EM 2021: Spieltag #4 und #5 und #6

Das waren also die Spieltag #4, #5 und #6.

Schottland : Tschechien 0:2
Schülerliga-Finale bei der EM 2021

Auf dem Papier hätte es eine laue Partie zweier Underdogs werden müssen, aber siehe da, die beiden Mannschaften agierten forsch und frech, ließen Taktik Taktik sein und spielten auf Schülerliga-Niveau ein ansehnliches Match. Dumm, dass die Tschechen in der 2. Halbzeit einen zwei Tore Vorsprung herausholen konnten und ihre Chance einfach nicht verwerten wollten. Dabei zeigte der tschechische Torhüter, der im Verein nur zweite Wahl ist, großartige Paraden und brachte die Schotten zur Verzweiflung. Nur einmal, da rettete dummerweise die Latte.

Polen : Slowakei 1:2
Überraschende polnische Überheblichkeit

Die Polnischen Kicker, die in der Favoritenrolle waren, dachten sich bei Anpfiff, dass sie die drei Punkte locker in der Tasche hätten. Slowakei? Das sollte für sie keine große Hürde sein. Dachten sie. Aber die Slowaken unter der Führung ihres einzigen Weltklassespielers Hamsik, steigerten sich mit jeder Minute und zeigten ein beherztes Dagegenhalten. Den Polen fiel nicht allzu viel ein und so kommt, wie es kommen muss: Die Slowaken machen am Ende ein Tor mehr als die Polen, die auch noch einen Mann durch eine rote Karte verlieren. Wenn es dicke kommt, dann ordentlich. Mit den Slowaken, deren Selbstwertgefühl nun in den Himmel wachsen dürfte, ist zu rechnen, wenngleich man keine Wunder erwarten darf. Aber wenn das Herz am rechten Fleck ist, dann können auch schon mal Favoriten in die Schranke gewiesen werden. Gut so.

Anmerkung am Rande: Da E., der eigentlich R. ist, von A., die eigentlich P., ist eine nur 4-sekündige Nachricht erhielt, war er so aus dem Häuschen, dass er das Spiel nur mit einem Auge verfolgen konnte. Aber es reichte, um zu sehen, dass die Slowaken ihre Sache gut machten.

Spanien : Schweden 0:0
Tiefstehende Schwedenbomben, spanische Ideenlosigkeit.

Ein recht lauwarmes Fußballspiel, das an ein trockenes Trainingsspiel erinnert. Die rote Mannschaft soll angreifen, während die gelbe zu verteidigen hat. Rund 90 Minuten dauerte dieses einseitige Gekicke, das nicht gerade Werbung für den Fußball machte. Aber am Ende durften sich die Schweden beglückwünschen, konnten sie doch gegen den haushohen Favoriten ein Remis erzielen. Dem Schwedischen Torhüter, nur Reservist bei seinem Verein, gehört dabei großes Lob ausgesprochen, da er die Spanier mit der einen oder anderen tollen Parade zur Verzweiflung brachte. Schön anzuschauen war das freilich nicht und ich frage mich, ob man nicht Mannschaften, die nur Beton anrühren, einen Punkt vom Konto abzwacken sollte. Geht freilich nicht. Aber eine faszinierende Idee.

Ungarn : Portugal 3:0
Europameister Portugal hat das Glück des Tüchtigen.

Die Ungarn rührten von Beginn an Beton an, ließen mit ihrem konsequenten Verschieben der Abwehrreihen den sonst so spielstarken Portugiesen keinen Platz. Rund 80 Minuten lang fanden die Mannen rund um Christiano Ronaldo nicht ins Offensivspiel. Es brauchte einen abgefälschten Schuss, einen Elfmeter und die Einzelleistung Ronaldos, um am Ende doch noch einen gemütlichen Sieg davonzutragen. Nun, so gemütlich war es dann doch nicht, hatten die Ungarn tatsächlich das erste Tor erzielt. Leider aus Abseitsposition. Kurz musste man schon das Schlimmste für den Europameister annehmen, bis der Linienrichter die Fahne hob. Spät tat er es, aber er tat es. Vielleicht hätten sich die Ungarn einfach mehr zutrauen sollen. Hie und da spielten sie sogar gefällig aus der eigenen Hälfte und kamen vor das gegnerische Tor. Die Portugiesen schienen ihre Spiellaune in der Kabine gelassen zu haben. Gegen Deutschland und Frankreich sollten sie diese aber schleunigsten überziehen, sonst geht das Licht aus.

