Archiv der Kategorie: 9to5

Quälendes

muse_leipzig Übrigens. Hab ich schon erzäht, dass auch Kathrin Passig am 9to5-Festival war. Diese Passig ist – trarara – Bachmann-Preisträgerin 2006. Wusste ich freilich nicht. Claus E. war so nett, mich darauf aufmerksam zu machen. Er war es auch, der ungeniert im Forum eine Rotkäppchen-Lesung postete und dafür Leser suchte (Titel: ‚Sex und Perversionen auf der 9to5′). Am letzten Tag, es dämmert schon in den Morgen, komme ich mit Kathrin ins Gespräch (die eigentlich ganz ’normal‘ wirkt, fast schon zu ’normal‘, was mich wiederum nachdenklich stimmt. Na gut, als sie sich in eine Blog-Maschine verwandelte, sich mehrere Stunden in einem Karton-Büro, das mir bis zu den Hüften ging, aufhielt und bloggte, da bekam ihre ‚Normalität‘ einen ersten Kratzer).

Während sie einen Schluck aus der Bierflasche nimmt, reiche ich ihr meine Visitenkarte. Sie liest meinen Namen und betrachtet mich von oben bis unten: „Du bist der mit der Lesung? Ich hab mir schon überlegt, mitzumachen. Aber ich dachte mir, das ist vielleicht peinlich.“

Wenig später sagte sie, nebenbei, dass sie einen SM-Ratgeber geschrieben habe. Hätt ich’s nur früher gewusst. Ich hätt sie liebend gerne geohrfeigt. Und ich gehe davon aus, dass es ihr gefallen hätte. Ganz bestimmt.

Forumbeitrag by Claus Eschemann: Richard K. Breuer, Schriftsteller aus Wien und 9to5-Teilnehmer in Berlin, hat ein wahrhaft nicht jugendfreies Buch verfasst, das ROTKÄPPCHEN 2069, das auszugsweise öffentlich und laut vorzutragen oder zu vernehmen mir große Lust bereiten würde. Der Meister selbst, unwissend meiner Umtriebe, erscheint mir ein Schüchterner, der sich mit seinem Werk nie auf die Bühne drängeln würde. Daher: Wenn hier mehrere Teilnehmer öffentlich den Vortrag des Rotkäppchens einfordern, werde ich einen Open-Beamer-Slot einfordern. Mögliche Realisierungen: a.) Wir peitschen RKB auf die Bühne und er liest selbst. Soll er doch stehen zu seinen Phantsien! aber, wisset, dass die Passage, der ich gerne Stimme verleihen würde, und die keinen Abweg menschlicher Sexualität auslässt, ein Gespräch von sechs Personen ist, Daher b.): Wenn wir drei Männer und drei Frauen finden, können wir’s zum Lesehappening machen und der derart schamlos im Rampenlicht gezerrte Künstler muss nur noch eine seiner Geistesfrüchte synchronisieren. Also postet, ob wir morgen am Nachmittag/frühen Abend ein kleines, schlüpfriges Lesehappening aus dem Boden stampfen!
*mitteuflischemGrinsen* 😉

Spiegel-TV Interview!

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Hab ich schon gesagt, dass ich am 9to5-Festival vom Spiegel-TV interviewt wurde? Nein? Dann sag ich’s jetzt.

Ich krieg die Krise. Sitze im Köö im Donauplexx-Zentrum – und muss mich dem blauen Dunst aussetzen, damit ich ins WLAN gehen kann. Ich will endlich italienische oder irische Verhältnisse in Österreich. Ich befürchte, ich werde vorher am Passivrauch ersticken. Hust …

Resümiertes

17:13 Im Zug. Auf dem Weg nach Hause. Wie so oft eine zweischneidige Sache. Zum einen ist man froh, erleichtert, zufrieden, glücklich. Zum anderen nachdenklich, überlegend, vorsichtig, prüfend, fragend. Das zu Hause ist (im besten aller Fälle) der sichere (weil bekannt) Hafen, der jedem Sturm trotzt.

