bringen, dann kann ich Ihnen leider auch nicht helfen. Ach so, Ihnen will nicht geholfen werden. Stimmt. Bald ist uns allen nicht mehr zu helfen.
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P.S.: Ist das jetzt ne Themenverfehlung? Ist mir doch blunzn. Ist ja meine Zeitung, die Sie da lesen. Und ich mache mir meine Headlines selber. Oh. Ich mach es mir also selber? Hm. Interessanter Wortwitz. Wenn Sie verstehen?