Ein Kaffeehausschriftsteller auf Abwegen, Wien anno domini 2022

Gegenwärtig hat es ein Wiener Kaffeehausschriftsteller nicht gerade leicht. Die Auflagen, behördlich angeordnet und streng exekutiert, verbieten ihm, Kaffee und Kuchen an Ort und Stelle zu konsumieren, ja, sie gehen sogar so weit, ihm jeglichen kontemplativen Aufenthalt zu verwehren.

Wie soll er sich da seiner musischen Eingebungen widmen können? Monate sind jetzt durch das Land der Berge, durch das Land am Strome gezogen und keine Besserung in Sicht. Der Schriftsteller mit viel Kaffee, aber keinem dazugehörigen Haus, muss zu einer Entscheidung kommen.

Auf der einen Seite könnte diese von oben erzwungene Abstinenz den Exilierten in eine geistige Thrombose treiben und dabei Türen und Tore aufstoßen, die besser verschlossen bleiben. Auf der anderen Seite würde der bewusst herbeigeführte Bruch – sei es mit Schläue, sei es mit Chuzpe – mit den ins Totalitäre gehenden und willkürlich festgelegten Direktiven eine Konfrontation mit dem Türhüter zur Folge haben.

Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht„, legte Kafka, der seinerzeit noch ins Kaffeehaus gehen durfte, seinem Charakter K. in den Mund und hatte bereits die Zukunft, die wir Gegenwart nennen, vorweggenommen.

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