So lange man unterwegs ist, so lange man in und durch fremde Welten reist, ist das zu Hause fern. Damit auch all der Ballast, der einem das Leben so erschwert. Wie auch immer, es tut gut, die eigenen vier Wände zu sehen und zu spüren, tun und lassen zu können, was einem gerade in den Kopf kommt, ohne Rücksicht auf Regeln („wenn das Haustor offen ist, dann lassen Sie es bitte offen; wenn es schon zu ist, dann sperren Sie es nachher bitte zu.“) oder fremden Terminen („wann möchten Sie zum Frühstück kommen?“). Außerdem gibt es zu Hause kein schlechtes Gewissen, wenn man den Tag Tag sein lässt. In der Fremde, wenn jede Nacht in klingender Münze berappt werden muss, stolpert man unweigerlich in eine Kosten/Nutzen-Falle, in der sich alle Touristen (im Gegensatz zum Reisenden, der keinen längerfristigen Plan hat) verstricken und verheddern. Weimar und all die vielen Touristen-Metropolen schlagen mir auf den Magen. Eigentlich will man mit den Pauschal-„Klick-und-weg“-Touristen nicht in einen Topf geworfen werden – und doch ist man ein Teil dieser. Deshalb ist es so wunderbar angenehmst, jemanden in fremden Landen zu kennen, den man besuchen kann. Damit ist man kein Tourist mehr, sondern vielmehr Besucher oder Gast. Der kleine, aber feine Unterschied.

home, sweet home. Noch ehe man heimischen Boden betreten hat, beginnt die Pläneschmiederei. Gesellschaftliche und finanzielle Verpflichtungen wollen erledigt werden. Das Kreative genauso. Am Buch arbeiten, jetzt, wo die Karten in Jena auf den Tisch gelegt wurden. Am Cartoon mit Ecki arbeiten, jetzt, wo die Ideen in Dresden auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Die virtuelle Kontakteknüpferei nach 9to5 weiterhin pflegen, auf dass die Visionen nicht ausgehen mögen.

Eine Woche und ein Tag in Ostdeutschland. Berlin, Leipzig, Dresden, Jena, Weimar, Nürnberg. In Nürnberg nur deshalb Zeit für ein schnelles Essen und einen Espresso („Der Beck“-Café) gehabt, weil sich die Deutsche Bahn (DB) mit Erfolg bemüht, italienische Verhältnisse herbeizuführen. Nicht dass ich wüsste, wie es mit der italienischen Bahn bestellt ist oder war, aber Verspätungen im großen Stil hat man eher dem südländischen Zugsverkehr zugetraut, als dem überkorrekten und ordentlichen nordländischen. Mir scheint, das Vorurteil muss revidiert werden. Durch die beinah 40minütige ICE-Verspätung, kam ich in den Genuss einer Vergütung. Freilich, diese anzumelden ist keine leichte Sache. Jedenfalls nicht für den gerade in der Schulung befindlichen Praktikanten. Als er von seiner erfahrenen Kollegin erklärt bekommt, was er wo wie einzutragen und abzustempeln hat, bekam ich Mitleid mit ihm. Armer Tropf. Bald wird ihm seine Seele vom teuflischen System genommen, sprich assimiliert Widerstand ist zwecklos. Als Ersatz bekommt er freilich einen Überziehungsrahmen für sein Konto, welches sich bis an sein Lebensende zumeist um den Nullpunkt bewegen wird. Immerhin ein Anreiz, es immer wieder aufzufüllen. Ansonsten müsste man sich ja fragen, wozu und wofür, nicht?

