Eine Bücherkiste, ein Hof und ein Herz, das schreibt

Gerade eben, keine drei Minuten ist es her, da habe ich diese eine Kiste, in die ich (fast) alle meine veröffentlichten Bücher packte, in die weite Welt und zum Stephansplatz geschickt. Zu einer Buchhandlung, zu einer Buchhändlerin, die meiner Mutter bekannt ist. Eine TV-Bekanntschaft, wenn man so will. Sie, die gute Mutter, lag und liegt mir in den Ohren, das eine oder andere Buch der Gnädigsten zuzuschicken, im Glauben, es würde die Brotlosigkeit ihres Sohnes, der sich Schriftsteller und Dichter nennt, mit einem Augenaufschlag beenden. Ja, so einfach können Wunsch und Hoffnung in einen bahnbrechenden Gedanken zusammengefasst werden. Von der Wirklichkeit weiß der Gedanke freilich nichts zu sagen. Doch geht es am Ende immer um das Versuchen, das Probieren. Bleibt es bei Vorstellung und Traum, nichts mag sich im wahren Leben ändern. So ist das.

Doch der nötige Fußtritt, der den träumenden und dichtenden Schreiberling eine Kiste mit all seinen Büchern packen ließ, kam nicht von der Frau, die ihm das Leben schenkte, sondern von einer Frau, die ihm neues Leben einhauchte. Wenigstens für eine Weile ließ sie sich vom Dichter – nicht vom Mann! – musisch umwerben, poetisch verführen. Diese Frau, die wir A. nennen, obwohl sie P. ist, sie hatte heute gemeint, so nebenbei, dass sie nichts dagegen hätte, würde ich unsere gerade entstehende Geschichte nicht als Fiktion zwischen zwei Buchdeckel legen. Ein wenig verwundert blickte ich in ihre Augen und obwohl beinahe 2000 km dazwischen lagen, zwischen unserer beider Pupillen, konnte ich ihr freigeistiges Zwinkern erkennen. Künstlerin auch sie, suchend nach dem Besonderen, hoffend auf den göttlichen Funken, der in den letzten Wochen reichlich sprühte. Vermutlich fiel dabei viel zu viel für mich ab, aber der eine oder andere Funke sollte auch auf sie überspringen und so ein kleines Feuer entfachen. Meine Geschichte ist in gewisser Weise auch ihre Geschichte und umgekehrt, wiewohl sie einmal in ihrer recht nüchternen Art feststellte, dass ich doch nur Randfigur sei.

Warum also packte diese Randfigur einen Kiste voll mit seinen Büchern und verschickte sie hoffnungsfroh in die Welt? Die Brotlosigkeit setzt dem Schriftsteller enge Grenzen, wenn es darum geht, A., die eigentlich P. ist, den Hof zu machen und ihr einen Hof zu bieten. Aber Hof gibt es nicht. Also kann er ihr auch nicht den Hof machen. So bleibt das Verhältnis wohl das, was es von Anfang an war, nämlich ein platonisches, ein gedanklich-poetisches zwischen zwei Freigeistern, die sich um Konventionen wenig kümmern und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Wobei, das muss sich E., der eigentlich R. ist, eingestehen, dass die Gefühle nicht gleichmäßig verteilt sind und er sich deshalb in einer magenumdrehenden Hochschaubahn der Gefühle wiedergefunden hat. Oh, wie der Sturm in seiner Brust hin- und herwogte. Es war kein Zuckerschlecken, wahrlich nicht, aber dieses Fegefeuer der Ungewissheit beförderte poetische Dichtungen ans Tageslicht, die atemberaubend wahr und nahezu perfekt sind.

A., die eigentlich P. ist, meinte, sie würde den Beziehungsstatus im bekanntesten virtuellen Marktplatz für E., der eigentlich R. ist, ändern. Das würde natürlich Sinn machen, ist doch die platonische Beziehung Illusion. Und wer will hier behaupten, dass die binäre virtuelle Internetwelt Realität wäre. Man ziehe den Stecker, dann würde man sofort sehen, wie real das Ganze tatsächlich ist.

Als ich kurz vorhin A., die eigentlich P. ist, diesen Beitrag schickte, um ihren Sanktus zu erhalten, meinte sie nur, dass der Text im Grunde „eh nur für A., die eigentlich P. ist, durchschaubar sei und beide nichts dagegen hätten“. „Scheiß drauf, mach’s einfach“, höre ich sie zuguter Letzt sagen, wenngleich ihre Stimme nur in meinem Kopf erklungen ist.

Wenn ich später einmal auf diese Tage zurückblicke, wird mir vieles unklar sein. Aufklärung wird auch das gerade entstehende Buch nicht bieten können. Wie wollte man ein Wunder jemals in Worte fassen und auf das Papier zwingen? Es bleibt nur ein müder Abklatsch des Erlebten und Erfahrenen. Nur der Leser, der ähnliches erlebt, ähnliches erfahren hat, wird lächelnd nicken und verstehen. All die anderen werden erstaunt sein, was Gefühle in einem Menschen auszulösen imstande sind. Zuweilen beängstigend. Zuweilen berauschend.

So wartet E., der eigentlich R. ist, auf Hof und Herz.
Warten kann er ja ganz gut, der Meister der Illusionen.
Bis die Illusion zu Ende geträumt.
Was bleibt sind 14 Tage Ewigkeit und die Entdeckung der Liebe.


Post Scriptum
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