WM 2018: Tag #1 – Der russische Bär der brüllte

Russland : Saudi Arabien 5:0 [FIFA TV]

Gedanken zum Spiel

Hat die Fußball-Weltmeisterschaft tatsächlich mit dem gestrigen Eröffnungsspiel begonnen? Man könnte meinen, die Saudis spulten noch eine Trainingseinheit ab, bevor es ernst werden würde. Als sie bereits mit zwei Toren im Rückstand lagen, schoben sie den Ball in ihrer Hälfte hin und her und „verwalteten“ das Ergebnis. Die Gastgeber dürfen sich jedenfalls auf die Schulter klopfen und ans Herz greifen. Ein Einstand nach Maß. Vielleicht ist der klare Sieg der so dringend benötigte Motivationsschub, der den Russen bis dato gefehlt hatte. Eine Standortbestimmung ist es aber noch keine, dazu bräuchte es einen wirklichen Gegner.

Guten und schönen Fußball spielt die Sbornaja freilich keinen. Beinahe fühlt man sich an alte Zeiten erinnert, als Tempo und Athletik, Taktikkonzepte und Laufbereitschaft noch nicht bei den Trainern angekommen war. FC Tirol Urgestein und Trainer Stanislaw Tschertschessow (was für eine Karriere!) dürfte aus der Not eine Tugend gemacht und auf zwei russische Stärken gesetzt haben: entschlossene Zähigkeit und schnörkellose Geradlinigkeit. Bestes Beispiel dafür ist für mich der im Spiel eingewechselte Stürmer Artjom Dsjuba, der mit seiner ersten Ballberührung das 3:0 per Kopf besorgte. Dieser Dsjuba ist ein baumlanger Schrank, er könnte vermutlich mit seinen Füßen Bäume fällen, aber sein Gesichtsausdruck wirkte auf mich gütig, sanft, beinahe kindlich. Sein gewaltiger Urschrei, den er nach dem Torerfolg losließ, wird wohl heute noch in Sibirien zu hören sein.

Ich freue mich jedenfalls für die Russen, dass es für sie gestern so gut gelaufen ist. Und vielleicht gibt es diesmal ein russisches Sommermärchen.

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P.S.: Was mir jetzt aber so gar nicht begreiflich ist, wie Deutschland in der Generalprobe – eine Woche vor WM-Beginn – gegen diese „grünen Falken“ in den letzten Minuten des Freundschaftsspiels noch ins Schwimmen geraten konnten und beinahe den Ausgleichstreffer hinnehmen hätten müssen (Endstand 2:1). Im gestrigen Eröffnungsspiel gaben die Saudis erst nach über 75 Spielminuten den ersten Schuss aufs Tor von Akinfejew ab – gefährlich war das freilich nicht.

 

 

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