Im ersten großen Vortrag am 9to5-Festival sprach ein Engländer Tom Hodgkinson, der den „Ausstieg“ geprobt und erfolgreich durchgezogen hat, über die Arbeit und dass sie krank mache („work kills“). Das ist gar keine Plattitüde, sondern (so behauptet er) wissenschaftlich bewiesen: Arbeit tötet mehr Menschen als Alkohol und (harte) Drogen zusammen. Ich frage mich, ob es Studien gibt, die sagen, wie viele der arbeitenden Bevölkerung ihren Job gerne, freiwillig, mit Freude und Spaß machen. Falls das Ergebnis ernüchternd ausfallen sollte (wir können davon ausgehen), was würde es uns und der herrschenden politischen Kaste sagen? Arbeit abschaffen? Oder die Studie abschaffen?

21 Uhr 20 Wien! Dunkel ist’s. Nach dem ich die Zugfahrt über im Manuskript gelesen habe, tja, darf ich fest stellen, dass es so schlecht nicht ist. Ist’s wieder mal die Blindheit des Künstlers vor seinem eigenen Werk? Vermutlich.

23:30 Jetzt geh ich heia.

Begegnungen

anna_allen

Anna und Allen beim frühmorgendlichen Kaffee getroffen. Allersympathischste Plauderei. So einfach kann Netzwerken funktionieren. Ein Platzerl in Hamburg, so mich mal meine Füße dorthin tragen sollten, steht mir gegen Voranmeldung zur Verfügung.

 

claus

Der gute Claus, Lohndichter und PR-Knecht (Eigendefinition), der sich für Rotkäppchen erwärmt, offerierte mir Hilfe und Unterkunft. Da soll mal einer sagen, die Berliner wären nicht gastfreundlich. Rotkäppchen wird’s bei ihm gut haben. Erfreulich.

 

 

spree_breakfastGestern. Später Vormittag. Spree-Ufer. Ich setz mich ungeniert zu Christoph, der aus Düsseldorf angereist ist und, wie sich herausstellt, mein Schlafplatz-Nachbar ist. Seine Freundin war so schlau, ihm eine Schlafbrille aufzudrängen. Sieht zwar, pardon, bescheuert aus, hilft aber, die sonnenhelle Berliner Realität auszublenden. Muss ich mir merken. Wir plaudern über New York , über die Ostküste Amerikas und seine beruflichen Wünsche.

 

binerl Gestern. Später Abend. Sabine, deren Blog ich gerade anklicke, sitzt neben mir. Zufälle gibt’s, die dürft’s eigentlich gar nicht geben. Nennen wir’s leben. Wir plaudern. Eine gute Freundin von ihr, die Barbara, die aus Wien kommt, aber schon viele Jahre in Berlin („wollte aus Wien weg“) wohnt, gesellt sich zu uns. Ihre Schwester habe ich in Wien „kennen“ lernen dürfen – bei der Führung durch die Ausstellung „Das schönste Buch“ in der Wiener Hauptbücherei (Genossin Lilly würde ja sagen: Zentralbibliothek) . Dort war es auch, wo ich ihre Freundin, die gute Helga kennen und schätzen lernte. Allesamt in den Künsten der Typographie und des Grafikdesigns zu Hause. Wir sehen: die Welt ist – mit gutem Willen und der nötigen Portion Aufdringlichkeit – überschaubar. Bini jedenfalls, die textuell kreative Filmwissenschaftlerin ist bereit, tief in die bescheidene Börse zu greifen und ein Taschenbuch des Wiener Autors zu erstehen. Übergabe und Foto folgt. update: Übergabe erfolgte, samt Widmung, selbstjafreilich. Dass sie mich ertappte, als ich mit einer Obstschlüssel flirtete, und dies auf Foto bannte, sei ihr verziehen. Ihr Bericht zum Festival findet sich hier.