Deutschland : Frankreich 0:1
Die Löw Truppe ist noch nicht angekommen.

Das damalige Halbfinale bei der EM 2016 war ein müder Sommerkick [hier mein Beitrag], wo keine der beiden Mannschaften aus sich herausgehen wollten. Diesmal war es nicht unähnlich, vielleicht mit mehr Elan aufseiten der Franzosen – so sie sich dazu entschließen konnten, in die Offensive überzugehen. Kurz und gut, die Franzosen machten hinten dicht und warteten auf ihre Konterchance, die sie im schnellen Umschaltspiel einleiteten und zumeist mit ihrem pfeilschnellen Mbappé abschließen wollten. Die Deutschen wiederum waren ihrer althergebrachten Spielanlage treu: Ballbesitz über alles, irgendwann ergibt sich dann schon eine Chance. Ja, die eine oder andere Möglichkeit ergab sich. Nicht unbedingt zwingend, wenn wir von einer guten einmal absehen. Die Franzosen ließen in der Defensive nichts anbrennen und die Deutschen wussten um die Gefährlichkeit der französischen Offensivreihe. Also wurde verhalten und mit viel Vorsicht das gegnerische Tor gesucht. Gähn.

Am Ende war es ein Eigentor, ausgerechnet von Hummels, den man in die Elf zurückholte, der den Sieg Frankreichs ermöglichte. Ein Tor der Franzosen wurde wegen Abseits – wieder eine Zentimeter-Entscheidung, die das menschliche Auge niemals hätte wahrnehmen können – aberkannt. Die Technik macht’s auch hier wieder möglich und entscheidet Spiele. Oder auch nicht.

Für die Deutschen ist noch nichts verloren. Sie müssen halt nur ihre beiden ausständigen Spiele gewinnen, also gegen Portugal und Ungarn. Eventuell reicht ihnen sogar ein Unentschieden, falls Ronald & Co gegen Mbappé & Co eine Schlappe kassieren. Dann ist sogar ein zweiter Platz möglich. Nicht vergessen, die besten vier 3.Platzierten steigen auch in das Achtelfinale auf. Und wenn wir eines wissen, dann dass Deutschland in der Gruppenphase schwach startet, aber wenn es um die Bockwurst geht, alles abräumen. Na ja, das war einmal. Die WM 2018 hat bereits die Risse im deutschen Gefüge gezeigt. Nicht mehr ein kompaktes Team, sondern eine bunte Zusammenstellung versierter Einzelspieler. Es wird wohl Zeit für einen frischen Wind auf der Trainerbank.

Russland : Finnland 1:0
Russische Angriffe und die Finnen erneut in der Verteidigung. Diesmal geht es freilich nicht ums Vaterland, sondern um Tore in einen EM-Spiel.

Endlich einmal ein Spiel, das von der ersten Minute zu packen weiß. Weil die Russen gleich mal einen Gang hochschalten und damit die defensiv stehenden Finnen sichtlich überraschen. Immer wieder wird der Ball von den Russen in und um den finnischen Strafraum geflankt. Nicht immer mit Erfolg, aber die Bereitschaft stimmt. Gekrönt wurde es mit einem herrlichen Schlenzer in die linke Kreuzecke und somit die Führung für Russland. Auch wenn die Russen das Spielgeschehen dominierten, die Finnen zeigten immer wieder mal ihre Gefährlichkeit auf. Einige gute Chancen und ein Abseitstor waren die Ausbeute ihrer Bemühungen. In der zweiten Halbzeit schalteten die in Führung liegenden Russen einen Gang zurück und ließen die Finnen kommen. Gut, allzu oft kamen die Finnen auch nicht ins Spiel oder vor das gegnerische Tor, aber hie und da gab es gute Pässe in die Schnittstelle, musste ein Russe in extremis klären. Das Feuer, das die Russen bis zum Führungstreffer abbrannten, war nicht mehr zu sehen. Schade. Es war jedenfalls ein unterhaltsames Spielchen. Mehr kann man ja wohl nicht erwarten.

Türkei : Wales 0:2
Wales macht es spannend. Bale verschießt einen Elfer.

Für die Türken stand nur eines auf den heutigen Spielplan: Verlieren verboten, will man nicht vorzeitig die Heimreise antreten – wiewohl sie theoretisch auch als Drittplatzierter mit 3 Punkte (so sie gegen die Schweiz gewinnen) aufsteigen können. Seltsamerweise konnte man aber erst gegen Ende ein Feuer in den türkischen Spielern bemerken – Höhepunkt das Gerangel im walisischen Strafraum. Rudelbildung. Das will ich gerne sehen, wenn die Funken fliegen. Der Referee zeigte vier gelbe Karten und konnte die Streithanseln beruhigen. Coolio.

Die Waliser hatten es in der Hand, besser, auf den Fuß, das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Sogar Wunderkicker Bale haute den Elfmeter nicht ins, sondern übers Tor. All die vielen Konterchancen der Waliser fahrlässig vergeben oder in den Sand gesetzt. Immerhin blieb es bis zum Schluss noch spannend, auch wenn den Türken die spielerische Qualität fehlte und der letzte Pass ins nirgendwo ging.

Schöne Erinnerungen an die türkische Nationalmannschaft anno 2008, zur Heim-EM, als sie in den letzten Minuten noch Spiele drehen konnten. Da war Feuer am Dach, das war unglaublich. Gegenwärtig brennt höchstens die Ziegenmilch am Herd an.

Die Waliser rund um Bale ziehen also ins Achtelfinale – es sei denn, das Schicksal hätte da noch ein Wörtchen mitzureden, von dem ich mal nicht ausgehe. Spielerisch gibt es für die Waliser noch viel Luft nach oben. Der Einsatz stimmt so weit. Aber machen wir uns nichts vor, Wales ist ein Underdog und bleibt es auch.

Italien : Schweiz 3:0
Die Schweiz ist ein Team, keine Nationalmannschaft, Italien überzeugt.

Der brave Schweizer Politiker und Zeitungsherausgeber Roger Köppel analysiert den Auftritt der Nati bei der EM und ließ kein gutes Haar an Einstellung und Zusammenhalt. Man hätte es gestern bereits bei den beiden Nationalhymnen gemerkt, moniert er, während die Italiener mit Inbrunst ihre Hymne intonierten, riss die Schweizer Hymne keinen der Mitspieler mit. Die Italiener waren mit Feuer und Flamme bei der Sache und am Rasen, während die Eidgenossen scheinbar den Eid vergaßen und sich nicht zusammenraufen wollten. Dabei sah es anfänglich gar nicht mal so uninteressant aus, wollten die Schweizer auf Augenhöhe mit den Italienern mitspielen. Aber es fehlte Biss und Motivation. Der sonst so quirlige Shakiri leistete sich hie und da schreckliche Fehlpässe, die sonst nie vorgekommen sind und wurde in der zweiten Halbzeit vom Feld genommen. Irgendwie ist im Team der Schweiz der Wurm drinnen. An den Einzelspielern liegt es ja nicht, allesamt spielen sie bei europäischen Top-Klubs, also Fußballspielen müssen sie schon können. Aber es ist oftmals das größte Problem von Nationalmannschaften, die über viel zu viele Ausnahmetalente und Profis verfügen. Diese Zusammenzuschweißen – so das Herz nicht für die Nation schlägt – kann auch der beste Trainer nicht zuwege bringen. Dann werden Europameisterschaften nur ein Aushängeschild, um den eigenen Marktwert zu erhöhen.

Die Italiener auf der anderen Seite haben einen imposanten Lauf und sind top motiviert. Da wird gerackert und gelaufen, da werden Löcher gesucht und auch gefunden. Und wie man gestern gesehen hat, können sie auch aus der Distanz die Tore machen. Dass sie seit 9 oder 10 Spielen kein Gegentor erhielten, nun, das spricht natürlich auch für eine Anwärterschaft auf den EM-Titel. Gefordert wurden sie freilich noch nicht. Die Türken fungierten als Maurer und erzeugten keinerlei Gefahr, die Schweizer versuchten die Italiener hie und da unter Druck zu setzen, scheiterten dabei aber recht kläglich. Wie eingangs erwähnt, ohne letzten Einsatz kann man getrost die Koffer packen. Aber wie ich die Schweizer Elf kenne, werden sie sich gegen die Türken irgendwie zusammenraufen und am Ende doch noch aufsteigen. Verdient haben sie es nicht.

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