Gestern Mitternacht. Liege im Lehnstuhl. Luisa nimmt neben meiner Platz. Grund genug ins Gespräch zu kommen. Wohnt seit kurzem erst in Berlin, kommt aus FL („Fast Leipzig“), möchte studieren – Germanistik und (in ihren Worten:) „Französistik“ – und dachte daran, in einem Theater anzuheuern. Was mich natürlich sofort veranlasste, ihr mitzuteilen, dass ich ja auch schon ein Theaterstück geschrieben habe, welches aufgeführt worden ist. Sie nickt und stellt die obligate Frage, wo es denn gespielt worden sei. Aufgeregt, wie ich bin (wann wird mir schon so eine Frage gestellt?), fällt mir der Ort nicht mehr ein (äh, jetzt auch nicht – aber als Entschuldigung sei gesagt, dass ich übernachtig bin) . Also mache ich auf eine ungefähre Ortsangabe („cirka 40 Minuten von Wien in der Provinz“). Um was es darin geht, möchte sie wissen. Ich beantworte ihre Frage, schätze aber, dass sie damit nicht viel anfangen kann. Dann erfahre ich, dass sie in einer Buchhandlung jobbt. Hurray. Ich dränge ihr natürlich sofort (Wortwiederholung!) meine Visitenkarte auf, meine, dass ich meine Bücher über sie „vertreiben“ könnte. Sie sieht mich kurz an, nimmt die Visitenkarte und steckt sie ein. Eigentlich rechne ich jetzt, dass sie große Augen bekommt und mir sofort ein Buch aus der Hand reißen will (na gut, meine Kleider vom Leib wäre auch okay gewesen). Dem ist nicht so. Untrügliches Zeichen, dass man(n) sich zu ernst nimmt und meint, die (literarische) Welt dreht sich nur um einen, sonst keinen! Wir lernen: hin und wieder vom (selbst gezimmerten, instabilen) Podest steigen (Vorsicht – die Unfallrate ist da sehr hoch!). Falls sie heute wieder vorbeikommt und wir uns über den Weg laufen, mache ich ein Foto. Das erzählt ja bekanntlich mehr als 1000 Worte. Warum schreib ich mir dann eigentlich die Finger wund? update: Nein, über den Weg ist sie mir nicht gelaufen. Vermutlich, wir können es uns denken, ist sie am nächsten Abend gar nicht erst auf das Festival gekommen. Oder, im Stile einer tragikomischen Oper, haben wir uns gesucht, aber nicht gefunden. Taschentücher bereithalten!

jacqueline Jacqueline, in keiner Weise verklemmt, hat ihre Berufung in der Kommunikation gefunden. Sympathisch intelligente Dauerrednerin – diese Kombination ist wahrlich selten zu finden. Kein Wunder also, dass ich ihr „Rotkäppchen“ aufschwatzen konnte.

Habe ich schon gesagt, dass ich erst um 6 Uhr früh ins Bett gefallen bin? Nein? Dann sag ich’s jetzt.

Kommune 1

Einen Dokumentarfilm über die Kommune 1 der 68er um Rainer Langhans ja, meine liebe Maureen, das war jener, welcher mit der Uschi Obermaier Sommerwein getrunken hat als Vorpremiere gesehen. Dass einige der Kommunenmitglieder anwesend waren, freute mich. So konnte ich immerhin ein bisserl mit ihnen plaudern. Ja, wie ich gedacht habe, gab es damals diese unbeschreibliche Aufbruchsstimmung („alles ist möglich“), die jeder spürte und fühlte. Diese Stimmung geht jeder Revolution voraus. Ja, sie ist unabdingbar. Nur wer wirklich wirklich glaubt, durch sein (physisches, nicht virtuelles!) Tun etwas verändern zu können, ist Revolutionär – im Guten, wie im Bösen. Anfänglich definiert sich das revolutionäre Tun immer durch Zerstörung des Alten, Überkommenen. So lange es um die Dekonstruktion geht, sind sich alle einig. Ist aber die Zerstörung abgeschlossen, sprießen die Visionen – und aus Visionen werden Fraktionen, die einander unversöhnlich gegenüberstehen. Bis zum bitteren und wohl oftmals blutigen Ende.

Heutzutage haben die „Revolutionäre“ nur noch Visionen, aber kein gemeinsames Ziel, das sie zerstören wollen. Deshalb gibt es viele kleine Fraktionen, die für das System, die Gesellschaft nicht gefährlich sind.

Meine Güte, bin ich müde.
Ich glaube, ich muss vorschlafen.